Entfuehrt
es dort aussah.
Schneller als erwartet ging die Tür hinter ihr wieder auf, und Jake reichte ihr einen Plastikbecher mit einer dampfenden Flüssigkeit. Er hatte sie nicht gefragt, wie sie ihren Kaffee wollte, und sie nahm vorsichtig einen Schluck. Er war mit Milch und Zucker, genau so wie sie ihn mochte.
»Woher wusstest du, wie ich meinen Kaffee mag?«, fragte sie.
Er setzte sich ihr gegenüber und zuckte leicht mit den Schultern. »Weil ich ihn so mag.«
»Dann muss jeder, der mit dir Kaffee trinkt, ihn so akzeptieren, wie du ihn magst?«
»Ja«, erwiderte er einfach. Er saß hinter seinem Schreibtisch und streckte die Beine aus. Seine Füße ruhten dicht neben ihren.
»Geht es dir gut?«, fragte er nach kurzem Schweigen.
»Ja, es geht mir gut«, erwiderte sie mit fester Stimme, und einen Moment lang hätte sie schwören können, den Hauch eines Lächelns um seine Lippen spielen zu sehen. »Was ist?«
»Du hast diese Frage zuletzt ziemlich oft beantwortet. Vermutlich zu oft.«
»Das stimmt, aber …«
»… es geht dir gut! Das wolltest du doch sagen?«
»Ja.«
»Ich werde dir nicht widersprechen.«
»Ich will zurück. Nach Afrika«, fügte sie hinzu.
»Ich bin sicher, dass ich auch bald zurückgehe«, bemerkte er. »Und bitte versteh mich nicht falsch, aber ich hoffe sehr, dir dort nicht noch einmal zu begegnen.«
»Du glaubst also, ich setze mich einem unnötigen Risiko aus.«
»Was ich darüber denke, tut nichts zur Sache. Sollte es jedenfalls nicht.«
»Warum solltest du dir keine Meinung über mein Leben bilden können? Jeder andere tut das doch auch«, murmelte sie.
»Genau aus dem Grund mach ich es nicht.«
Er war genau so, wie sie ihn noch in Erinnerung hatte. So hatte sie ihn sich in einer alltäglichen, normalen Situation vorgestellt. Er fasste sie nicht mit Samthandschuhen an, für ihn war sie kein Opfer. Sie wusste, dass sie mehr wollte, als ihm nur zu danken.
»Ich würde dich gern wiedersehen«, sagte sie, ehe sie sich auf die Zunge beißen konnte. Sie war bereit, mehr Risiken einzugehen. Sie wollte ihr Leben leben und nicht die Angst gewinnen lassen. Ihre Erlebnisse hatten sie stärker gemacht. Im Moment hatte sie nur das Problem, jemanden zu finden, der mit ihrer Stärke zurechtkam und trotzdem ihre weichere Seite erkannte, die sich dahinter verbarg.
»Lädst du mich etwa ein? Denn ich wäre durchaus in der Lage, dich einzuladen, wenn ich wollte.«
Tja, sie hatte eben nicht mit Samthandschuhen angefasst werden wollen. »Heißt das, du willst nicht mit mir ausgehen?«
»Das habe ich nicht gesagt, Isabelle.« Er beugte sich vor, stützte sich auf die Ellbogen. Seine kräftigen Hände lagen zwischen ihnen auf der Tischplatte. »Es ist nur so, dass ich keine Ärzte mag. Grundsätzlich nicht.«
Gott, diese Augen … Allein die Augen waren eine Waffe, und sie war sicher, dass sie nicht die erste Frau war, die ihm verfiel.
Und er wollte nichts mit ihr zu tun haben.
Dr. Isabelle Markham war einunddreißig Jahre alt und hatte an der Harvard Medical School studiert. Sie war die Beste ihres Jahrgangs gewesen, und ihr Spezialgebiet war plastische Chirurgie.
Sie hätte überall hingehen können.
Stattdessen hatte sie sich entschieden, ehrenamtlich für Médecins Sans Frontières, besser bekannt als Ärzte ohne Grenzen, zu arbeiten. Sie hatte drei Jahre lang jeweils vier Monate im Jahr in Afrika verbracht. In ihrer Freizeit hatte sie zudem in einer örtlichen Praxis gearbeitet. Es hatte nie Probleme gegeben, bis ihre Mutter letztes Jahr für den Senat kandidiert und gewonnen hatte. Kurz darauf hatten die Drohungen begonnen.
In Afrika war sie von ihrem eigenen Leibwächter verraten worden. Er war ein ehemaliger Soldat der Special Forces, der vor Jahren unehrenhaft entlassen worden war. Anschließend wurde er Söldner und hatte sich schließlich gegen sein eigenes Land gewandt. Jake konnte sich keinen Grund vorstellen, warum er das getan hatte, und die FBI-Agenten, die mit ihm über seinen Einsatz sprachen, hatten kein Interesse daran gezeigt, ihr Wissen mit ihm zu teilen.
Außerdem hatte Jake sie in den ersten zwei Wochen, die sie im Krankenhaus verbringen musste, bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit besucht. Es war eine dreistündige Fahrt vom Stützpunkt zur Klinik, und er war oft um drei Uhr morgens oder noch später dort angekommen, hatte sie eine Weile beobachtet, während sie schlief, und war wieder hinausgeschlüpft, bevor ihn jemand bemerkte. Er hatte gesehen, wie ihre
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