Engelslicht
diesmal …
Sie konnte ihn haben, wirklich für eine lange Zeit haben. Alles würde anders sein. Er würde an ihrer Seite sein.
»Wenn ihr akzeptiert« – die Stimme des Throns übertönte Luzifers heiseres Glucksen –, »werdet ihr euch nicht daran erinnern, was ihr einst wart, und ich kann nicht garantieren, dass ihr einander während eures Lebens auf der Erde begegnen werdet. Ihr werdet leben, und ihr werdet sterben, so wie jeder andere Sterbliche der Schöpfung. Die Kräfte des Himmels, durch die ihr euch immer gegenseitig angezogen habt, werden sich zurückziehen. Kein Engel wird euren Weg kreuzen.« Sie warf Luce’ und Daniels Freunden, den Engeln, einen warnenden Blick zu. »In der dunkelsten Nacht wird keine freundliche Hand erscheinen, um euch zu leiten. Ihr werdet wahrhaftig auf euch allein gestellt sein.«
Ein leiser Laut kam von Daniels Lippen. Luce drehte sich zu ihm um und nahm seine Hand. Sie würden also Sterbliche sein und auf der Suche nach der anderen Hälfte auf Erden wandeln, so wie jeder andere auch. Es klang nach einem schönen Vorschlag.
Cam, der hinter ihnen stand, sagte: »Sterblichkeit ist die romantischste Geschichte, die je erzählt worden ist. Nur eine Chance, alles zu tun, was man tun sollte. Und dann zieht man wie von Zauberhand weiter.«
Aber Daniel wirkte geknickt.
»Was ist los?«, flüsterte Luce. »Willst du nicht?«
»Du hast gerade erst deine Flügel wiederbekommen.«
»Und genau deshalb weiß ich, dass ich ohne sie glücklich sein kann. Solange ich dich habe. Du bist derjenige, der sie wirklich aufgeben wird. Bist du sicher, dass du das willst?«
Daniel senkte sein Gesicht und seine Lippen waren nah, weich. »Für immer.«
Tränen stiegen Luce in die Augen, als Daniel sich wieder zum Thron umdrehte.
»Wir akzeptieren.«
Ringsum leuchteten die Flügel hell auf, bis das ganze Feld vor Licht summte. Und Luce spürte, wie die freudige Erwartung der anderen Engel – ihre lieben, teuren Freunde – in Schock überging.
»Also schön.« Der Thron flüsterte beinahe, mit unergründlichem Ausdruck.
»Warte!«, rief Luce. Da war noch eine Sache. »Wir – wir akzeptieren unter einer Bedingung.«
Daniel regte sich neben ihr und beobachtete Luce aus dem Augenwinkel, aber er unterbrach sie nicht.
»Welches ist eure Bedingung?«, donnerte der Thron schallend, an Verhandlungen nicht gewöhnt.
»Nimm die Outcasts wieder in die Heerschar des Himmels auf«, sagte Luce schnell, bevor sie der Mut verließ. »Sie haben sich als würdig erwiesen. Wenn es Platz genug gab, mich auf eurer Wiese aufzunehmen, dann gibt es auch Platz genug für die Outcasts.«
Der Thron sah die Outcasts an, die nichts sagten und schwach leuchteten. »Es ist eine ungewöhnliche, aber im Wesentlichen selbstlose Bitte. Sie soll euch gewährt werden.« Langsam streckte sie einen Arm aus. »Outcasts, tretet vor, wenn ihr wieder in den Himmel aufgenommen werden wollt.«
Die vier Outcasts stellten sich mit mehr Entschlossenheit, als Luce je bei ihnen gesehen hatte, vor den Thron. Dann gab der Thron ihnen mit einem einzigen Nicken ihre Flügel zurück.
Sie wuchsen.
Wurden dichter.
Ihre zerfetzte braune Farbe verblasste zu einem strahlenden Weiß.
Und dann lächelten die Outcasts. Luce hatte noch nie zuvor einen von ihnen lächeln sehen, und sie waren schön.
Am Ende ihrer Verwandlung wölbten sich die Augen der Outcasts, als ihnen eine Iris wuchs. Sie konnten wieder sehen.
Selbst Luzifer wirkte beeindruckt. Er murmelte: »So eine Nummer konnte nur Lucinda abziehen.«
»Es ist ein Wunder!« Olianna zog die Flügel um den Körper, um sie zu bewundern.
»Dafür ist der Thron ja bekannt«, sagte Luce.
Die Outcasts kehrten an ihre alten Positionen der Verehrung um den Thron zurück.
»Ja.« Der Thron schloss die Augen, um ihre Anbetung entgegenzunehmen. »Ich glaube, so ist es doch besser.«
Schließlich hob der Thron seinen Stab und zeigte damit auf Luce und Daniel. »Es wird Zeit, Lebewohl zu sagen.«
»Schon?« Es war Luce unabsichtlich herausgerutscht.
»Verabschiedet euch.«
Die ehemaligen Outcasts überhäuften Luce mit Dank und Umarmungen und drückten sie und Daniel fest an sich. Als sie sich wieder lösten, standen Francesca und Steven vor ihnen, Arm in Arm, schön, strahlend.
»Wir wussten immer, dass du dazu fähig sein würdest.« Steven zwinkerte Luce zu. »Nicht wahr, Francesca?«
Francesca nickte. »Es war hart für dich, aber du hast bewiesen, dass du eine der beeindruckendsten
Weitere Kostenlose Bücher