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Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Titel: Entfernte Verwandte: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matti Rönkä
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Kornostajew.«
    Der Bass bat mich, zu warten. Ich wusste, dass meine Nummer überprüft und registriert und das Gespräch auf Band aufgenommen wurde. Aus der Länge der Wartezeit und daraus, ob mir überhaupt jemand antwortete, konnte ich schließen, für wie wichtig man mich hielt.
    »Viktor Nikolajewitsch, womit kann ich behilflich sein?«, meldete sich Malkin höflich nach acht Sekunden.
    »Ich brauche Informationen, und vielleicht auch ein wenig Hilfe«, sagte ich leise, fast flüsternd. Dergleichen auszusprechen war nicht leicht.

9
    Rudi saß an einem Fenstertisch in seinem Lokal, einer Mischung aus Pub und Pizzeria, und las das Abendblatt. Meiner Vermutung nach ging er bereits auf die sechzig zu; allerdings ist bei Indern das Alter schwer zu schätzen. Ich verbeugte mich grüßend. Rudi nickte. Seine schwarzen Haare waren von breiten grauen Streifen durchzogen, und zum Lesen setzte er ungeniert eine Brille mit dicken Gläsern auf.
    Hinsichtlich seiner indischen Herkunft war ich mir auch nicht ganz sicher. Ebenso gut konnte Rudi auch aus Pakistan, Nepal oder Bangladesh stammen. Wie auch immer, er lebte schon seit Jahren in Helsinki. Er betrieb zwei Nachtclubs und ein halbes Dutzend von morgens bis abends geöffnete Restaurants. Bei einigen dieser Lokale wies der Name auf den indischen Hintergrund hin, doch sie konzentrierten sich ebenso wie die anderen auf den Ausschank von Bier und Cider und boten hungrigen Kunden ein Lunchbüffet oder internationale Gerichte wie Pizza und Kebab.
    Betont höflich faltete Rudi die Zeitung zusammen und steckte die Brille in die Brusttasche seines kurzärmligen Hemdes. Er stützte die Ellbogen auf den hohen Tisch und stellte die in Sandalen steckenden Füße auf die verchromte Querleiste des Barhockers. Mir fiel auf, dass die aus den Sandalen hervorblitzende Haut zu den Fußsohlen hin heller wurde; so war es auch an seinen Handflächen. Rudi bot mir etwas zu essen an.Huhn und Reis vielleicht, oder Lammklößchen, na, wenigstens Tee, schlug er vor und gestikulierte dabei wie der Besitzer eines Feinschmeckertempels.
    Ich lehnte ab, obwohl man in Rudis Lokalen ohne Angst vor Magenbeschwerden essen konnte und auch nicht zu befürchten brauchte, beim Abnagen eines Kotelettknochens überraschende Gattungsbestimmungen vornehmen zu müssen.
    »Ich hätte etwas Geschäftliches zu besprechen … wenn es dir recht ist«, setzte ich höflich hinzu.
    »Gehen wir nach hinten«, sagte Rudi.
    Ich folgte Rudi, der vor mir her patschte, mit gleichmäßigen Schritten. Er war so klein, dass ich ihm von oben auf den Kopf blicken konnte. Wir gingen an den Toiletten vorbei in einen Durchgangsraum, in dem Vorräte aufbewahrt wurden, und von dort weiter in den hinteren Teil der Küche. Eine alte Frau schnippelte gemächlich Salatgemüse.
    »Sprich. Sie versteht uns nicht.«
    »Ich könnte wieder liefern. Wodka. Oder vielmehr reinen Sprit. Eine größere Menge.«
    »Wie viel?«, fragte Rudi.
    »Zehntausend Liter.«
    »Ziemlich viel. Wie?«
    »Literflaschen oder Kanister à vier Liter. Oder beides. Ich importiere das Zeug als Scheibenputzmittel. Mein Bruder handelt mit Autobedarf. Ansonsten keine Mittelsmänner. Eine sichere Sache.«
    »Wie viel?«
    »Zehn pro Liter.«
    Rudi seufzte, legte den Kopf schräg und flatterte mit den Armen, sparte sich die Antwort.
    »Na gut, acht«, gab ich nach.
    »Sechs fünfzig«, sagte Rudi.
    Wir schüttelten uns die Hand.
    Ich versprach, der Schnaps sei in einer Woche in der Halle in Tattarisuo, allerdings würde ich bei Verspätung keine Konventionalstrafe zahlen. Rudi nickte. Wir hatten früher schon Geschäfte miteinander gemacht. Ich hatte die Ware pünktlich geliefert, und Rudi hatte umgehend bezahlt.
    Ein junger Bursche kam in die Küche und begann die großen Töpfe zu spülen, und zwei nur unwesentlich ältere Männer trugen Gemüsekisten herein. Ich nickte Rudi zum Abschied zu.
    »Woher bekommst du übrigens deine Arbeitskräfte?«, fragte ich an der Hintertür.
    »Verwandte.«
    Ich wusste, dass ich nicht genauer nachhaken durfte.
    »Und du, hattest du nicht vor, mit diesen Geschäften aufzuhören?«, erkundigte sich Rudi seinerseits.
    »Doch. Aber ich brauche dringend Geld.«
    »Ein Unternehmer unternimmt so lange, wie das Geld reicht«, meinte Rudi mild, und es hörte sich nicht so an, als mache er einen Witz. »Grüß deinen Bruder von mir!«, rief er mir noch nach.
    Ich hatte gar nicht gewusst, dass die beiden sich kannten.

10
    Ich hockte in der Uudenmaankatu

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