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Entfuhrt

Entfuhrt

Titel: Entfuhrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Koppel Hans
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Zukunft vor hohen Feiertagen noch irgendwelche Promis anrufen dürfen. Wen wollen Sie an Ostern küssen? Oder: Mein schönstes Trinklied . Stunden am Telefon, um Ex-Fernsehstars auszugraben,
die ihre faden Gesichter mal wieder in einer Illustrierten sehen wollten.
    »Ja?«, sagte Calle.
    »Wir wollen keine Selbstmorde«, sagte die Redaktionschefin. »Jugendzeitschriften schreiben nie über Selbstmorde, weil so etwas ansteckend wirken kann. Wir haben es zwar mit älteren und hoffentlich klügeren Lesern zu tun, aber das spielt keine Rolle. Wir schreiben nicht über Selbstmorde, weil das ein zu grässliches Thema ist. Selbstmorde haben nichts Versöhnliches, und wir sind glücklicherweise nicht auf Kioskverkäufe angewiesen. Wir schreiben also nicht darüber. Punkt.«
    »Keine … Selbstmorde?«, sagte Calle.
    Hatte Ylvas Mann etwa nicht mit ihr gesprochen? War er noch im Geschäft? Wollten sie seine Reportageserie über Menschen, die zu früh aus dem Leben gerissen worden waren, immer noch?
    »Wieso?«, fragte die Redaktionschefin. »Sind Sie nicht meiner Meinung?«
    »Doch«, erwiderte Calle, »vollkommen. Es würde mir nie einfallen, über Selbstmorde zu schreiben.«
    »Na, wunderbar. Dann wünsche ich Ihnen viel Erfolg. Wann, glauben Sie, können wir den ersten Text bekommen?«
    Calle legte auf und war so glücklich, dass er seine Stereoanlage aufdrehte und durch die Wohnung tanzte, bis er entdeckte, dass ihn jemand im Haus auf der anderen Straßenseite anstarrte.

    Schwarz und still, als würde sie durch das Universum schweben. Ylva sah den blauen Planeten aus der Ferne. Von so weit weg, dass nichts auf der Erdoberfläche noch eine Rolle spielte. Alles weltliche Streben wurde zu Staub und Asche. Ylvas Reise war bald vorüber, das zufällige Irrlicht, das sie gewesen war, würde erlöschen. Keine große Sache, das geschah an jedem Tag zu jeder Sekunde seit Anbeginn der Zeiten.
    Ihr Leben hatte aus Umbrüchen bestanden. Die chaotische Jugend, die ausgeartet war und in einer Katastrophe geendet hatte. Es hatte als Spiel begonnen, ein Spiel mit Folgen. Annika, die verrückte Tochter des Psychodoktors.
    Die lange Zwischenphase, in der sie sich eingebildet hatte, das Leben wäre so, wie es sein sollte. Die Sommer auf dem Boot, Mike, das Glück mit Sanna.
    Die Dummheiten, mit denen sie sich amüsiert hatte, als die Langeweile einsetzte.
    Sanna kam ausgezeichnet ohne ihre Mama zurecht, das hatte sie begriffen, auch wenn die Einsicht schmerzte. Die Erinnerung an sie war vermutlich bereits verblasst. Sie hörte Mikes Stimme, wie er versuchte, an sie zu erinnern.
    Du erinnerst dich doch noch an Mama?
    Eine Art verfehltes Andenken an Ylva, das nur in einem schlechten Gewissen resultieren würde und in dem vagen Gefühl, dass es einmal einen Menschen gegeben hatte, den es jetzt nicht mehr gab.
    Ylva versuchte, sich die Welt mit den Augen ihrer Tochter vorzustellen. Woran erinnerte sich Sanna in Bezug auf Ylva? Das konnte alles Mögliche sein. Irgendwann war
sie vielleicht besonders ausgelassen gewesen, hatte Sanna gekitzelt, hatte mit ihr eine Kissenschlacht veranstaltet. Vielleicht auch irgendeine Bemerkung, hoffentlich eine nette. Vielleicht erinnerte sie sich auch an einen Film, den sie zusammen angeschaut hatten. Sicher erinnerte sie sich daran, wie oft sie im Sund baden gegangen waren. Ylva war immer ins Wasser gesprungen. Nicht mit Kopf voran, aber die anderen Mütter hatten die Leiter benutzt.
    Ylva kam zu dem Schluss, dass das ihr Beitrag zur Welt gewesen war. So würde sie weiterleben. Als die Mutter, die vom Steg sprang und die Leiter nur benutzte, um wieder aus dem Wasser zu kommen. Ylva war zufrieden. Das war kein schlechtes Erbe, das sie da zurückließ.
    Beim letzten Kapitel ihres Lebens wollte sie gedanklich nicht verweilen. Es ließ sich nicht ändern und war außerdem bald vorüber. Selbst aus der Perspektive ihrer Peiniger hatte sie ihr Verbrechen gesühnt und sich mit dem Gedanken versöhnt, dass jeder Mensch Gut und Böse in sich vereint.
    Sie fasste nach unten, betätigte den Lichtschalter, und plötzlich war der Raum ins Licht der Stehlampe getaucht. Sie ging auf die Toilette, pinkelte, betätigte die Spülung und kroch wieder unter die Decke. Sie streckte die Hand aus, drückte auf den Schalter. Dunkel.
    Sie drückte wieder auf den Schalter. Hell.
    Noch einmal. Dunkel.
    Natürlich.
    Ja, natürlich.

53. KAPITEL
    Jörgen Petersson hatte eine richtige Kaschemme entdeckt.
    »Drei Bier für einen

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