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Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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studieren, und als er am nächsten Morgen erwacht war, hatten die beiden Sumpfmänner die Toten längst begraben. So fiel ihm auch der bizarre Schnitt ihrer Kleidung und die außergewöhnliche Form der Waffen erst jetzt wirklich auf. Der Mann trug einen Panzer, einen Lederharnisch ähnlich dem, den auch die Satai trugen, wenn sie in den Kampf zogen, nur daß er seinen ganzen Körper einhüllte und sich die einzelnen Platten an den Kanten überlappten, so daß kaum ein Quadratzentimeter seiner Haut — einschließlich des Gesichts — ungeschützt blieb.
    Aber der Panzer hatte ihm nichts genutzt, dachte Skar mit einem seltsamen Gefühl der Trauer. Er war auf einen Feind gestoßen, dem Rüstungen und Waffen keinen Widerstand entgegenbrachten. Im Gegenteil — der zentnerschwere Lederharnisch hatte seine Kräfte noch schneller versiegen und ihn eher sterben lassen.
    El-tra zog seine Hand zurück und betrachtete erst die Knöchel, dann das Gesicht des Toten. »Zehn Stunden«, sagte er ruhig. »Eher weniger.«
    Skar begriff nicht gleich. »Was meinst du?«
    »Er ist seit zehn Stunden tot«, wiederholte El-tra. »Allerhöch-stens. Aber es hat lange gedauert, bis er starb.«
    Skar sah verirrt auf das eisverkrustete Gesicht des Soldaten hinab. Die Augen waren weit geöffnet und schienen ihn klagend anzusehen; dünne, glitzernde Eiskappen hatten sich wie Nick-häute über seine Augäpfel gelegt. Das Feuer Combats spiegelte sich darin.
    »Aber das ist unmöglich«, widersprach er. »Wir sind mehr als zwei Tage unterwegs, und ...« Er brach ab, als ihm klar wurde, was El-tras Worte bedeuteten. Noch einmal sah er zu dem toten Krieger hinab, und diesmal schien die Gestalt nicht mehr Schmerz und Leid, sondern eine stumme Drohung auszustrahlen.
    »Du meinst...«
    »Ich meine nichts«, unterbrach ihn El-tra. »Ich sage nur, daß dieser Mann seit längstens zehn Stunden tot ist. Aber sein Tod kann Tage gedauert haben.«
    »Zehn Stunden«, murmelte Skar. »Das würde bedeuten, daß sie den gleichen Weg genommen haben wie wir. Direkt über die Ebenen. Und damit...«
    »Wissen wir, wo ihr Versteck ist«, beendete El-tra den Satz, als Skar nicht weitersprach. »Irgendwo hier.«
    »Irgendwo ...« Skar hatte Mühe, ein Lachen zu unterdrücken.
    Das Irgendwo, von dem El-tra so selbstverständlich sprach, bedeutete ein Gebiet von dreihundert Meilen Länge und gut zweihundert Meilen Breite. Selbst wenn sie davon ausgingen, daß Vela und ihre Reiter den gleichen Weg wie sie genommen hatten, nämlich direkt nach Süden, lag vor ihnen noch immer ein Areal, das groß genug war, daß man jahrzehntelang hindurchstreifen konnte, ohne auch nur die geringste Spur der Errish zu finden. »Wir hätten gleich darauf kommen können«, murmelte er, eher wütend als überrascht. »Sie kann mit ihrem Drachen kaum über die Berge gekommen sein.«
    »Sieh dir die Rüstung an«, sagte El-tra. Er wies mit einer knappen Geste auf den Brustschild des Toten, und Skar erkannte, was er meinte. Der Krieger war ein Mensch, irgendein armer Teufel vermutlich, der gleich Skar und Del in das Netz der Errish gegangen war und noch viel weniger wie sie eine Chance gehabt hatte, sich ihrem Einfluß zu entziehen. Aber seine Rüstung war nicht für einen Menschen gedacht. Sie war zu groß, zu schwer und in Form und Funktion einem Körper angepaßt, der nur ungefähr menschliche Proportionen haben konnte. Seine Kanten waren nachträglich beschnitten und mit dünnen Metalleisten begrenzt worden, und die metallenen Ösen, an denen die Halteriemen befestigt waren, hatte man mehr mit grober Gewalt als mit Geschick eingefügt. Und was für den Brustschild galt, traf auch auf die übrigen Teile der Rüstung zu: Rücken- und Beinkleider, selbst die Armschienen und Gelenkschützer waren mit großer Mühe bearbeitet und geschliffen worden, aber das Ergebnis sah ganz so aus, als hätte ein Kind versucht, die Rüstung eines Riesen auf seine Körpermaße zu stutzen. Und Skar erkannte auch, was der Sumpfmann ihm wirklich hatte zeigen wollen: Der Schnitt der Rüstung war der gleiche, den sie in dem verschütteten Kellerraum im Norden gesehen hatten. Der Mann trug eine verkleinerte Ausgabe des Panzers, den der schwarze Gigant getragen hatte.
    Und jetzt, endlich, begriff er.

G owenna und der zweite Sumpfmann erreichten die Ruine, als Skar zu seinem Pferd zurückkam. El-tra starrte ihn unverwandt an; ein Blick, der obwohl Skar seine Augen nicht sehen konnte, durchbohrend und beinahe

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