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Entscheidung in Gretna Green

Entscheidung in Gretna Green

Titel: Entscheidung in Gretna Green Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DEBORAH HALE
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geben, ohne aufzurechnen, verdienen beide eine Belohnung.“
    Vorsichtig überwand sie den Abstand und legte ihre kühle Hand auf seinen warmen Handrücken. „Kannst du mir je verzeihen, Thorn?“
    „Bittest du mich darum?“
    „Ich flehe darum.“
    Er umfing ihre Finger, bevor sie ihre Hand zurückziehen konnte. „Das hast du nicht nötig. Ich glaube, den Grund für deine zornigen Beschuldigungen zu kennen. Plötzlich sind alle Schmerzen deiner Kindheit wieder aufgebrochen und die Kränkungen, die du später von deinem Ehemann und seiner Mutter erdulden musstest, habe ich recht?“
    „Mag sein. Das ist aber keine Entschuldigung für meinen Jähzorn.“ Felicity hob das Kinn. Sie sehnte sich nach seiner Vergebung, lehnte aber jede Form von Mitleid ab.
    „Du warst immer aufrichtig und gütig zu mir. Dich mit diesen Menschen zu vergleichen, dich auf eine Stufe mit ihnen zu stellen, ist unverzeihlich. Umso mehr, da ich weiß, wie viel dir deine Ehre bedeutet. Dich um Verzeihung zu bitten, scheint mir nicht genug zu sein.“
    Bevor Hawthorn antworten konnte, redete sie hastig weiter, als ängstige sie sich vor seiner Antwort. „Ich weiß nicht, was ich mehr bereue – dir so schrecklich Unrecht getan zu haben oder dass ich deinen Rat verworfen habe, meine Entscheidung noch einmal zu überdenken. Erst als ich auf der langen Fahrt wieder zu mir kam und klar denken konnte, wurde mir mein törichtes und blindwütiges Verhalten bewusst.“
    Und diese bittere Einsicht hatte sie krank gemacht.
    Er brachte es nicht übers Herz, sie der Qual ihrer Selbstanklagen auszusetzen, ohne sie zu beschwichtigen.
    „Ich gestehe, deine Anschuldigungen haben mich tief getroffen.“ Er nahm ihre Hand zwischen seine beiden Hände. „Ich wäre untröstlich, wenn du mich tatsächlich für fähig halten würdest, dich so schändlich zu hintergehen …“
    „Das tue ich nicht!“ Felicity machte Anstalten aufzustehen und streckte die Beine aus dem Bett. „All die verwickelten Umstände ergaben nur plötzlich einen Sinn wie die Handlung in einem schlechten Theaterstück.“
    Sie schüttelte den Kopf. „Aber als ich versuchte, dir die Rolle des Bösewichts zuzuschreiben, passte nichts mehr zusammen.“
    „Ich weiß“, sagte Hawthorn nachdenklich. „Und ich weiß auch, dass dein Vermögen mir nichts bedeutet außer Ärger und Belastung. Ich will mit dir leben, nicht mit deinem Besitz. Nur das zählt. Und das ist der Grund, warum ich dir verzeihen kann.“
    Er war sich nicht sicher, was er von ihr erwartete. Ein paar Tränen vielleicht? Eine Umarmung wäre ihm willkommen gewesen. Aber sie blieb steif auf dem Bett sitzen und sah ihn unverwandt an, mit einem rätselhaften Blick, den er nicht deuten konnte.
    „Du … du willst mit mir leben?“ In ihrer Stimme lag eine scheue Verwunderung, die bebende Freude in seiner Brust aufkeimen ließ. „Immer noch?“
    Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel.
    „Selbstverständlich“, antwortete er gleichmütig, als beantworte er die Frage, ob der Himmel blau sei oder zwanzig Schilling ein Pfund ergäben.
    Für den Rest seines Lebens sollte Hawthorn sich an ihren spitzen Jubelschrei entsinnen, mit dem sie ihre Arme mit solcher Heftigkeit um seinen Hals schlang, dass beide auf dem Fußboden landeten.
    Es genügte nicht, seine Worte zuhören. Felicitywollteseine starken und verlässlichen Arme um sich spüren. Sie brauchte die vertraute Gewissheit seines Kusses, um glauben zu können, dass seine Gefühle für sie unverändert waren.
    All ihre Sinne warteten angstvoll auf ein Zeichen, das dieser Erklärung widersprechen würde.
    Auf dem Fußboden liegend, schlang er die Arme um sie und presste sie an sich. Seine Lippen fanden ihren Mund.
    Dieser Kuss war anders als alle Küsse zuvor. Felicity genoss diesen Unterschied – eine neue Zuversicht ließ sie erbeben und gab ihrer gequälten Seele zugleich Frieden.
    Er hatte ihr vergeben.
    Wie warmer Regen auf vertrocknete Erde traf das nie gekannte Glücksgefühl auf ihr durstiges Herz.
    Ihr Vater hatte ihr nie vergeben, kein Sohn zu sein. Percys Familie hatte ihr nie verziehen, dass sie keinen Stammhalter gebären konnte. Und sie ihrerseits war nie fähig gewesen, die Seitensprünge ihres Mannes zu vergeben – nicht dass er sie je darum gebeten hätte. Zum ersten Mal in ihrem Leben begegnete Felicity aufrichtiger Liebe und Verständnis.
    Auf dieser Reise nach Norden hatte Hawthorn immer wieder die hässlichen Seiten ihres Wesens zu spüren bekommen –

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