Enwor 2 - Die brennende Stadt
die Schamlosigkeit eines Men-
sehen war, der sich seines Körpers bewußt war und wußte, wie dumm und überflüssig Gefühle wie Scham und Prüderie im Grunde waren. Aber sie erreichte damit eher das Gegenteil.
Einer der drei Sumpfmänner half ihr, die Salbe gleichmäßig am ganzen Körper zu verreiben. Sie war gründlich, ließ keinen Quadratzentimeter aus und fettete selbst das Haar Strähne für Strähne mit der öligen Substanz ein. Als sie fertig war, zog sie sich ohne sonderliche Hast wieder an, ließ aber den metallenen Brustpanzer liegen und streifte statt dessen ein dünnes Hemd aus geschmeidigem Leder über.
Skar betrachtete sie noch eine Weile, auch, als sie wieder angezogen und zwischen die anderen zurückgetreten war. Ihre Schönheit hatte ihn mehr überrascht und verwirrt als erregt, aber er empfand auch noch etwas anderes, ein Gefühl, über dessen Ursachen er sich selbst nicht im klaren war, etwas, das er beobachtet hatte, das ihm aufgefallen war, ohne daß er den Gedanken fassen konnte. Irgend etwas war am Anblick Gowennas nicht so gewesen, wie es hätte sein müssen. Aber er vermochte nicht zu sagen, was.
Gowenna schien seinen Blick zu spüren. Sie trat nervös von einem Fuß auf den anderen, sah auf, runzelte die Stirn und wandte sich mit einem wütenden Ruck um.
Skar war als nächster an der Reihe. Er warf seinen Lendenschurz ab, bückte sich nach dem Kessel und rieb sich rasch mit der Salbe ein. Sie war angenehm kühl auf der Haut, und er spürte erst jetzt, als die Schmerzen nach und nach erloschen, wie zerschunden sein Körper war.
Tantor half ihm, die Stelle zwischen seinen Schulterblättern zu versiegeln, verrieb etwas von dem öligen Sirup unter seinen Fußsohlen und zwischen seinen Zehen und überzeugte sich pedantisch davon, daß seine Haut bis auf den letzten Millimeter von der Salbe bedeckt war.
Skar trat zurück, scheuchte den Zwerg mit einer ärgerlichen Geste zur Seite und bewegte prüfend Arme und Hände. Die Salbe fühlte sich klebrig und kühl an, und er spürte, wie sie rasch zu einem dünnen, elastischen Panzer trocknete, als wäre sein Körper plötzlich von einer zweiten, unsichtbaren Haut umgeben. Vielleicht hätte er jetzt Dankbarkeit empfinden sollen, aber er spürte noch im-
mer nichts anderes als Abneigung und Haß gegen den Zwerg.
Er wartete, bis die Salbe vollständig getrocknet war, zog sich wieder an und ging zu seinem Pferd zurück, um die Waffen, die er mitnehmen würde, auszuwählen. Keiner von ihnen — mit Ausna hm e Gowennas vielleicht — wußte, was sie erwartete. Vielleicht gab es in Combat keine anderen Feinde als Hitze und Feuer, vielleicht würden sie gegen Feinde kämpfen müssen, die nicht aus Fleisch und Blut waren, aber wenn es etwas gab, auf das er sich vorbereiten konnte, so würde er es tun. Er nahm Schwert, Schild und Wurfmesser aus seinem Gepäck, legte aber den metallenen Schild, Gowennas Beispiel folgend, nach kurzem Überlegen wieder zur Seite. Schon das Eisen der Waffen konnte ihre Haut verbrennen, und Schild und Harnisch würden zu glühenden Todesfallen werden, die vielleicht nicht schnell genug abgestreift werden konnten. Er schob zusätzlich ein halbes Dutzend der kleinen, nadelspitz geschliffenen Shuri-ken in den Gürtel und band sich ein dünnes Seil aus Kijon-H&ni um die Taille, eine mehrfach in sich verdrehte Schnur, wenig dicker als ein Kinderfinger, doch nahezu unzerreißbar. Nach kurzem Zögern löste er seinen Umhang, verstaute ihn sorgfältig in der Satteltasche und nahm statt dessen Handschuhe und Helm hervor. Sein Haar war zwar dick mit Tantors Hexengebräu eingeschmiert und starr wie eine Kappe geworden, aber er stülpte den Helm trotzdem darüber. Sicher war es besser, zuviel zu tun, als plötzlich mit brennendem Haar dazustehen.
Mit Ausnahme Arsans waren alle bereits fertig und wieder angekleidet, als er zum Feuer zurückkam. Gerrion hatte den Kaftan, den er bisher getragen hatte, gegen einen schwarzen, hauteng anliegenden Anzug aus geschmeidigem Leder getauscht, der ihn um Jahre jünger erscheinen ließ. Die drei Sumpfmänner wirkten jetzt grau und irgendwie durchscheinend, als bestünden sie nicht mehr aus Fleisch und Blut, sondern aus Nebel, der durch einen bizarren Zauber in einer menschenähnlichen Form gehalten wurde. Die Salbe mußte auf ihrer Chamäleonhaut einen besonderen Effekt hervorrufen. Skar empfand ein flüchtiges Gefühl des Bedauerns. Für einen kurzen Moment hätte er vielleicht die Chance
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