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Engelstation

Engelstation

Titel: Engelstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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und seine Akkordkonstruktionen bewirkten, daß sie in all seinen Sinnen präsent war. Er hatte ihr eine Realität vorgesetzt, die sie nicht zu bestreiten wagte; jetzt mußte er ihr eine Zukunft bieten, ohne die sie nicht leben konnte.
    Eine Zukunft, in der ihre Diener den Handel ausweiten, Schiffe für Menschen bauen, Wohnsatelliten und Welten errichten würden … in der menschliche KIs ihr neues Imperium verwalten und dazu beitragen würden, daß es sich über die von ihrer Spezies bewohnte Sphäre ausbreitete … in der sich die Menschheit und die Diener der Geliebten vermischen, spiralförmig durchdringen würden, bis sie nicht mehr als getrennte Spezies erkennbar waren …
    Er würde dafür sorgen müssen, daß seine Zukunft im Geist der Geliebten lebte, so wie sie jetzt in seinem Geist lebte. Die Geliebte mußte sie ebensosehr brauchen wie Ubu.
    Und die Geliebte durfte nicht merken, daß es im innersten Kern dieser Vision die Menschen waren, die die Daten verwalteten, die Bücher führten und die Kontrolle über die Beziehung behalten würden.
    Die Konstruktion, die Ubu erschuf, mußte verhindern, daß sie das wahrnahm. Dazu brauchte er mehr konkrete Kenntnisse über sie.
    Er mußte wissen, ob er recht hatte, ob seine Akkorde und Experimente ein wirklichkeitsgetreues Bild der Geliebten geschaffen hatten.
    Er mußte sie sehen. Persönlich.
    Der bonbonfarben gestreifte Protostern kam näher. Ubu saß im oberen Salon, umgeben von seinen Instrumenten und Lautsprechern und den Computern, die auf Notation und Aufnahme programmiert waren. Benommen von der Musik der Geliebten spielte er, bis ihm die Finger bluteten.
    Schiffsführer Ubu wünscht eine Zusammenkunft mit der Geliebten, sendete er. Die Geliebte kann alle Vorkehrungen zu ihrem Schutz treffen, die sie für erforderlich hält .
    Sein Mund war trocken vor Erwartung. Er leckte sich die Lippen. Trommeln dröhnten in seinem Kopf.
    Über der Kommunikationstafel erschien die zustimmende Antwort in holographischen Druckbuchstaben aus schmelzflüssigem Gold.

    Es gab Bedingungen. Ubu mußte sich einer Dekontaminierung unterziehen, bevor er die Runaway verließ, und die ganze Zeit seinen Raumanzug anbehalten. Die Geliebte würde ihre Wachen dabei haben.
    Ubu wußte, daß es nicht auf die Bedingungen ankam. Was zählte, war die Tatsache, daß sie sich trafen.
    Die Geliebte hämmerte dröhnend in Ubus Blut, als er die Runaway verließ und draußen im Raum hing, wo er seinen Kurs berechnete. Der riesige Protostern blendete ihn mit seinen leuchtend roten und weißen Streifen. Das Schiff der Geliebten schwebte über dem Äquator des Riesen; seine dunkle Silhouette war von den hellen Atmosphärengleitern umringt, die die Monde des Riesen ihrer Rohstoffe beraubten.
    Das Schiff der Geliebten hatte seine Konturen verändert. Eine leuchtende Blase quoll aus einer Ladebucht – ein zart aussehendes Harzgitter, das im grellen Licht der Sonne silbern glänzte. Es würde das Gerüst für die Station der Geliebten werden. Willenlose – manche davon sehr groß – krochen anmutig über das silberne Gitterwerk und verstärkten es mit dünnen Exsudatschichten, die ihm mehr Stabilität verliehen. Die Station würde irgendwann größer sein als die Geliebte, voller Fabriken und Wohnquartiere und Ladebuchten; sie würde sich mit Rohstoffen von den Monden des Protosterns versorgen und die Grundstoffe für die Geschäfte der Runaway herstellen.
    Die Luftschleuse der Geliebten lockte mit ihren blitzenden Stroboskoplichtern. Ubus Hand berührte den Steuerknüppel seines Manövrieraggregats, und er sauste davon wie eine Kugel, die ins Herz der Geliebten zielte.

    Als die Luftschleuse ihre Arbeit getan hatte und die Innentür rasselnd aufging – welches System die Geliebte auch benutzte, um die Luke hochzuziehen, es war auf jeden Fall geräuschvoll, sah Ubu draußen die dunkle Gestalt eines Willensfreien schweben. Irgendwie wußte er sofort, daß es nicht Zwölf war.
    »Gepriesen sei die Geliebte«, sagte Ubu. Ein schneller Trommelrhythmus legte sich ratternd über seine Stimme. »Ich bin Schiffsführer Ubu Roy.« Seine Stimme wurde von Lautsprechern übertragen, die er an seinem Helm befestigt hatte. Er fragte sich einen Moment lang, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn er das alte System der holographischen Übersetzung benutzt hätte, und ob dieser neue Willensfreie seine Sprache verstand.
    »Gepriesen sei die Runaway . Ich bin Allgemein-Willensfrei Sechsundzwanzig. Es ist mir eine Ehre,

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