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Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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kamen sie nicht mehr so rasch voran wie am Tag zuvor. Irgend etwas war in dem steinernen Karree, in dessen Schutz sie die Nacht verbracht hatten, zurückgeblieben. Sie waren, wie ein Stein, der einmal geworfen und in Bewegung war, aus der unmittelbaren Umgebung Combats geflohen, aber ihr Vorwärtskommen hatte seinen Schwung verloren und war nun auch äußerlich zu dem geworden, was es vom ersten Augenblick an gewesen war: ein mühsames, nur noch von Trotz und nicht mehr von wirklicher Energie aufrechterhaltenes Voranschleppen. Die Pferde würden nicht vor ihnen sterben, das begriff Skar, als sie die Ruinen hinter sich ließen und auf den gläsernen Spiegel hinausritten. Sie waren in gewissem Sinne besser dran als ihre Reiter — an ihren Kräften zehrten nur die Kälte und der Sturm, vielleicht später auch noch der Hunger. Aber sie waren mit ihren stumpfen Sinnen und ihrem Denken, das nur von Instinkten und angeborenen Reflexen bestimmt wurde, geschützt vor der wahren Gefahr, die Tuan barg. Nur die Menschen spürten den Atem des Bösen und Toten, der über diesem Land lag.
    Sie waren weniger als zwei Stunden geritten — die Glasebene hatte sich nicht, wie es am Abend zuvor erschienen war, meilenweit dahinerstreckt, sondern war bereits nach wenigen hundert Schritten wieder in den zerborstenen Boden Tuans übergegangen
    - als El-tra plötzlich die Hand hob und sein Pferd mit einem harten Ruck zum Stehen brachten.
    Skar sah diesmal gleich, was die Aufmerksamkeit des Sumpfmannes erregt hatte. Vor ihnen, in einer Entfernung, die durch die wehenden Staub- und Schneeschleier nicht zu schätzen war, bewegte sich ein verwaschener grauer Fleck über den Horizont. Manchmal brach ein verirrter Sonnenstrahl durch die wirbelnde grauweiße Decke über ihren Köpfen und spiegelte sich in Metall, und als sie weiterritten und näher kamen, erkannte Skar, daß es ein Pferd war. Nicht irgendein Pferd —was schon ungewöhnlich genug gewesen wäre —, sondern eines der gleichen schwarzen gepanzerten Tiere, auf denen sie selbst ritten.
    El-tra gab ihnen zum zweiten Mal das Zeichen, zurückzubleiben, und galoppierte in scharfem Tempo los. Skar folgte ihm, während Gowenna und der Bruder des Sumpfmannes ohne ein weiteres Wort der Verständigung zurückblieben. Skar hatte sich allmählich an den Gedanken gewöhnt, daß die beiden Männer aus Cosh nicht unbedingt miteinander reden mußten, um sich zu verständigen. Trotzdem irritierte ihn diese wortlose Art der Kommunikation immer wieder, sooft er sie erlebte.
    Eine Weile schien es, als würden sie sich ihrem Ziel überhaupt nicht nähern, obwohl sie schneller ritten, als bei dem erschöpften Zustand ihrer Pferde im Grunde zu verantworten war. Dann wieder kam das fremde Pferd mit einem Ruck näher oder verschwand ganz hinter wallenden Nebel- und Schneewolken. Auch Entfernung schien in diesem Land nicht unbedingt dasselbe zu sein wie dort, wo sie herkamen. Sie trennten sich, kurz bevor sie das Pferd erreichten — Skar galoppierte weiter geradeaus, wenn auch langsamer, darauf zu, während El-tra einen weit geschwungenen Bogen in westlicher Richtung schlug, um einem eventuellen Hinterhalt auszuweichen. Trotzdem kamen sie nahezu gleichzeitig bei dem Tier an.
    Skar tauschte einen raschen Blick mit El-tra; der Sumpfmann schüttelte den Kopf. Er hatte niemanden gesehen, nichts, was auf eine Falle hindeutete. Mit einer raschen Bewegung beugte er sich im Sattel vor, griff nach den Zügeln des fremden Pferdes und bog seinen Kopf zu sich herum. Es stampfte einen Moment unruhig mit den Hinterläufen, beruhigte sich dann aber erstaunlich schnell und ließ es zu, daß El-tra seinen Nacken- und Kopfpanzer löste und die schweren Lederplatten abnahm.
    Skar erschrak, als er das Tier sah. Es war am Ende. Die steinharten Kanten der Panzerung hatten tiefe, eiterige Linien in sein Fell gescheuert; seine Augen waren trüb und glanzlos, und vor seinem Maul stand grauweißer, flockiger Schaum. Seine Nüstern zitterten, dünne, halb eingetrocknete Blutfäden rannen aus seinen Augenwinkeln und den Ohren. Skar begriff plötzlich, warum das Tier nicht vor ihnen geflohen war — es hatte einfach nicht die Kraft dazu gehabt. Eigentlich war es ein Wunder, daß es noch lebte.
    Er sah auf. El-tras Hand lag in einer beruhigenden Geste zwischen den Ohren des Tieres, aber sein Blick irrte über die Ebene im Süden. »Dieses Pferd hatte einen Reiter«, sagte er.
    Skar nickte. »Sicher. Aber sieh es dir doch an — es
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