Engelslicht
klüger, also fragen wir dich erneut: Wo möchtest du die Ewigkeit verbringen? Wenn es der Himmel sein soll, erlaube mir zu sagen, dass wir dich willkommen heißen und dir den Übergang erleichtern werden.« Gott richtete den Blick auf Luzifer, aber Luce tat es ihr nicht nach. »Wenn die Hölle deine Wahl ist, wage ich die Vermutung, dass Luzifer dich akzeptieren wird?«
Luzifer antwortete nicht. Luce hörte schweres Gescharre hinter sich. Als sie sich umdrehte, sah sie, dass seine Flügel hinten verknotet waren.
Es war nicht leicht in dem Sturz gewesen, Luzifer zu sagen, dass sie ihn nicht liebte, dass sie ihn nicht wählen würde. Es schien ihr unmöglich, das Gleiche dem Thron zu sagen. Luce stand vor der Macht, die sie erschaffen hatte, und sie hatte sich nie mehr wie ein Kind gefühlt.
»Lucinda?« Der Blick des Throns heftete sich auf sie. »Es liegt bei dir, die Waagschale in die eine oder andere Richtung zu senken.«
Das Gespräch, das sie mit Arriane im IHOP in Vegas geführt hatte, kam ihr wieder in den Sinn: Aber letztendlich läuft es darauf hinaus, dass ein einzelner mächtiger Engel sich irgendwann einmal entscheidet, wo er nun eigentlich steht. Und wenn das geschieht, dann senkt sich die eine Waagschale .
»Es fällt mir zu?«
Der Thron nickte, als hätte Luce es die ganze Zeit über wissen müssen. »Das letzte Mal hast du dich geweigert zu wählen.«
»Nein, das ist nicht wahr«, widersprach Luce. »Ich habe die Liebe gewählt! Eben hast du mich noch gefragt, ob ich meine Seele kenne, und das tue ich. Ich muss dem treu bleiben, was ich bin, und die Liebe an die erste Stelle setzen.«
Daniel griff nach ihrer Hand. »Wir haben damals die Liebe gewählt und wir werden heute wieder genauso entscheiden.«
»Und wenn du uns jetzt dafür verfluchst«, sagte Luce, »wird der Ausgang derselbe sein. Siebentausend Jahre lang haben wir uns immer wieder gefunden. Ihr seid alle Zeuge. Wir werden es wieder tun.«
»Luzifer?«, fragte der Thron, »Was sagst du dazu?«
Er sah Luce mit flammenden Augen an und sein Schmerz war für alle Anwesenden offensichtlich. »Ich sage, wir alle werden diesen Moment ewig bereuen. Es ist die falsche Entscheidung, und eine selbstsüchtige dazu.«
»Wir müssen akzeptieren, dass wir verlassen worden sind, auch wenn wir es bedauern.« Die ruhige Stimme kam vom Thron. »Aber ich werde deine Antwort als ein kleines Zeichen von Barmherzigkeit und Einwilligung werten, was dem Universum eine gewisse Hoffnung gibt. Lucinda und Daniel haben ihre Entscheidung klargemacht, und ich werde dafür sorgen, dass wir beide uns an unsere Versprechen halten, die wir bei dem Namensaufruf gegeben haben. Ihre Liebe liegt nicht mehr in unseren Händen. So sei es. Aber sie wird einen Preis haben.« Sie richtete den Blick wieder auf Luce und Daniel. »Seid ihr bereit, das letzte Opfer für eure Liebe zu bringen?«
Daniel schüttelte den Kopf. »Wenn ich Lucinda habe und Lucinda mich, dann gibt es so etwas wie ein Opfer nicht.«
Luzifer lachte gackernd, erhob sich vom Boden und schwebte über Luce und Daniel in der Luft. »Wir könnten euch also alles rauben – eure Flügel, eure Stärke, eure Unsterblichkeit? Und ihr würdet immer noch eure Liebe wählen?«
Aus dem Augenwinkel erhaschte Luce einen Blick auf Arriane. Ihre Flügel waren hinter ihr gefaltet. Sie hatte die Hände in die Taschen ihres Overalls gestopft. Sie nickte grinsend, die Lippen zufrieden geschürzt, als wolle sie sagen: Zum Teufel, yeah, das würden sie.
»Ja«, antwortete Luce und Daniel wie aus einem Mund.
»Schön«, sagte der Thron. »Aber eins muss euch klar sein: Es hat einen Preis. Ihr dürft einander haben, aber sonst dürft ihr nichts haben. Wenn ihr ein und für allemal die Liebe wählt, müsst ihr eure Engelnaturen aufgeben. Ihr werdet als Sterbliche wiedergeboren werden.«
Sterbliche?
Daniel, ihr Engel, wiedergeboren als Sterblicher?
In all diesen Nächten hatte sie wach gelegen und sich gefragt, was nach diesen neun Tagen aus ihrer und Daniels Liebe werden würde. Jetzt musste Luce bei der Entscheidung des Throns an Bills Vorschlag in Ägypten denken, dass sie ihre reinkarnierende Seele töten sollte.
Selbst damals hatte sie überlegt, ihr sterbliches Leben zu leben und Daniel seinem eigenen Leben zu überlassen. Es würde keinen Schmerz mehr durch eine weitere verlorene Liebe geben. Sie war beinahe bereit gewesen, es zu tun. Was sie daran gehindert hatte, war der Gedanke, Daniel zu verlieren. Aber
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