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Entfuehrt

Entfuehrt

Titel: Entfuehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Tyler
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Wahnsinn, obwohl Chris sich nach dem Tod seiner Mutter Maggie geweigert hatte, dieses Talent zu nutzen.
    Kenny hatte sich nach Maggies Tod für ein Jahr von den Jungs zurückgezogen. Oberflächlich gesehen war er zwar da gewesen, hatte sie angerufen und sie kurz während der Tourneepausen besucht, aber die Trauer hatte ihren Preis gefordert. In jenem Jahr waren seine Söhne, die ohnehin schon sensibel und ziemlich wild waren, außer Kontrolle geraten, und er war nicht sicher gewesen, ob er sie je wieder würde auf die richtige Bahn bringen können.
    An manchen Tagen war er selbst heute nicht überzeugt, ob es ihm gelungen war. Und in letzter Zeit war er nachts oft wach gewesen, hatte Furchen in den Teppich gelaufen und sich ständig Sorgen um die drei gemacht. Denn irgendwas stimmte einfach nicht.
    »Ich finde, du solltest langsam aufhören, dir Sorgen um uns zu machen«, hatte Chris vor nicht allzu langer Zeit mal bei einem gemeinsamen Abendessen bemerkt. Kenny hatte gerade gegen den Drang angekämpft, Nick nach seinem Gipsbein zu fragen. Oder Jake nach den Gipsen um beide Arme oder Chris nach dem Verband an seinem Hals.
    »Ich glaube, du solltest dir ein Hobby zulegen«, fügte Nick hinzu.
    Kenny verzichtete klugerweise darauf, Nick daran zu erinnern, wie er einmal eine gute Stunde Zeit damit verplempert hatte, den Anrufbeantworter in eine Zeitbombe zu verwandeln, die irgendwann explodiert war, weil er sich langweilte.
    »Also ich glaube, du musst einfach mal wieder vögeln«, erklärte Jake, und seine grauen Augen ruhten ernst auf seinem Vater. Kenny hatte gelacht und Jake im Stillen recht gegeben.
    Dennoch machte er sich Sorgen. Er sorgte sich, wenn Nick sich erkältete oder seine Stimme rauer klang als sonst. Er sorgte sich, wenn er merkte, dass Jake nicht gut schlief oder dass Chris zu viel rauchte und zu wenig aß.
    Er fragte sich, ob sie je zur Ruhe kommen würden. Aber während die Jahre vergingen und ihre Verrücktheiten immer neue Höhen erklommen, statt mit zunehmendem Alter weniger zu werden, begann er zu glauben, dass die Frauen, die seine Jungs länger als nur eine Nacht in den Griff bekommen konnten, erst noch geboren werden mussten. Wenn es sie überhaupt gab.
    Er würde morgen Abend noch einmal mit ihnen reden. Aber jetzt zündete er sich eine weitere Zigarette an und bereitete sich geistig darauf vor, die verdammte Bühne zu stürmen, um den Jungs, die dort vor ihm standen, Manieren beizubringen.

 
    2
    Als Isabelle ihre Absicht verkündet hatte, Anfang des Jahres mit Ärzte ohne Grenzen zurück nach Afrika zu gehen, hatte ihre Mutter gemeinsam mit Onkel Cal einen Gegenvorschlag unterbreitet.
    Den ganzen letzten Monat hatte sie versucht, die Normalität zu leben, die sich ihre Mutter so sehnlich für sie wünschte, hatte sich bemüht, wieder eine Beziehung zu dem Mann aufzubauen, den sie im kommenden Jahr hatte heiraten wollen, und begonnen, in einem großen Krankenhaus zu arbeiten. Doch obwohl sie dort als plastische Chirurgin angestellt war, wurde sie meistens nur zu Patienten gerufen, bei denen aus Angst vor hässlichen Narben kleine Schnitte genäht werden mussten. Und in der gleichen Zeit war ihr klar geworden, dass Daniel und sie sich eigentlich völlig fremd waren.
    Sie wurde mit Zuwendung geradezu erstickt. Es gab zu viel Trost, zu viel Mitgefühl, zu viel von all jenen Dingen, die sie nie gewollt hatte, und sie begriff, dass sie den Rest ihres Lebens so nicht verbringen wollte.
    Dann hatte Onkel Cal ihr eine andere Möglichkeit eröffnet, bei der sie der Arbeit nachgehen konnte, die ihr gefiel, ohne sich deswegen irgendwelchen Gefahren aussetzen zu müssen. Also arbeitete sie nun als Beraterin für das Verteidigungsministerium und zusätzlich im Marinekrankenhaus. Onkel Cal hatte mehr als nur ein paar Fäden gezogen, damit sie auf der Militärbasis praktizieren konnte. Sie war ihm ausgesprochen dankbar dafür.
    Sie berührte ihre Seite, die noch immer schmerzte, sobald sich Regen ankündigte oder sie sich falsch bewegte oder zu lange ohne Pause arbeitete. Der Orthopäde, bei dem sie gewesen war, hatte ihr versichert, auch das würde noch vergehen. Bis dahin ertrug sie den Schmerz wie einen Orden. Als Zeichen, dass sie überlebt hatte.
    Ihr Leibwächter Rafe, der sie während ihrer Arbeit in den abgelegenen Gebieten des Kongo monatelang beschützt hatte, war verhaftet worden. Die ganze Zeit hatte er für ihre Sicherheit gesorgt und sie dann, ohne jede Vorwarnung, verraten. Für

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