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Enthüllung

Enthüllung

Titel: Enthüllung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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Zitronengeruch eines Reinigungsmittels lag in der Luft. Die meisten der Programmierer saßen auf dem Boden und arbeiteten an auseinandermontierten Geräten. Inmitten eines bunten Kabelgewirrs lagen die VIE-Geräte in einzelnen Teilen herum, selbst die schwarzen, runden Laufflächen hatte man auseinandermontiert, um die Lager für die Gummikugeln einzeln reinigen zu können. Von der Decke hängende Kabel führten zu den Laser-Scannern, deren elektronische Bauteile offen sichtbar waren. Alle Anwesenden schienen gleichzeitig zu sprechen. Und in der Mitte des Raums stand wie ein jugendl i cher Buddha, in einem stahlblauen T-Shirt mit dem Aufdruck »SCHEISSREALITÄT«, Don Cherry, der Leiter der Pr o grammierabteilung. Er war 22 Jahre alt, galt allgemein als unersetzlich, und war berüchtigt für seine unverschämte Art.
    Als er Sanders kommen sah, schrie er: »Raus! Raus, ve r dammtes Management! Sofort raus hier!«
    »Wieso denn?« fragte Sanders. »Ich dachte, du wolltest mich sprechen.«
    »Zu spät! Du hattest deine Chance – jetzt ist sie vorüber.«
    Einen Moment lang dachte Sanders, Cherry meinte die B e förderung, die ihm entgangen war. Aber Cherry war von allen DigiCom-Abteilungsleitern mit Abstand der unpolitischste, und als er Sanders entgegenging, wobei er über einige seiner auf dem Boden liegenden Programmierer steigen mußte, grinste er auch schon. »Tut mir leid, Tom, du kommst zu spät. Wir sind schon bei der Feineinstellung.«
    »Bei der Feineinstellung? Sieht eher aus wie der Nullpunkt. Was stinkt hier eigentlich so widerlich?«
    »Ich weiß.« Cherry hob in komischer Verzweiflung die Hände. »Ständig sage ich den Jungs, sie sollen sich täglich waschen, aber du riechst es ja selbst … sind eben Progra m mierer. Wie die Hunde …«
    »Cindy sagte, du hättest mehrmals angerufen.«
    »Stimmt. Der Korridor war funktionstüchtig und lief, und ich wollte, daß du ihn dir mal ansiehst. Ist aber nicht so wichtig.«
    Sanders ließ den Blick über die im ganzen Raum verstreuten Teile schweifen. »Er war funktionstüchtig ?«
    » Das war früher. Dies hier ist jetzt. Jetzt sind wir bei der Feinabstimmung.« Cherry machte eine Kopfbewegung zu den Programmierern, die sich an den Laufwerken zu schaffen machten. »Endlich haben wir den Defekt in der Hauptplatine beheben können, gestern gegen Mitternacht. Die Bildwiede r holungsrate hat sich verdoppelt. Jetzt läuft das System wie am Schnürchen, und deshalb müssen wir die Lauffläche und die Servos auf die neue Reaktionszeit einstellen. Ist ein mechan i sches Problem«, fügte er verächtlich hinzu. »Aber wir kümmern uns trotzdem darum.«
    Die Programmierer waren immer sauer, wenn sie es mit m e chanischen Defekten zu tun hatten. Sie lebten fast ausschließlich in einer abstrakten Computercodewelt und betrachteten jede physikalische Maschinerie als unter ihrer Würde.
    »Wo genau liegt denn das Problem?« wollte Sanders wissen.
    »Also, paß auf! Das da ist unsere neueste Implementierung. Der Benutzer trägt diesen Helm und einen Datenhandschuh.« Cherry deutete auf eine Art dicke, silbrig beschichtete Sonne n brille und auf einen daneben liegenden schwarzen Stoffhan d schuh. »Und er steigt auf diese Lauffläche hier.«
    Die Lauffläche gehörte zu Cherrys jüngsten Innovationen. Sie war ungefähr so groß wie ein kleines rundes Trampolin, bestand an der Oberfläche aus dicht nebeneinanderliegenden Gumm i kugeln und funktionierte wie ein in alle Richtungen bewegliches Tretwerk. Auf den Kugeln konnte sich der Benutzer frei bewegen.
    »Wenn der Benutzer auf der Lauffläche steht«, erklärte Cherry, »wählt er sich in eine Datenbank. Daraufhin nimmt der Computer dort drüben« – Cherry deutete auf mehrere in einer Ecke aufeinandergestapelte Kästen – »die von der Datenbank kommende Information auf und konstruiert einen virtuellen Raum, der innen auf die Brille projiziert wird. Während der Benutzer auf der Unterlage umhergeht, verändert sich die Projektion, so daß er den Eindruck hat, durch einen auf beiden Seiten von Datenschubladen gesäumten Korridor zu gehen. Der Benutzer kann stehenbleiben, wo er will, mit seinem Handschuh irgendeine Schublade öffnen und sich die Daten ansehen. Eine völlig realistische Simulation.«
    »Für wie viele Benutzer?«
    »Im Augenblick schafft das System fünf Benutzer gleichze i tig.«
    »Und wie sieht der Korridor aus?« fragte Sanders. »Drah t gittermodelle?« In den früheren Versionen hatte der Korridor aus

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