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Enwor 11 - Das elfte Buch

Enwor 11 - Das elfte Buch

Titel: Enwor 11 - Das elfte Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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versucht, warum es besser ist,
nicht
nachts allein durch einen Wald zu gehen.
    »Beginnen wir mit den Diggern«, sagte Skar leise, während er die Augen schloß, um die verschiedenen, ihn quälenden Bilder in den Hintergrund zu schieben. »Was genau sucht ihr so nah an der Grenze zum Quorrl-Gebiet?«
    »Was für eine Frage«, sagte Esanna, immer noch erschüttert. »Jedermann weiß doch, wer wir sind und was wir tun. Ganz Enwor kennt uns! Das kann doch nicht sein… es sei denn«, ihre Augen verdüsterten sich, als hätte sie einen furchtbaren Verdacht, »du kommst von jenseits des Eises.« Skar schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er. »Ich bin ein Bewohner Enwors wie du auch. Aber… ich komme aus einer sehr abgelegenen Gegend…«
    »Aus welcher Gegend?«, fragte Esanna misstrauisch.
    »Das tut nichts zur Sache«, wehrte Skar rasch ab. »Wir hatten schon sehr lange keine Besucher, waren vollständig von der Außenwelt abgeschnitten. Nimm einfach an, dass bei uns die Zeit stehen geblieben ist.« »Dann muss sie vor sehr, sehr langer Zeit stehen geblieben sein«, sagte Esanna und warf ihre langen, dunklen Haare zurück. »Seit nunmehr dreihundert langen Jahren suchen wir nach
Kaol,
und wenn wir zuerst auch nur wenige waren und verspottet wurden, so sind wir doch schon lange zu einer großen, mächtigen Bewegung geworden, die niemand auf Enwor noch zu ignorieren wagt!«
    Stolz schwang in ihrer Stimme mit und noch etwas anderes, so etwas wie religiöse Inbrunst. Aber nicht das war es, was Skar zusammenzucken ließ, sondern die Zeitangabe. »Dreihundert Jahre«, murmelte er fassungslos.
    »Ja.« Esanna ließ sich in die Hocke nieder und wärmte ihre Hände am Feuer; fast schien es Skar, als würde sie gegen die Versuchung ankämpfen mit einem schnellen Griff ins Feuer das Messer wieder in ihren Besitz zu bringen.
    Doch selbst wenn es ihr gelänge: Die glühend heiße Waffe würde ihr zu nichts nutze sein, ganz im Gegenteil, sie würde sich nur damit die Hände versengen. »Es war der Tod des
Großen Skar,
der die Welt veränderte, der uns Kaol schenkte und erst damit die Veränderung zum Guten und Reinen bewirkte…« Sie blinzelte leicht. »Aber ich nehme an, das weißt du alles«, fügte sie rasch hinzu.
    »Rede ruhig weiter«, sagte Skar, ohne auf ihre Frage einzugehen. »Was hat es mit diesem… mit Skar auf sich? Welche Rolle spielt er für euch Digger?«
    »Schon wieder so eine merkwürdige Frage«, seufzte Esanna. »Man könnte wirklich meinen, du wärst geradewegs aus der Tiefsee aufgestiegen. Vielleicht bist du ja gar kein Mensch, sondern ein Monster der Tiefe, das uns zur Prüfung geschickt wurde…« Es sollte wohl eine leicht dahingesagte Bemerkung sein, aber das Zittern in Esannas Stimme verriet, dass ihr nach allem anderen als nach Albernheiten zumute war.
    Skar war noch immer wie vor den Kopf geschlagen.
Der große Skar —
ob er nun wollte oder nicht, er musste begreifen lernen, dass die Menschen damit ihn meinten — oder doch zumindest das Bild, das sie sich über die Jahrhunderte von ihm gemacht hatten. Mit der Wirklichkeit, mit ihm selbst hatte das wohl kaum etwas zu tun. Aber das hatte es in solchen Fällen ja wohl nie; wann immer die Menschen jemanden als ihr Idol vereinnahmten, drängten sie sein tatsächliches Leben und Wirken immer weiter in den Hintergrund zurück und ersetzten es durch ein Wunschbild, an dem sie so lange änderten und feilten, bis es ihren eigenen Vorstellungen gerecht wurde, gleichgültig, welche Absichten und Motive den ursprünglichen Menschen getrieben hatten und gleichgültig, ob ihn das große Kotzen überkommen würde beim Anblick dessen, was man ihm alles andichtete — wenn er es zu seinen Lebzeiten denn überhaupt noch mitbekam.
    Dass jemand dreihundert Jahre nach seinem Tod auf die Welt zurückkehrte und erst dann sah, was man aus ihm gemacht hatte, war ja nicht gerade üblich.
Dreihundert Jahre!
Das war unglaublich. Bislang hatte es sich Skar immer noch irgendwie einzureden versucht, dass sein Tod vielleicht doch nicht so endgültig gewesen war, wie es ihm seine Erinnerung hatte vorgaukeln wollen, dass sein Gedächtnis trog, ihm vielleicht irgendwelche Lügengeschichten eingetrichtert worden waren, dass er vielleicht eine Weile im Koma gelegen hatte, ein paar Wochen, Monate oder vielleicht auch Jahre, dass er dann ohne Gedächtnis an Land gespült worden war, nur scheinbar wieder auferstanden, weil er auf irgendeine unbegreifliche Weise doch nicht wirklich

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