Entsorgt: Thriller (German Edition)
frischer Grind. Selbst die Krümel zwischen seinen Fingern fühlten sich wie Rost an, als er sie zerbröckelte.
Plötzlich wünschte er sich mehr als alles andere, dass es auch Rost war.
Aber das war es nicht.
Er verließ die Hütte, verriegelte sie, betrat das totenstille Haus durch die Hintertür und stieg die Treppe hinauf, um sich im Bad die Füße abzuschrubben. Erst als sie rotgescheuert waren und man keine Spuren der Substanz mehr sehen konnte, erst nachdem er auch den letzten Rest endgültig entfernt und die Wanne dreimal gründlich ausgewaschen hatte, gönnte er sich ein anständiges Bad.
Seine Knie lugten aus dem Wasser wie seltsame spitze Inseln. Dampf stieg von der Wasseroberfläche auf. Der Dunst umwaberte das bleiche, behaarte Atoll. Er versuchte, nicht darüber nachzudenken, was eben geschehen war. Alle Spuren waren beseitigt. Wenn er nur lange genug wartete, würde es ein Leichtes sein, sich selbst einzureden, dass er einem Trugbild aufgesessen war. Womöglich hatte er zu lange in den Mond gestarrt und sich alles, was danach geschah, einfach nur zusammenhalluziniert. Er begann seinem eigenen Urteilsvermögen zu misstrauen und war zutiefst dankbar für seine eigene Fehlbarkeit und seine unzuverlässige Wahrnehmung.
Erleichtert verschloss er die Augen vor den weiß glänzenden Knie-Eilanden und dem grellen Schein der Badezimmerlampe. Das Gefühl hielt nur einen kurzen Augenblick vor. Er riss die Augen auf. Er konnte das Offensichtliche nicht ignorieren.
Mutter Erde blutete.
Ich wäge meine Möglichkeiten ab.
Ich könnte mich die ganze Nacht in einem Zimmer verkriechen und meine Gesundheit wiederherstellen. Ich wäre dabei halbwegs in Sicherheit, würde damit aber wertvolle Zeit verschwenden, denn die Lage wird stetig brenzliger. Außerdem würde ich auf die Art riskieren, dass einer der fressgierigen Jäger meine Witterung aufnimmt. Mit einem oder zweien von ihnen könnte ich es aufnehmen. Aber wenn daraus drei oder vier würden, gäbe es keine Tür, die stark genug wäre, sie mir vom Leibe zu halten.
Meine einzige Chance besteht darin, alles auf eine Karte zu setzen, mein Katana auf die Straße hinauszutragen und darauf zu hoffen, es aus der Vorstadt heraus und bis hoch zur Fabrik zu schaffen. Es gibt Wege dorthin, da bin ich mir sicher. Einige würden vermutlich verlassen sein, selbst von den Eindringlingen. Aber die richtige Strecke zu finden, ist hauptsächlich Glückssache. Wenn ich in die falsche Gasse stolpern und durch einen Zaun in den falschen Garten stürzen würde, dann dürften meine Überlebenschancen nicht allzu hoch sein. Dann könnte mir auch mein Samuraischwert nicht mehr helfen. Nicht einmal mit den Fähigkeiten, die ich mir in den vergangenen drei Tagen mühsam angeeignet habe. Die Attacken der Eindringlinge folgen einem bestimmten Muster. Ich habe es genau studiert. Gegen einen oder sogar zwei auf einmal gibt mir das einen großen Vorteil. Aber ich schätze, dass ich im Kampf gegen eine größere Zahl von ihnen nicht lange überleben würde.
Bleibt eine letzte Möglichkeit, die allerdings bloß eines Feiglings würdig wäre: Ich könnte schleichen. Von Türschwelle zu Türschwelle kriechen, mich die Wände entlangdrücken und im Dunkel der engen Seitengassen bleiben. Ich könnte auf dem Bauch durch den Dreck robben. Ich käme zwar nur langsam vorwärts, und es würde mich völlig auslaugen. Aber es wäre sicherer, als erhobenen Hauptes von einem Blutbad zum nächsten zu marschieren und immer wieder aufs Neue mein Leben zu riskieren.
Während ich diese Optionen prüfe, lehne ich mit dem Rücken gegen eine Ziegelmauer, die die Außenwand eines Dreizimmerhauses bildet. Mir gegenüber befindet sich der hölzerne Zaun, der den Vorgarten vom Nachbargrundstück trennt. Überrascht stelle ich fest, dass ich keuche, mein Adrenalinspiegel steigt in Anbetracht dessen, was mir bevorsteht. Ganz egal, wofür ich mich entscheide: Schlaf werde ich heute Nacht keinen finden. Ich werde nicht eher rasten, bis meine Verletzungen mich dazu zwingen, ein Versteck aufzusuchen.
Ich gehe in die Hocke und krieche die Wand entlang Richtung Garten. Es ist unwahrscheinlich, dass dort hinten jemand ist. Ich kann nicht so weit sehen, aber meine Kopflampe könnte Aufmerksamkeit erregen. Also lege ich den Weg quasi blind zurück. Als ich das Ende der Mauer erreiche und gerade ansetze, um über den Rasen zum rückwärtigen Zaun zu sprinten, meine ich, links von mir, an der Hintertür des Hauses, eine
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