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Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Titel: Entfernte Verwandte: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matti Rönkä
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und beobachtete die Kneipe, in der Frolow die Zeit totschlug und Hof hielt. Ich hatte nicht vor, mit ihm Kaffee zu trinken. Egal, ob Frolow Freund oder Feind war, ich wollte ihn für alle Fälle observieren.
    Überhaupt vermied ich es, meine Geschäftspartner zu besuchen. Frolow tauchte gelegentlich ungebeten bei mir auf, was mir nicht gefiel. Ich wusste, wo er wohnte, setzte mich aber lieber telefonisch oder über die Postfächer unserer Firmen mit ihm in Verbindung.
    Frolow fläzte sich auf dem Ecksofa des Lokals. Immer wieder blieben junge Leute bei ihm stehen. Was ich sah, überzeugte mich davon, dass in der Kneipe nicht mit Drogen gehandelt, kein Auftragsmord vereinbart und kein Raubzug geplant wurde.
    Frolows Freunde mochten gegen die Sittlichkeitsnormen verstoßen, aber ich war nicht engstirnig und wusste auch nicht so genau, welche sexuellen Orientierungen in Finnland illegal waren. Dennoch erkannte ich, dass zu Frolows Bekanntenkreis außer Schwulen auch Menschen gehörten, deren Sexualität nur mit einer Kombination von Fremdwörtern und einigen erläuternden Sätzen zu charakterisieren war.
    Ich gab acht, dass Frolow mich nicht bemerkte. Ich hatte mir einen fremden Wagen geliehen, einen grauen Toyota Avensis, und war ständig auf dem Sprung, mich nach unten zu bückenund aus seinem Gesichtsfeld zu verschwinden, falls Frolow zur Parkuhr gehen und Geld nachwerfen oder in seinen neuen Chrysler steigen sollte.
    Gegen drei Uhr am Nachmittag stand Frolow auf und verließ das Lokal mit einem jungen Burschen. Der Junge trug eine altmodische Stoffjacke, eine grüne Schirmmütze chinesischen Zuschnitts und eine helle Brille ohne Fassung. Ich erkannte ihn, kam aber nicht auf seinen Namen. Soweit ich mich erinnerte, war er russischer Herkunft, hatte in Estland gelebt und war nach Finnland gekommen, weil ein paar Tropfen ingermanländisches Blut in seinen Adern flossen und im alten Sowjetpass seines Opas oder seiner Oma unter Nationalität »finnisch« stand.
    Noch vor zwei Jahren hatte sich der Junge bei den Cliquen am Bahnhof herumgetrieben, mit lauter Stimme am Handy gesprochen und auf den Boden gespuckt, gekleidet in überlange Jeans und eine weiße Kapuzenjacke oder irgendein anderes gerade angesagtes Outfit. Nun war er schon alt genug, um Kneipen zu besuchen, war vom Fruitcake zum Metrosexuellen herangereift oder zum Vertreter irgendeiner anderen Sparte von Männern, die Feuchtigkeitscreme benutzten. Ich hätte wetten mögen, dass er ein Klapphandy besaß.
    Die beiden gingen zum Wagen, den Frolow auf die Esplanade, am Meer entlang nach Sörnäinen und dann auf die Ausfallstraße nach Osten lenkte. Ich ließ den beiden reichlich Vorsprung, denn ich vermutete, dass ihr Ziel Frolows Wohnung in Kulosaari war.
    Die Straße lag, vom Zentrum aus gesehen, am Ende des Stadtteils und der Insel Kulosaari. Es war eine schmale Sackgasse, an der vorwiegend flache Reihenhäuser und einige höher aufragende Einfamilien- und Doppelhäuser standen. Die autobreitenZufahrten, die zu den Grundstücken führten, waren die einzigen Öffnungen zur Straße hin. Im Übrigen schotteten Gartenmauern das Leben und den Wohlstand der Bewohner ab.
    Langsam und ohne zur Seite zu sehen, fuhr ich an Frolows Haus vorbei. Frolows abweisend kantiger, großer Wagen stand so dicht vor der Garage, dass der Kühlergrill fast das Tor berührte. Beim Durchfahrtsverbot wendete ich, fuhr langsam zurück und parkte in etwa zwanzig Metern Entfernung von dem Haus, dessen dunkle Fenster in die Gegend glotzten.
    Das Gebäude war groß und asymmetrisch. Es beherbergte zwei separate Wohnungen, die sich über mehrere Etagen und Ebenen zum Ufer hin öffneten. Das Haus war vermutlich in den Siebzigern erbaut worden. Die Wände waren aus hellem Backstein gemauert, die Holzelemente dunkel gebeizt. Der wilde Wein an der Giebelseite bildete dicke, lianenartige Seile.
    Ich wartete. Das Radio lief leise, ich öffnete die Fenster einen Spaltbreit, stellte die Rückenlehne flacher, lag da und betrachtete und belauschte die Straße, die so aufregend war wie der Seewetterbericht. Kallbådagrund, Südwind, sieben Meter.
     
    Der kleine Nissan eines Chinarestaurants hielt am Tor, setzte flott einige Meter zurück und flitzte die Rampe hinab bis vor die Haustür. Ein junger Mann stieg aus. Meiner Einschätzung nach kam er aus irgendeinem Land im Nahen Osten. Aber ich wusste, dass er genauso gut in Finnland geboren sein konnte.
    Der Bote ging mit zwei Papiertüten zur Tür und

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