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Enthüllung

Enthüllung

Titel: Enthüllung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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Problem werden würde.

    S anders saß an seinem Schreibtisch und starrte gedanke n verloren vor sich hin. Er versuchte, seine Erinnerungen an eine hübsche junge Vertreterin in Silicon Valley diesem neuen Bild von einer Führungskraft anzugleichen, die mehrere Abteilungen leiten und die komplexen Grundlagen dafür schaffen sollte, eine Firmenabteilung als eigenes Unternehmen an die Börse zu bringen. Seine Gedanken wurden jedoch immer wieder von aufblitzenden privaten Erinnerungen unterbrochen: Meredith, lächelnd, in einem seiner Hemden, darunter nackt. Ein geöf f neter Koffer auf dem Bett. Weiße Strümpfe und ein weißer Strapsgürtel. Eine Schüssel Popcorn auf der blauen Couch im Wohnzimmer. Der Fernseher mit abgedrehtem Ton. Und aus irgendeinem Grund sah er immer wieder eine Blume vor sich, eine violette Iris aus gefärbtem Glas, eines dieser abgedr o schenen nordkalifornischen Hippie-Erkennungszeichen. Sa n ders wußte, woher diese Erinnerung stammte: Die Blume war auf dem Glaseinsatz der Tür zu seiner damaligen Wohnung in Sunnyvale zu sehen gewesen. Damals, als er mit Meredith befreundet war. Er konnte sich nicht erklären, warum er jetzt dauernd daran denken mußte, und er –»Tom?«
    Er hob den Blick. Cindy stand in der Tür. Sie wirkte sehr nervös.
    »Möchten Sie Kaffee, Tom?«
    »Nein, danke.«
    »Don Cherry hat noch mal angerufen, während Phil bei Ihnen war. Er möchte, daß Sie zu ihm kommen und sich den Korridor ansehen.«
    »Gibt es Probleme?«
    »Ich weiß nicht. Er klang sehr aufgeregt. Wollen Sie ihn zurückrufen?«
    »Nein. Ich gehe gleich mal runter und rede mit ihm.«
    Cindy blieb an der Tür stehen. »Möchten Sie einen Bagel? Haben Sie schon gefrühstückt?«
    »Ich brauche nichts.«
    »Bestimmt nicht?«
    »Nein, ich brauche nichts, Cindy. Wirklich nicht.«
    Sie ging. Als er sich umdrehte, sah er auf dem Bildschirm das Symbol für seine E-Mail blinken, aber seine Gedanken kreisten noch immer um Meredith Johnson. Er hatte insgesamt etwa sechs Monate mit ihr zusammengelebt. Eine Zeitlang war es eine ziemlich intensive Beziehung gewesen. Und trotzdem – obwohl immer wieder einzelne, sehr deutliche Bilder in ihm auftauchten, merkte er, daß seine Erinnerungen an diese Zeit im großen und ganzen erstaunlich blaß waren. Hatte er wirklich ein halbes Jahr lang mit Meredith zusammengelebt? Wann genau hatten sie sich kennengelernt, und wann war es zur Trennung gekommen? Sanders stellte zu seiner großen Überraschung fest, daß es ihm überaus schwerfiel, die zeitliche Abfolge zu reko n struieren. Um mehr Klarheit zu gewinnen, dachte er an andere Aspekte seines Lebens zurück: Welche berufliche Position hatte er damals gehabt? War er noch im Marketing tätig gewesen oder bereits in den technischen Bereich übergewechselt? Mit S i cherheit konnte er es nicht sagen; er würde es in den Akten nachlesen müssen. Blackburn fiel ihm wieder ein. Der hatte genau zu der Zeit seine Frau verlassen und war in Sanders’ Wohnung gezogen, als dieser mit Meredith zusammenlebte. Oder doch nicht? War es vielleicht doch erst später gewesen, als die Beziehung bereits zu Ende ging? Möglicherweise war Phil auch erst später zu ihm gezogen, etwa zu der Zeit, als Tom Susan kennenlernte. Aber auch das wußte Sanders nicht mit Sicherheit zu sagen. Er drückte auf den Knopf der Sprechanlage. »Cindy? Ich möchte Sie mal etwas fragen.«
    »Was denn, Tom?«
    »Wir haben jetzt die zweite Juniwoche. Was haben Sie in der zweiten Juniwoche vor zehn Jahren gemacht?«
    Sie zögerte nicht eine Sekunde. »Das ist einfach: Da war ich gerade mit dem College fertig.«
    Das stimmte garantiert. »Okay«, sagte Sanders. »Dann ne h men wir jetzt mal den Juni vor neun Jahren.«
    »Vor neun Jahren?« Plötzlich klang sie ziemlich zögerlich, weit weniger sicher als zuvor. »Puh! Also, im Juni … vor neun Jahren? Juni … Äh … Ich glaube, da war ich mit meinem Freund in Europa.«
    »Aber nicht mit Ihrem jetzigen Freund, oder? Nicht daß ich neugierig sei will …«
    »Nein … Der Typ damals war ein echter Idiot.«
    »Wie lange dauerte es?« fragte Sanders.
    »Einen Monat waren wir drüben.«
    »Die Beziehung, meine ich.«
    »Mit dem? Also, warten Sie mal, wir machten Schluß … ja, genau, das muß im … äh … Dezember gewesen sein … Ich glaube, es war im Dezember, vielleicht auch erst im Januar, nach den Ferien … Warum wollen Sie das eigentlich wissen?«
    »Ich versuche nur, etwas herauszubekommen«, antwortete Sanders. Die

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