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Engelslicht

Engelslicht

Titel: Engelslicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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sich die schlaffe Hand über den Kopf legte. »Oh«, sagte es und klang viel weniger überrascht, neben Luce aufzuwachen, als Luce es war. »Wie spät ist es gestern geworden?«, lallte sie auf Italienisch. »Diese Party war verrückt.«
    Luce wich zurück, fiel aus dem Bett und versank in einem dicken weißen Teppich. Der Raum glich einer Höhle, kalt, mit abgestandener Luft, dunkelgrauer Tapete und einem übergroßen Empirebett auf einem großen Teppich in der Mitte. Sie hatte keine Ahnung, wo sie war, wie sie hergekommen war, wessen Bademantel sie trug, wer dieses Mädchen war oder was das für eine Party gewesen sein sollte, von der das Mädchen dachte, Luce habe sie in der Nacht zuvor besucht. War sie irgendwie in einen Verkünder gefallen? Neben dem Bett stand ein Hocker mit Zebramuster. Die Kleider, die sie in der Gondel zurückgelassen hatte, waren sauber darauf gefaltet – der weiße Pullover, den sie zwei Tage zuvor im Haus ihrer Eltern angezogen hatte, ihre Jeans und daneben ihre aneinander gelehnten Reitstiefel. Das silberne Medaillon mit der eingravierten Rose – sie hatte es in ihren Stiefel gesteckt, kurz bevor sie und Daniel ins Wasser getaucht waren – lag in einem zierlichen Glasschälchen auf dem Nachttisch.
    Sie legte es an und zwängte sich in ihre Jeans. Das Mädchen im Bett war wieder eingeschlafen, ein schwarzes Seidenkissen über dem Gesicht, unter dem ihr zerzaustes blondes Haar hervorquoll. Luce schaute um das hohe Kopfende herum und sah zwei leere lederne Fernsehsessel vor einem brennenden Kamin an der gegenüberliegenden Wand, und darüber hing ein Flachbildschirmfernseher.
    Wo war Daniel?
    Sie zog gerade den Reißverschluss ihres zweiten Stiefels hoch, als sie eine Stimme hörte, die durch die gesprungenen Glastüren auf der anderen Seite des Bettes kam.
    »Du wirst es nicht bereuen, Daniel.«
    Bevor er antworten konnte, war Luces Hand auf dem Türknauf – und dort im Wohnzimmer fand sie ihn, auf einem Zweiersofa mit Zebramuster, gegenüber von Phil, dem Outcast.
    Als er sie in der Tür sah, erhob Daniel sich. Auch Phil stand auf und trat steif neben seinen Stuhl. Daniel strich Luce übers Gesicht und über die Stirn, die, wie Luce nun feststellte, empfindlich und wohl voller blauer Flecken war.
    »Wie fühlst du dich?«
    »Der Heiligenschein …«
    »Wir haben den Heiligenschein.« Daniel deutete auf die riesige goldgerahmte Glasscheibe, die auf dem großen hölzernen Esstisch im angrenzenden Raum lag. An dem Tisch saß ein Outcast und löffelte Joghurt, während ein anderer mit verschränkten Armen in der Tür lehnte. Beide waren Luce zugewandt, aber man konnte nicht sagen, ob sie sich dessen bewusst waren. Luce fühlte sich in ihrer Nähe nervös, spürte ein Frösteln in der Luft, vertraute jedoch Daniels Gelassenheit.
    »Was ist mit dem Outcast passiert, gegen den du gekämpft hast?«, fragte Luce und sah sich nach der bleichen Gestalt in der Robe um.
    »Mach dir um ihn keine Sorgen. Du bist diejenige, um die ich mir Sorgen mache.« Er sprach so zärtlich mit ihr, als wären sie allein.
    Sie erinnerte sich daran, wie der Kirchturm sich in ihre Richtung geneigt hatte, als die Kathedrale unter Wasser eingestürzt war. Sie erinnerte sich an Daniels Flügel, die einen Schatten über alles geworfen hatten, als sie sich zu ihr hinabgesenkt hatten.
    »Du hast einen bösen Schlag auf den Kopf bekommen. Die Outcasts haben mir geholfen, dich aus dem Wasser zu ziehen, und sie haben uns hierher gebracht, damit du schlafen konntest.«
    »Wie lange habe ich geschlafen?«, wollte Luce wissen. Die Nacht brach gerade an. »Wie viel Zeit haben wir noch …«
    »Sieben Tage, Luce«, antwortete Daniel leise. Ihr wurde klar, wie deutlich es auch ihm bewusst war, dass ihnen die Zeit davonlief.
    »Nun, wir sollten hier keine Zeit mehr verschwenden.« Sie warf einen Blick zu Phil hinüber, der sein Glas und das von Daniel mit etwas Rotem auffüllte, das dem Flaschenetikett zufolge Campari hieß.
    »Gefällt dir meine Wohnung nicht, Lucinda Price?«, fragte Phil und tat so, als sehe er sich zum ersten Mal in dem postmodernen Wohnzimmer um. An den Wänden hingen Gemälde im Stil von Jackson Pollock, aber es war Phil, von dem Luce die Augen nicht abwenden konnte. Seine Haut war teigiger, als sie es in Erinnerung hatte, mit dicken, dunklen Ringen unter den leeren Augen. Bei jedem Gedanken an seine zerlumpten Flügel, die ihr Spiegelbild im Garten ihrer Eltern gehalten hatten, bereit, sie an einen dunklen,

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