Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 2 - Die brennende Stadt

Enwor 2 - Die brennende Stadt

Titel: Enwor 2 - Die brennende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
gehabt, sie so zu sehen, wie sie wirklich waren. Aber vielleicht wäre das gar nicht gut gewesen. Der Anblick dreier Wesen, die sich glichen wie drei Ab-drücke aus ein und derselben Gießform, die nicht nur auf den gleichen Namen hörten, sondern sich auch wie ein Mann bewegten und vermutlich auch die gleichen Gedanken dachten, war unheimlich genug.
    Sie warteten geduldig, bis auch Arsan fertig eingesalbt und wieder angezogen war. Arsan verzichtete darauf, sich wie die anderen zu rüsten, sondern schlüpfte in die gleichen Kleider, die er die ganze Zeit getragen hatte: Hemd, Hose und wadenlange, eng anliegende Stiefel. Als einziges zusätzliches Stück nahm er ein schmuckloses Tuch aus seinem Gepäck, das er sich in der Art eines Turbans um Gesicht und Kopf wickelte, bis nur noch ein schmaler Streifen über Augen und Nasenwurzel frei blieb. Seine Pupillen wirkten größer als normale, und Skar war nicht sicher, ob die glitzernden Perlen auf Arsans Stirn Schweiß oder Tropfen der Salbe waren. Er versuchte, ihm aufmunternd zuzulächeln, aber Arsans Blick schien geradewegs durch ihn hindurchzugehen.
    »Gehen wir«, sagte Gowenna. »Der Weg ist noch weit.«
    Skar wandte sich an den Zwerg, als hätte er Gowennas Worte gar nicht gehört. »Ich kann nur hoffen, daß deine Salbe so gut ist, wie du versprochen hast«, sagte er drohend. »Wenn nicht, schichte ich höchstpersönlich einen Scheiterhaufen für dich auf.«
    »Dazu hättest du schwerlich Gelegenheit, wenn mein Zauber nicht wirken würde«, antwortete Tantor grinsend. Er trippelte zum Feuer, streifte den Ärmel hoch und hielt die Linke in die knisternden Flammen. Zwei, drei Sekunden lang stand er reglos da, sah Skar spöttisch an und zog dann die Hand ohne sichtliche Eile wieder zurück. Sein Umhang schwelte, wo ihn das Feuer gestreift hatte, aber seine Haut war unversehrt und rosig wie die eines neugeborenen Kindes.
    »Reicht dir das als Beweis?« fragte er. »Allerdings würde ich dir trotzdem raten, nicht direkt durch die Flammen zu marschieren.
    Die Salbe verliert ihre Wirkung, wenn sie trocknet, und sie trocknet rascher, je größer die Hitze ist, der du sie aussetzt. Sieh dich also vor.«
    Skar setzte zu einer wütenden Entgegnung an, aber Gowenna fuhr mit einer ärgerlichen Handbewegung dazwischen.
    »Hört auf!« sagte sie scharf. »Combat ist noch weit, und wir müs-sen bis ins Zentrum der Stadt.«
    »Wie weit genau?«
    Gowenna überlegte einen Moment. »Vier, vielleicht fünf Meilen.«
    »Zu Fuß?« ächzte Beral.
    »Natürlich zu Fuß. Der Stollen ist für Pferde nicht passierbar Außerdem wäre die Hitze zu groß.«
    »Du meinst«, wiederholte Beral ungläubig, »dieser Stollen führt fünf Meilen unter der Erde bis in die Stadt hinein?«
    Gowenna verzog ungeduldig die Lippen. »Wir sind längst in Combat«, sagte sie. »Schon seit gestern abend. Dies alles hier hat einmal zur Stadt gehört, das ganze Gebiet vom Fuß der Berge bis zur anderen Seite weit in die Ebenen von Tuan hinein. Es gibt unzählige Stollen und Katakomben unter der Stadt. Ein ganzes Labyrinth. Wir benutzen es, um unter der Stadtmauer hindurchzukommen. Einen anderen Weg gibt es nicht.«
    Skar war von Gowennas Eröffnung nicht überrascht. Er hatte etwas Ähnliches erwartet. Die zerborstenen Felsen, die Trümmer und Krater, die bizarren Gebilde aus geschmolzenem und zu Glas erstarrtem Gestein, an denen sie vorbeigezogen waren, waren nicht natürlich gewachsen, sondern Überreste der Stadt, Ruinen, die geblieben waren, wo der Atem der Götter das ungeschützte Land gestreift hatte, stumme Zeugen, die von der unvorstellbaren Gewalt kündeten, mit der Combat vom Antlitz der Erde getilgt worden war. Er versuchte sich vorzustellen, wie groß Combat vor der Vernichtung gewesen sein mußte, wie viele Menschen hier gelebt hatten und wie mächtig sie gewesen sein mußten, um so etwas zu erschaffen, aber seine Phantasie reichte nicht aus. Und er empfand nicht ei nm al mehr Erstaunen oder jene Ehrfurcht, die beim ersten Anblick der Stadt von ihm Besitz ergriffen hatte. Sein Vorrat an Staunen schien aufgebraucht, es gab nichts mehr, was ihn noch erschüttern konnte. Die Dinge hatten die Dimensionen, die zu erfassen er noch imstande war, längst überschritten, und er konnte nichts anderes mehr tun, als alles, was jetzt noch kam, einfach hinzunehmen, ohne wirklich darüber nachzudenken.
    »Wo beginnt dieser Stollen?« fragte er. »Hier?«
    Gowenna erwiderte: »Dicht hinter dem Gebäude. Nicht

Weitere Kostenlose Bücher