Entsetzliches Gleichmaß
bitter und sah erneut aus dem Fenster. »So oder so, er hat versagt.«
»Sind Sie sich da sicher?«
»Er hätte Ro und mich beinahe getötet.«
»Und verschonte doch Tenmei und Vaughn. Vielleicht versuchte er, gegen das anzugehen, was ihm angetan wurde. Vielleicht kämpft er noch immer.« Er schaute sie an und fuhr fort: »Gucken Sie nicht so überrascht. Ich mag nicht länger im aktiven Dienst sein, aber ich habe nach wie vor meine Quellen. Ich habe die Berichte über die Mission auf Harkoum gelesen. Tenmei ist eine patente Offizierin, aber ich hege keinen Zweifel daran, dass sie ihre Versuche, Taran’atar zu entkommen oder ihn zu überwältigen, nicht überlebt hätte, hätte er nicht mit aller Kraft gegen seinen Instinkt, sie zu töten, angekämpft. Gleiches gilt für Vaughn.«
»Und warum hat er versucht, mich umzubringen?« Versucht? Taran’atar
hatte
sie getötet. Auf Julians Operationstisch war ihr Herz stehen geblieben. Nur dank Bashirs Einsatzes war Kira wieder am Leben.
»Nerys, Sie sehen genauso aus wie die Frau, die ihn beherrscht. Haben Sie je daran gedacht, dass er Sie nicht angriff, weil er
Sie
töten wollte, sondern weil er weiß, dass er nicht mehr sein eigener Herr ist, und Ihr Gesicht mit dem assoziiert, was man ihm angetan hat?«
Mein Gesicht
… Für einen langen Moment starrte sie auf ihr Spiegelbild, und ihr
Pagh
war in Aufruhr. Ihre Fingerspitzen strichen über ihre Brust und fanden die Stelle, unter der das neue Herz schlug. Sie bildete sich ein, sie könne ihr regeneriertes Fleisch spüren, ihr zusammengeflicktes Brustbein. Sie dachte an Ro, die noch immer ihre Beine nicht bewegen konnte, weil der brutale Angriff ihre Wirbelsäule zertrümmert hatte.
Hatte Laren diese Verletzungen nur erlitten, weil sie Taran’atar im Weg stand, als er in seinem Wahn die Frau zu töten versuchte, die er fälschlich für seine Gegnerin hielt? Diejenige, die ihn zu ihrem Sklaven machte?
Kira fragte sich, wie sie sich verhalten würde, wenn er irgendwann wieder vor ihr stünde. Selbst wenn Sisko recht hatte – würde sie je über das hinwegsehen können, was geschehen war?
Kapitel 5
2361 Bajor, Dahkur-Provinz
Äste zerkratzten ihr das Gesicht, als Kira durch das Dickicht am Fuße des Hangs brach. Sie wusste, dass selbst ein blindes
Batos
mühelos der Spur aus abgerissenen Blättern, zerbrochenen Ästen und Stiefelabdrücken, die sie auf dem gefrorenen Boden hinterließ, folgen konnte. Sie würde den cardassianischen Truppen nicht mehr lange entkommen können.
Aber darum geht es ja auch, oder?
, dachte sie.
Deswegen nennt man es ja ein Ablenkungsmanöver
.
Mit ein wenig Glück hatten Furel und Lupaza die Chance genutzt, die sie ihnen verschafft hatte. Kira musste die Cardassianer nicht endlos beschäftigen, nur so lange, bis ihre Teammitglieder es zurück zu den Höhlen geschafft und den Rest von Shakaars Widerstandszelle gewarnt hatten.
Ihr Herz hämmerte, als wolle es aus ihrer Brust springen. Ihre schweren Atemzüge hallten wie Donner in ihren Ohren. Sie konnte ihre Verfolger nicht länger hören, und das war ein Problem.
Immer weiter rannte sie,
kämpfte
sich durch den Wald. Die dünnen Äste zerschnitten ihr die rechte Hand, die keine Waffe hielt. In der Linken hatte sie ihren Phaser. Ohne langsamer zu werden, richtete sie ihn hinter sich und feuerte vier Schüsse in die Richtung ab, aus der sie gekommen war. Dann hechtete sie hinter einen dicken Baumstamm und lauschte.
Cardassianisches Waffenfeuer antwortete ihr. Kira hörte fernes Rufen, gefolgt vom Lärm in Schutzkleidung gehüllter Soldaten, die durch den Wald polterten. Sie gestattete sich ein schwaches Grinsen und zog weiter.
Abermals durchschnitt feindlicher Beschuss die Luft und kam näher. Nach dem langen Winter, den sie nun schon wartend zwischen Dahkurs Hügeln ausgeharrt hatte, war Kira bestens mit dem Terrain vertraut. Sie änderte ihre Laufrichtung. Dicht vor ihr, wusste sie, kam eine Lichtung, links unter einem steilen Felsvorsprung. Falls sie es schnell genug dorthin schaffte, konnte sie sich vielleicht in höheres Gelände durchschlagen, bevor die Cardassianer zu ihr aufgeschlossen hatten. Und aus höherer Position ließen sie sich sicher hervorragend ausschalten, wenn sie aus dem Wald gerannt kamen.
Kiras Hand drohte, um den Phaser zu verkrampfen.
Komm schon, Nerys. Bleib locker. Sonst ist alles vorbei
. Sie zwang die Hand, sich zu entspannen – gerade genug, um den Schmerz abzuwehren. Als sie auf ihre Waffe blickte,
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