Engelsstern
permanenten Schutz meines Engels gestanden hätte?
Mein Engel.
Jede Zelle in meinem Körper, jeder Milliliter Blut in meinen Adern verarbeitete in diesem einen Moment dieses neue Wissen. Die Zeit stand still in der winzigen Kapelle, in der wir umgeben waren von den Bäumen, den Steinen, der Stille und vor allem: von der Wahrheit.
»Glaubst du jetzt, dass ich real bin? Dass ich für dich genau so real bin wie jedes andere Lebewesen in diesem Wald?«
Ich nickte. Langsam falteten sich die schimmernden Flügel zusammen und verschwanden wieder im Verborgenen.
Der so wirklich wirkende Traum mit ihm kam mir wieder in den Sinn. Ich griff nach seiner rechten Hand, er ließ es geschehen. Zwischen uns war eine Grenze gefallen.
Ich drehte seine Handinnenfläche nach oben. Ich wusste, was ich da finden würde. Mein Traum hatte sein Himmelszeichen klar gezeigt. Lebenslinie, Schicksalslinie, Herzlinie, Venusberg, all das, was man in einer Hand, einer menschlichen Hand, erwarten würde, gab es nicht in seiner. Dort formten die Linien einen vollständigen Kreis mit acht Spitzen. Ein Oktagramm.
»Und das hier?« Ich sah wieder auf seine Hand. »W as bedeutet das?«
»Das ist das Symbol der Wiedergeburt. Durch den Achterstern kann ich dir durch die Unendlichkeit folgen.In dem Moment, als du erschaffen wurdest, bekam ich die Aufgabe, dich zu beschützen und zu leiten. Ich hätte nie geglaubt, ich würde mal …« Er sah mir tief und liebevoll in die Augen, als wenn er etwas lang Verlorenes oder Vermisstes wiedergefunden hätte. Mit diesem Blick hatte er mich bei unserer ersten Begegnung auf dem Schulhof und seither immer wieder angesehen.
Er blickte kurz zur Seite, als ob die Worte, die er suchte, vielleicht dort auf den Steinen an der Wand eingemeißelt sein könnten.
Instinktiv machte ich einen Schritt auf ihn zu.
»Teagan, das ist alles Neuland für mich«, sagte er vorsichtig. »Engel werden normalerweise als Boten Gottes angesehen. Wir symbolisieren Hoffnung. In uns nimmt die reinste Form der Liebe Gestalt an, aber dass wir jemanden lieben, wie ein Mensch einen anderen liebt … das hat es noch nicht gegeben. Und genau das fühle ich für dich.«
Diese Enthüllung schlug bei mir mit der Kraft von mehreren Meteoriten ein. Ich traute meinen Ohren kaum. Langsam sickerte ein, was er gesagt hatte, nichts auf der Welt hätte mich davon abgehalten, seinen Worten zu glauben. Ein Engel, mein Engel , Garreth … liebte mich. Die Worte trieben in meinem Hirn hin und her, schwebten von hier nach dort. Mit dem bisschen an Fingernägeln, das ich noch hatte, kratzte ich über die Innenflächen meiner eigenen Hände. Ich wollte sichergehen, dass ich noch was spürte, weil diese Situation ganz klar völlig unwirklich war.
Als würde er mein inneres Chaos wahrnehmen, machte Garreth einen Schritt zurück. »Du musst meine Gefühle nicht erwidern. Du musst mich nicht auch lieben.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich fühle etwas, ich … weiß nur noch nicht, was. Das kommt alles so plötzlich. Bitte sei jetzt nicht enttäuscht.«
Garreth schloss die Lücke zwischen uns mit einem Schritt und nahm mich in die Arme. Er küsste mich auf die Stirn und sagte: »Du könntest mich niemals enttäuschen, Teagan.«
Sein Geständnis überstieg meine kühnsten Träume, vor allem, weil da nicht irgendein stinknormaler Junge seine Gefühle für mich offenbarte. Garreth war alles andere als stinknormal. Während er mich umarmt hielt, ließ ich seine Worte sacken. Er war einfach ein Wunder. Und dann überwältigte mich das ganze süße Gefühl erst richtig. Ich gehörte zu ihm, und umgekehrt gehörte er auch zu mir. Das ließ sich mit nichts vergleichen – ein unverbrüchliches Band, vor langer Zeit im Himmel geschaffen, geschlossen und geknüpft für alle Ewigkeit.
»Dich zu beschützen ist, wie einen anderen Engel zu behüten. Dein Herz ist so rein.« Sanft schob er mir die Haare aus den Augen.
Ich lächelte ihn an. Seine Augen fingen das sanftgoldene Licht ein. Er wirkte ein wenig nervös nach all den Offenbarungen, als ob er Angst hätte, dass ich ein für ihn so unbekanntes Gefühl vielleicht nicht erwidern würde. Ein nervöser Engel. Das war echt komisch. Vor mir stand eine reine Seele aus Liebe und Licht undfragte sich, ob ich sie lieben könnte. Im Stillen wusste ich sowieso schon, dass er die Erfüllung all meiner Wünsche war. Er war perfekt, aber ich hatte Angst, dass am Ende doch alles ein Traum war, dass mein Instinkt, mich
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