Entscheidung in Cornwall
meinte Julie. »Du wolltest dich doch für ein paar Monate dahin zurückziehen, weißt du noch?«
»Ja.« Lächelnd schüttelte Ramona den Kopf. »Ich wollte schreiben und das einfache Leben genießen, nicht wahr? Wollte mich für eine Weile aus der Glitzer- und Glamourwelt zurückziehen und in den Wäldern leben.« Sie lächelte stärker, als sie sich die Unterhaltung vergegenwärtigte, die sie und Julie damals geführt hatten. »Du hast gesagt, dein Interesse am Landleben beschränke sich auf einen deftigen Bauernschmaus am Swimmingpool.«
Julie zog die Brauen hoch. »Ich habe es mir anders überlegt. Ich gehe mir Wanderkleidung und -schuhe kaufen.«
Waynes Antwort war ein zweifelndes: »Hm …«
»Du bist lieb«, sagte Ramona zu Julie und küsste sie auf die Wange, »aber das brauchst du nicht. Ich muss irgendetwas tun, das meine ganze Energie beansprucht, das mich körperlich fordert. Ich will mit Henderson über eine Australien-Tournee sprechen. Meine Platten gehen dort sehr gut.«
»Wenn du mal mit Brian reden würdest …«, begann Julie, aber Ramona schnitt ihr das Wort ab.
»Ich habe versucht ihn zu erreichen, er ist nicht da.« Die Feststellung hatte etwas Endgültiges an sich. »Offenbar will er nicht mit mir sprechen. Und ich kann ihm das nicht mal übel nehmen.«
»Er liebt dich«, sagte Wayne hinter ihr. Ramona drehte sich um. »Ein paar tausend Leute sahen bei deinem Konzert in New York, wie es zwischen euch knisterte.«
»Ja, er liebt mich, und ich liebe ihn, aber das scheint nicht genug zu sein, und ich kann nicht begreifen, warum nicht. Nein, bitte!« Sie nahm seine Hand und drückte sie. »Ich muss mich eine Weile ablenken. Ich habe nämlich das Gefühl, bei einem wunderschönen Picknick von einem Erdrutsch überrascht worden zu sein. Ich könnte mal ein paar gute Neuigkeiten brauchen«, fügte sie hinzu und sah Julie und Wayne nacheinander eindringlich an. »Falls ihr es je übers Herz bringt, mich ins Vertrauen zu ziehen.« Lächelnd beobachtete Ramona die Blicke, die die beiden tauschten. »Ich habe, wie mir scheint, auch ein paar Funken fliegen sehen. Ist das nicht ein bisschen plötzlich gekommen?«
»Sehr plötzlich«, stimmte Wayne zu und lächelte Julie über Ramonas Kopf hinweg an. »Es dauert erst ungefähr sechs Jahre.«
»Sechs Jahre!«, rief Ramona überrascht.
»Ich hatte keine Lust, einer von Julies unzähligen Verehrern zu sein«, sagte Wayne milde und zündete sich eine Zigarette an.
»Und ich dachte immer, er sei in dich verliebt«, erklärte Julie und ließ ihren Blick von Ramona zu Wayne schweifen.
»In mich?« Zum ersten Mal seit Tagen lachte Ramona spontan auf.
»Ich begreife nicht, was daran so komisch ist.« Wayne tat gekränkt. »Mich finden viele Frauen und Mädchen sehr attraktiv.«
»Aber das bist du ja auch«, sagte Ramona und küsste ihn auf die Wange. »Wahnsinnig attraktiv sogar. Aber ich kann mir nicht vorstellen, wie jemand sich einbilden kann, du seist in mich verliebt. Du warst doch ständig mit diesen beängstigend schönen Models mit langen Beinen zusammen, deren Gesichter von einem Bildhauer modelliert zu sein scheinen.«
»Ich glaube, darüber breiten wir im Moment am besten den Mantel des Schweigens«, antwortete Wayne.
»Schon gut, schon gut.« Julie lächelte lieb und schob sich das Haar hinter die Ohren. »Ich habe keine Probleme mit Waynes bewegter Vergangenheit.«
»Und wann ist das alles passiert?«, mischte Ramona sich belustigt ein. »Kaum kehre ich euch für ein paar Wochen den Rücken, muss ich feststellen, dass meine beiden besten Freunde sich gegenseitig anhimmeln wie Teenager.«
»Ich habe noch nie jemanden angehimmelt«, protestierte Wayne entsetzt. »Leidenschaftlich glühende Blicke zugeworfen … vielleicht.« Er zog die Braue mit der Narbe hoch, die ihn – wie er hoffte – ruchlos und verwegen aussehen ließ.
»Wann ist es passiert?«, fragte Ramona.
»Ich sah am ersten Morgen meiner Mittelmeerkreuzfahrt arglos aus meinem Deckstuhl auf«, erwiderte Julie, »und wer, glaubst du, kam in einem perfekt sitzenden weißen Anzug auf mich zugeschlendert?«
»Ach, wirklich?« Ramona schaute Wayne zweifelnd an. »Ich weiß nicht, ob ich überrascht oder beeindruckt sein soll.«
»Die Gelegenheit schien mir günstig«, erklärte er und schnippte die Zigarettenasche in eine in der Nähe stehende Schüssel. »Natürlich musste ich ihrer habhaft werden, bevor sie einen Schiffsreeder oder einen hübschen Seemann
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