Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enthuellungen eines Familienvaters

Enthuellungen eines Familienvaters

Titel: Enthuellungen eines Familienvaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
Vom Netzwerk:
sind. Ich werde Sie in die Lokalredaktion versetzen“, schloß der Direktor. „Sie haben Verstand, und es wird Ihnen nicht schwerfallen, kleine Artikel über Straßenereignisse, Diebstähle, Feierlichkeiten zu schreiben.“
    Nun widmete sich Herr Cesare mit Enthusiasmus dem lokalen Teil. Am nächsten Abend brachte er mindestens zehn Zettel mit unbedeutenden Vorfällen, kleinen Unglücksfällen, Hühnerdiebstählen in die Setzerei. Einen Tag später beglückwünschte ihn der Direktor für den ausführlichen Bericht über einen Käsediebstahl, der noch durch eine Körperverletzung und eine beginnende Überschwemmung bereichert war. Zehn Tage ging die Sache vortrefflich: die lokale Seite war der interessanteste und abenteuerlichste Teil der Zeitung geworden. Am elften Tag rief der Direktor Herrn Cesare in sein Arbeitszimmer. „Entschuldigen Sie meine Indiskretion“, begann er, „aber Sie müssen doch vom Morgen bis zum Abend verdammt dahinter her sein, um so viel Material für die Berichterstattung aufzutreiben!“
    „Warum? Die Sache ist ganz einfach: ein paar Stunden am Schreibtisch, und fünfzehn Blätter sind beschrieben.“
    „Sie gehen also bei Ihren lokalen Artikeln nicht von der Wirklichkeit aus?“
    „Ich werde mich hüten! Nur ganz wenige Schriftsteller, die von der Wirklichkeit ausgehen, haben Werke von künstlerischem Wert hervorgebracht. Ich arbeite nur mit der Phantasie.“
    „Das habe ich vermutet“, sagte der Direktor. Dann erklärte er, daß bei der Lokalberichterstattung das traditionelle System vorzuziehen sei: einen Diebstahl, einen Überfall, einen Zusammenstoß nur dann zu schildern, wenn er wirklich vorgefallen ist, besonders wenn, wie bei Herrn Cesare, die Namen von wirklich existierenden Personen genannt wurden.
    „Die Berichterstattung liegt Ihnen auch nicht“, schloß der Direktor. „Von nun an sind Sie Chefredakteur und werden sich mit dem politischen und literarischen Teil befassen, mit den Lokalereignissen nur insofern, als Sie die Berichte anordnen. Sie sollen aus den Beiträgen der einzelnen Redakteure ein organisches und harmonisches Ganzes machen.“
    Das interessierte Herrn Cesare ganz besonders. Er hatte nun vier Redakteure, einen Korrektor und einige dreißig Korrespondenten unter sich, hielt ihnen eine Ansprache und machte sie mit den Direktiven bekannt.
    Hierauf beschloß er, die Schlagzeilen abzuschaffen.
    Die Schlagzeile ist dekorativ, aber gefährlich. Sie nimmt die Überraschung vorweg und zeigt, daß man in sieben Worten all das ausdrücken kann, was weiter unten mit zweihundert gesagt ist. Welche Kunst also! Herr Cesare führte darum Überschriften allgemeinen Charakters ein: „Kreuz und quer durch die Welt“ — „Kreuz und quer durch Italien“ — „Kreuz und quer durch die Stadt“ — „Kreuz und quer durch die Provinz“ — „Kreuz und quer durch das Reich des Films“, und trennte die einzelnen Nachrichten durch einfache Sternchen.
    Tags darauf rief ihn der Herr Direktor und sagte sanft: „Sie werden sicherlich lebhaft überrascht sein, wenn Sie die heutige Nummer durchblättern. Die Anordnung ist vollständig anders, als sie gestern abend von Ihnen vorgesehen wurde. Die Sache ist nämlich die, daß ich kurz vor Redaktionsschluß von der aufgeregten Stimme des Chefreporters telephonisch in die Setzerei gerufen wurde und es für opportun hielt, die Zeitung noch in der bei allen Tageszeitungen der Welt üblichen Aufmachung herauszubringen. Zusammenfassend gestatte ich mir, Ihnen zu sagen: Teurer Herr Cesare, angesichts der Tatsache, daß Sie als Korrektor nicht funktioniert haben, habe ich Sie zum Lokalberichterstatter gemacht; angesichts der Tatsache, daß es mit der Berichterstattung nicht ging, habe ich Sie zum Chefredakteur befördert; in Anbetracht dessen, daß Sie nicht einmal als Chefredakteur zu brauchen sind, sehe ich mich jedoch vor die schmerzliche Alternative gestellt, Sie entweder zu entlassen oder Ihnen meinen Posten als Direktor zu geben.“
    Mit edlem Pathos rief Herr Cesare aus: „Das würde ich nicht annnehmen; ich gehe!“
    Doch der Direktor, ein Mann von außerordentlicher Korrektheit, entließ Herrn Cesare nicht und gab ihm auch nicht seinen Posten. Er fand einen brillanten Ausweg: er verkaufte die Zeitung an die Konkurrenz und zog sich aufs Land zurück.
    Ich will nicht Chefredakteur werden, ich will die Zeitung nicht ruinieren. Ich habe geschworen, die verdammten Druckfehler aufzustöbern. Gestern, endlich, als ich Margherita

Weitere Kostenlose Bücher