Enthüllung
einem primitiven schwarzweißen Gestänge bestanden. Je weniger Linien es gab, um so schneller konnte der Computer sie aufbauen.
»Drahtgittermodelle?« Cherry rümpfte die Nase. »Ich bitte dich! Die haben wir doch schon vor zwei Wochen rausg e schmissen. Ich spreche von 3-D-Oberflächen, voll ausmodelliert in 24-Bit-Farbtiefe mit spektakulären Möglichkeiten der Oberflächengestaltung. Wir rendern hier sphärisch geformte Oberflächen ohne Ecken und Kanten. Sieht total echt aus!«
»Und wozu die Laser-Scanner? Ich dachte, die Position wird mit Infrarot bestimmt.« Über der Brille waren Infrarotsensoren angebracht, damit das System herausfinden konnte, wohin der Benutzer gerade blickte, und das projizierte Bild auf der Innenseite des Helms so einstellte, daß es mit der Blickrichtung übereinstimmte.
»Das ist nach wie vor der Fall«, erklärte Cherry. »Die Scanner sorgen für die Körperdarstellung.«
»Körperdarstellung?«
»Ja. Wenn du jetzt zusammen mit anderen den Korridor hi n untergehst, kannst du dich umdrehen und sie mit Hilfe deines Helms ansehen und auch wirklich sehen . Die Scanner prod u zieren nämlich ein dreidimensionales Ech t zeit-Oberflächenmuster. Sie tasten den Körper und den G e sichtsausdruck ab und zeichnen das virtuelle Gesicht des virtuellen Menschen, der neben dir im virtuellen Raum steht. Die Augen dieser Person kann man natürlich nicht sehen, die sind ja hinter der Brille versteckt. Aber das System entnimmt dem gespeicherten Oberflächenmuster einfach ein Gesicht. Ziemlich raffiniert, was?«
»Soll das heißen, daß man die anderen Benutzer sehen kann?«
»Genau. Du kannst das Gesicht sehen, sogar den Gesicht s ausdruck. Und das ist noch nicht alles. Auch wenn andere Benutzer im System keinen Spezialhelm tragen, kannst du sie sehen. Das Programm identifiziert jeden anderen Benutzer, entnimmt der Personalakte sein Foto und heftet es auf ein virtuelles Körperbild. Wirkt bißchen improvisiert, aber gar nicht schlecht.« Cherry fuchtelte mit der Hand in der Luft herum. »Und das ist immer noch nicht alles. Wir haben obendrein eine virtuelle Hilfe eingebaut.«
»Virtuelle Hilfe?«
»Klar, Anwender brauchen immer Online-Hilfe. Deshalb haben wir einen Engel kreiert, der einem hilft. Er schwebt neben dem Benutzer her und beantwortet alle Fragen.« Cherry grinste übers ganze Gesicht. »Zuerst sollte es eine blaue Fee werden, aber wir wollten niemandem zu nahe treten.«
Sanders sah sich nachdenklich im Raum um. Cherry erzählte ihm von seinen Erfolgen, aber hier war noch etwas anderes im Gange – die Anspannung, die hektische Betriebsamkeit, mit der die Menschen hier arbeiteten, war nicht zu übersehen.
»He, Don«, rief einer der Programmierer. »Wie hoch soll die Z-Bildwiederholungsrate sein?«
»Über fünf«, rief Cherry zurück.
»Ich habe sie jetzt bei vier-drei.«
»Vier-drei ist Scheiße. Bring sie auf fünf, oder du wirst g e feuert.« Er wandte sich wieder Sanders zu. »Ständig muß man die Truppe anfeuern.«
Sanders sah Cherry in die Augen. »Also, wo liegt das eigen t liche Problem?«
Cherry zuckte mit den Achseln. »Es gibt keines. Ich hab’s dir ja schon gesagt: Wir sind bei der Feinabstimmung.«
»Don!«
Cherry seufzte. »Also, beim Erhöhen der Bildwiederh o lungsrate haben wir das Grafik-Modul ruiniert. Der Raum wird ja von der Box in Echtzeit aufgebaut. Bei einer schnelleren Bildwiederholung von den Sensoren her müssen wir die Objekte sehr viel schneller berechnen, sonst hat man den Eindruck, der Raum bleibe hinter einem zurück. Das ist dann, ab ob man besoffen wäre. Wenn man den Kopf dreht, folgt der Raum sozusagen immer ein Stück hinter einem her.«
»Ja, und?«
»Dann muß der Benutzer kotzen.«
Sanders stieß einen Seufzer aus. »Super.«
»Wir mußten die Laufflächen auseinandernehmen, weil Teddy alles vollgereihert hat.«
»Wirklich super, Don.«
»Was hast du denn? Ist doch keine große Sache. Wird schon wieder sauber.« Aber dann schüttelte er den Kopf. »Wäre mir allerdings wesentlich lieber gewesen, wenn Teddy zum Frü h stück keine huevos rancheros gegessen hätte. Das war wirklich ungünstig. Überall winzige Tortillastückchen im Getriebe …«
»Du weißt, daß der Korridor morgen den Conley-White-Leuten vorgeführt werden soll.«
»Kein Problem. Dann ist längst alles fertig.«
»Don, es darf nicht dazu kommen, daß einer von der G e schäftsleitung dabei erbrechen muß!«
»Vertrau mir«, sagte Cherry. »Es wird
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