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Entscheide dich, sagt die Liebe

Entscheide dich, sagt die Liebe

Titel: Entscheide dich, sagt die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siri Goldberg
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gedrückt.«
    Daniele staunte. »Warum? Was ist geschehen?«
    Paolo atmete laut und druckste herum. Dann seufzte er auf und legte los. Ohne Punkt und Komma beichtete er, was er auf dem Herzen hatte.
    Danieles Hand, die das Handy hielt, wurde eiskalt. Sein Herz pumpte los, als ginge es um ein Wettrennen. In seinen Ohren rauschte das Blut. Oder war das nur der Regen? Dem Herzrasen zum Trotz schien sich sein Denken verlangsamt zu haben. Er verstand nicht, hörte sich aber hin und wieder »Ja« sagen. Dann verstand er doch, konnte aber nicht glauben, was er gehört hatte. »Ist das wahr?«, fragte er, als Paolo endlich eine Pause einlegte.
    Paolo antwortete nicht.
    Stattdessen vernahm Daniele plötzlich Madisons Stimme. »Sie spielt heute in der Casa del Jazz. Am besten gehst du gleich hin. Zufällig weiß ich nämlich, dass Clara …«
    Was Madison wusste, erfuhr er nicht mehr. Seine Hand versagte vor Schreck oder vor Kälte ihren Dienst und ließ das Handy fallen, das im knöchelhohen Wasser versank.
    »Porcheria!« Er bückte sich, um danach zu tasten.
    Franca lachte auf. »Das kannst du bleiben lassen. Das ist jetzt ohnehin hinüber.« Dann sah sie sein Gesicht und erschrak. »Was ist passiert? Schlechte Nachrichten?«
    »Casa del Jazz«, murmelte er nur. »Ich muss in die Casa del Jazz. «
    »Kenne ich.« Franca hakte sich bei ihm unter. »Gute Idee, die haben bestimmt ein trockenes Plätzchen für uns. Vielleicht sogar Livemusik.«
    Daniele warf ihr einen Seitenblick zu. Er hatte überhaupt keine Lust, sie mitzunehmen. »Vorher muss ich aber unbedingt nach Hause.«
    »Was willst du da? Dich schick machen?« Sie zwinkerte herausfordernd.
    Seine Hoffnung, sie loszuwerden, schwand. »Etwas Wichtiges holen.«
    »Dann sollten wir uns beeilen, bevor wir noch erfrieren.«
    Daniele stöhnte auf. Es war Francas letzter Abend, bevor sie wieder nach Bologna fuhr. Er würde sie wohl oder übel mitschleppen müssen.
     
    Clara ließ die Schlussakkorde der Jazzballade verhallen und legte eine kleine Pause ein. Sie drehte sich um und verschaffte sich einen Überblick. Normalerweise war das Café um diese Uhrzeit proppevoll. Heute hatten sich – vermutlich wegen des Hochwassers – nur sehr wenige Leute hierher verirrt. Es waren Stammgäste, die teils wegen Annas fabelhafter Küche kamen und teils wegen der Musik. Obwohl Clara in Sachen Jazz noch viel lernen musste, hatte sie sich in den vergangenen Monaten bereits ins Herz einiger Leute gespielt, und es gab Fans, die keinen ihrer Abende ausließen. Manchmal schneiten auch Musikstudenten herein, die ihre Instrumente mitbrachten und die eine oder andere Nummer mit ihr spielten. Nicht alle waren gleich gut, aber Vincenzo mochte junge Leute und wies keinen Nachwuchsmusiker ab. Ab und zu griff er sogar selbst zur Violine.
    Auch heute ließ er sich nicht lange bitten, als eine zierliche Frau mit weinrotem Bubikopf ihn um eine Kostprobe bat. Sie kam fast täglich her, und Clara war sich sicher, dass sie in Vincenzo verliebt war. Der beachtete seine Verehrerin jedoch nie. Zumindest würde er heute für sie geigen.
    Als eingeschworener Paolo-Conte-Fan spielte er seine drei Lieblingsstücke des italienischen Altmeisters : Azzurro, Sotto le stelle del Jazz und Via con me. Vincenzo war bei Weitem kein Virtuose, aber er verfügte über einen warmen Ton, und wenn er in Stimmung war, ließ er seine Geige singen wie einst der alte Stéphane Grappelli.
    Clara war dankbar für die Abwechslung. Und Paolo Contes Musik gelang es sogar, ihre düsteren Gedanken von vorhin mit Chips-chips und Ta-di-du-di-du-cibum-cibumbum zu verscheuchen.
    Die rote Dame klatschte sich die Finger wund.
    Nachdem Vincenzo seine Geige weggepackt hatte, zahlte seine stille Verehrerin und brach auf. Auch die übrigen Gäste machten sich nach und nach auf den Heimweg.
    Als Andrea nach Hause gegangen war, schloss Vincenzo hinter ihm die Tür ab. Das übliche Ritual nahm seinen Lauf: Er spendierte Clara eine ombra als Gute-Nacht-Trunk. Sie bedankte sich dafür mit einem klassischen Stück, diesmal mit Beethovens Mondscheinsonate. Es war so still im Café, man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Clara begann, einen flauschigen Klangteppich in cis-Moll zu legen. Sie musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass Vincenzo und seine Mutter andächtig lauschten.
    Plötzlich gab es eine Störung. Die Pianissimo-Dreiklangszerlegungen wurden von einem Klopfen an der Eingangstür unterbrochen. Dreimal leise, dann

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