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Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erlebt. Ich will aber wenigstens wissen, warum ich sterbe.«
    Seine Worte erzeugten eine andere Wirkung, als er erwartet hatte. Ein rascher Schatten von Schmerz, aber auch von etwas anderem, von etwas, das er nicht beschreiben, nicht greifen konnte, huschte über Gowennas Züge. Es dauerte einen Moment, bis Skar begriff, daß es keine Reaktion auf seine Worte war, zumindest keine direkte, auf ihn bezogene Reaktion, sondern daß er irgend etwas in ihr berührt hatte, etwas, das er niemals begreifen würde. Gowenna war noch immer eine Fremde für ihn, und sie würde es auch immer bleiben.
    »Wie weit ist es bis zu dieser Schlucht?« fragte er, nicht aus wirklichem Interesse, sondern nur, um das quälend werdende Schweigen zu durchbrechen.
    Gowenna atmete hörbar ein; ein irgendwie endgültiger, abschließender Laut, mit dem sie einen unsichtbaren Schlußstrich unter den bisherigen Teil ihres Gespräches zog, eine Grenze, die sie beide beachten würden.
    »Nicht weit«, sagte sie nach kurzem Überlegen. »Ich glaube es jedenfalls nicht. Die Reiter hatten nur wenig Wasser und kaum Nahrungsmittel mit. Ich denke, wir werden sie morgen erreichen. Spätestens übermorgen. Wenn sie überhaupt exisiert. Es ist nur eine Legende, vergiß das nicht.«
    »Auch Combat war nur eine Legende«, murmelte Skar unsicher. »Ich —« Er brach ab, sah Gowenna verwirrt an und schlug hilflos die Hände ineinander. So, wie seine Gedanken in Aufruhr waren, waren es auch seine Gefühle, Verzweiflung, Schrecken und Furcht mischten sich mit Wut, Wut und einem Gefühl der Hilflosigkeit, wie er es nie zuvor erlebt hatte. Er wußte, daß Gowenna ihm diesmal die Wahrheit gesagt hatte, und er glaubte auch zu wissen, warum sie ihn die ganze Zeit hingehalten und belogen hatte. Sie hatte ihn falsch eingeschätzt, versucht, seine Reaktionen im voraus zu berechnen, und die falschen Schlüsse daraus gezogen, aber das war im Grunde nichts anderes, als wie er umgekehrt bei ihr verfahren war.
    Gowenna lächelte, doch es war wieder dieses seltsame, so vollends humorlose Lächeln, das er schon ein paarmal an ihr beobachtet hatte und das ihn beinahe ängstigte. »Sie hat einen Fehler gemacht, Skar«, sagte sie. »Nur einen. Einen einzigen Fehler, aber er wird tödlich sein. Sie hat geglaubt, wir würden in diesem Krater sterben oder, wenn nicht, auf dem Rückweg durch die Berge umkommen. Sie wird versuchen, diesen Fehler wieder gutzumachen, sobald sie es merkt. In gewissem Sinne hast du recht, es ist ein Spiel. Wir jagen sie, sie jagt uns.«
    Skar knurrte wütend. Er fand den Gedanken ganz und gar nicht belustigend. »Und warum?« fragte er. »Sie hat, was sie wollte. Wenn es ihr wirklich nur darum geht, den Stein der Macht zu bekommen, warum läßt sie Del und die anderen dann nicht frei? Ich bin keine Gefahr für sie. Von mir aus kann sie halb Enwor erobern. Ich will Del, mehr nicht.«
    Wieder zögerte Gowenna mit der Antwort, doch diesmal war es nicht Unsicherheit oder Furcht. Etwas in seiner Stimme, in der lockeren und doch angespannten Art, in der er ihr gegenüberstand, schien ihr zu sagen, daß er sie nicht mehr schlagen würde. Er hatte es getan, zweimal, und es hatte nichts genutzt. Sie wußten beide, daß er es kein drittes Mal tun würde. Mit den wenigen Worten, die sie zu ihm gesagt hatte, hatte sie ihm die Berechtigung dazu ein für allemal genommen. Er hatte die Hand gegen sie erhoben, ohne (zumindest beim ersten Mal) zu wissen, daß er die ganze Zeit unter ihrem Schutz gestanden hatte, daß ihre Lügen und Täuschungen auch dazu dienten, ihn zu schützen. Er konnte es wieder tun, aber es hätte keinen Sinn mehr. Er hätte versuchen können, die Wahrheit — die ganze Wahrheit — aus ihr herauszuprügeln, hier und jetzt, ohne Furcht vor den Sumpfleuten haben zu müssen. Aus irgendeinem Grund war er sicher, daß die El-tra ihm nichts tun würden. Seit dem Geschehen im Tempelraum von Combat waren sie mindestens ebenso seine wie ihre Beschützer. Aber er war genauso sicher, daß ihn Gewalt in diesem Fall nicht weiterbrachte. In einem Punkt waren Gowenna und er gleich wie Zwillinge: Sie fürchtete ihn, weil sie wußte, wie überlegen er ihr war, aber ihre Furcht reichte nicht so weit, sich deswegen selbst aufzugeben.
    »Vielleicht hat sie einfach Angst«, sagte Gowenna nach einer kleinen Ewigkeit.
    »Unsinn«, murrte Skar. Er starrte Gowennas verbrannte Gesichtshälfte an, so offen, daß sie spüren mußte, wohin er sah. »Jemand, der so etwas zu

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