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Engelstation

Engelstation

Titel: Engelstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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Gehirn die Inhalte einer Schnellkurseinheit nach der anderen aufnahm.
    Ökonomie, Recht, Geschichte. Ihr Gehirn füllte sich mit einem geordneten Schema unzusammenhängender Fakten. Das verbindende Gerüst würde sie selbst liefern müssen. Sie, dachte Maria, und Ubu.
    Ein paar Minuten, nachdem die Runaway angedockt hatte – Ubu hatte mehr bezahlt, um an die Spitze der Entladeschlange zu kommen – begannen die identischen Harzbehälter der Geliebten aus den Autoladern zu rollen. Da der Personenschlauch noch gar nicht angeschlossen worden war, faßte sich Maria in Geduld; sie hüpfte auf den Zehenspitzen, als ein Strom von Behältern aus der Ladebucht der Runaway quoll, die Produkte der Geliebten, die nun in einem gewaltigen Strom der Menschheit zuflössen.
    Als das Licht über der Schleuse grün wurde, lief Maria durch den Schlauch mit den Ziehharmonikawänden zur Runaway . Während sie sich in das zerbeulte Schiff einschleuste, merkte sie, wie eine Spannung von ihr abfiel, von deren Existenz sie gar nichts gewußt hatte. Vertraute Elektronenmuster begannen in ihrem Geist zu singen. Sie war wieder zu Hause.
    Als die Innenluke aufglitt, drangen die verschlüsselten Taktvorzeichnungen der Geliebten wie ein Wasserfall auf sie ein. Maria versteifte sich. Das gehörte nicht zu ihren angenehmen Erinnerungen.
    Ubu wartete auf der anderen Seite. Er zögerte, dann kam er auf sie zu und nahm sie in seine vier Arme.

    Ubu redete stundenlang ohne Pause, erst bei der Zubereitung des Abendessens und dann, als er mit der schönen Maria im unteren Salon saß. Sie hockte auf dem alten Sofa und hörte Ubu zu, der unaufhörlich von seinen Verhandlungen, seinem Besuch bei der Geliebten und seinen Plänen für die Zukunft redete, vom Ausbau der Handelsbeziehungen, speziell auf die jeweiligen Märkte zugeschnittenen Gütern, der allmählichen Konvergenz und wechselseitigen Absorption der Menschheit und der Spezies der Geliebten … Maria hörte sich alles an, während sie mit dem schnurrenden weißen Maxim in den Armen dasaß, aber nach einer Weile bestand sie darauf, daß Ubu die Musik der Geliebten abstellte. Ohne das Getrommel schienen seine Gedanken etwas zusammenhangloser zu sein. Maria fand das beunruhigend.
    »Ich habe mir beigebracht, wie die Geliebte zu denken«, sagte er. »Das ist wichtig für uns.«
    »Solange du nicht versuchst, wie sie zu werden .«
    Er warf ihr einen Blick zu. »Das ist ebenfalls wichtig für uns.«
    Maria richtete sich alarmiert auf. Maxim bewegte sich unruhig in ihren Armen. »Das gefällt mir nicht, Shooter.«
    Ubu hob die Schultern. »Ich bin schon fast soweit«, sagte er. »Ihr Gehirn ist vielleicht hundertmal so groß wie meins, aber mein Gedächtnis ist besser.«
    »Dein Gedächtnis macht dich einzigartig.«
    Sein Gesicht entspannte sich. »Zwölf ist tot. Die Geliebte hat ihn umbringen lassen.«
    Glocken stimmten in Marias Innerem ein leises Trauergeläut an. Die Schwingungen klangen ihr in den Ohren. Zwölf war auch so jemand, den sie benutzt hatte und der dafür bezahlt hatte. »Das ist unsere Schuld«, sagte sie.
    Ubus Finger klopften nervöse Rhythmen auf seine nackte Brust. »Er war verseucht. Das ist der springende Punkt. Er hatte zuviel Menschliches in sich, und das hat der Geliebten Angst gemacht. Sie hat ihn getötet, und ich glaube, das war ihr großer Fehler.« Ubu hob den Blick zur Decke. »Diesmal habe ich einen neuen Willensfreien dabei, Sechsundzwanzig. Dasselbe Modell, aber eine andere Nummer. Der stellt keine Fragen. Er läuft nicht herum. Er sitzt einfach nur im Hilfskontrollraum und lauscht den Rhythmen der Geliebten, die aus dem Sizer kommen. Die Geliebte will gar nicht, daß er etwas über uns erfährt, außer wenn er Glück hat und über irgendwas stolpert, was der Geliebten einen Vorteil verschafft.« Er grinste. »Solche Fehler mache ich nicht mehr. Deshalb habe ich sie besiegt. Weil ich die Geliebte in meinem Kopf habe, und weil sie uns nicht in ihren hineinlassen will.« Sein Gesicht verzog sich zu einem ironischen Lächeln. »Aber ich bin jetzt genauso verseucht. Die Geliebte ist ein Teil von mir, und ich kann sie nicht mehr loswerden. Ihre Reaktionen werden für immer in meinen eigenen enthalten sein.«
    »Deshalb bist du noch lange nicht wie sie«, beharrte Maria.
    »Ich glaube, ich bin besser als sie.« Er spannte nachdenklich seine mächtigen Schultermuskeln. »Ich bin derjenige von uns, der den Kontakt zur Geliebten und ihrer Spezies halten wird. Darin bin ich gut.

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