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Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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tun vermag, soll Angst vor mir haben? Das ist nicht dein Ernst.«
    Gowenna hielt seinem Blick einen Herzschlag lang stand, senkte dann den Kopf und drehte das Gesicht aus dem Wind. Der Sturm trug einen Hagel winziger Eiskristalle mit sich, die sich in ihren Haaren und Brauen festsetzen und ihren Zügen einen seltsam weichen Anstrich gaben, und erneut mußte Skar an einen gefallenen Engel denken: Schönheit und Zerfall und Leben und Tod und Liebe und Haß in einem. Aber der Haß überwog. Und hieß es nicht, nichts sei grausamer und härter als ein Engel, der gestürzt ist?
    »Doch, Skar. Sie hat dich nach Combat geschickt, weil du der einzige warst, der die Aufgabe überhaupt bewältigen konnte.« »Quatsch«, widersprach Skar. »Ich habe so gut wie nichts getan. Ihr hättet diesen verdammten Kiesel auch ohne mich gefunden.«
    »Das stimmt nicht. Es ...« Sie stockte, lehnte sich gegen die eisverkrustete Wand und strich mit der Hand darüber, unbewußt mit den Fingerspitzen die Linien verfolgend, die die Flammen in den schwarzen Stein geätzt hatten. »Es ist das gleiche wie jetzt«, setzte sie nach einer Weile erneut an. »Sie hat dich nicht gebraucht, weil du ein Satai bist und besonders gut kämpfen kannst. Du hast die Wächter Combats erlebt — es sind keine Wesen, die man mit Schwert oder Muskelkraft besiegen könnte. Und selbst wenn —Männer, die ein Schwert zu führen vermögen, gibt es zuhauf. Sie brauchte dich, Skar.«
    Mich? dachte Skar. Mich oder das Ding in meiner Seele? Sie mußte es gewußt haben. Mein dunkler Bruder war ihr nicht verborgen geblieben.
    Laut sagte er: »Was soll besonderes an mir sein?«
    Gowenna hob beinahe unmerklich die Schultern. »Das weiß ich nicht. Sie hat es mir nie gesagt, so, wie sie mir vieles nie gesagt hat. Aber sie hat lange nach dir gesucht. Mehr als ein Jahr. Ich war vor dir in Combat, Skar, und vor mir waren andere da. Alle sind gescheitert. Nicht einer ist auch nur in die Nähe des Steines gekommen. Erinnerst du dich, wie ich dir sagte, ich wüßte nicht, wo er ist? Das war die Wahrheit. Ich wußte es nicht, und ich hatte auch keine Chance, ihn zu finden. Du hast ihn gefunden, du allein, auch wenn du es vielleicht nicht einmal gemerkt hast. Ich bin sicher, der Stein wäre nicht einmal da gewesen, wo wir ihn fanden, wärest du nicht bei uns gewesen. Nur du konntest ihn finden, nur du konntest die Wächter Combats besiegen und ihn aus der Stadt herausbringen. Ich weiß nicht, warum, aber ich weiß, daß es so war. Und sie wußte es ebenfalls. Sie brauchte dich, aber sie fürchtet dich auch.«
    »So sehr, daß sie Befehl gab, mich zu töten?« fragte Skar. »Vielleicht«, murmelte Gowenna. »Vielleicht war es auch etwas anderes. Sie ...« Sie schluckte, und plötzlich war sie es, die hilflos wirkte. »Die Frau, die du vor Combat erlebt hast, war nicht Vela«, sagte sie. »Nicht die Vela, die ich gekannt und geliebt habe. Etwas ist mir ihr geschehen. Eine ... eine Veränderung, die ich mir nicht erklären kann.«
    »Und wenn du es könntest, würdest du es zumindest mir nicht erklären, nicht?« grollte Skar. Die Worte taten ihm fast im gleichen Augenblick schon wieder leid. Es war eine unnötige Spitze gewesen, unnötig und grausam, und doch war da etwas in ihm, das sich über den Schmerz in ihrem Blick freute.
    »Ich bin nicht dein Feind, Skar«, sagte Gowenna noch einmal. »Bitte glaub mir das. Ich weiß, ich hätte dir vieles schon eher sagen müssen, aber ... da war so vieles, das ich selbst nicht begriff, und so vieles, das mir auch jetzt noch ein Rätsel geblieben ist, und ...« Ihre Stimme schwankte. Sie stockte, setzte nach Sekunden dazu an, weiter zu sprechen und brach dann endgültig ab. Aber Skar wußte auch so, was sie hatte sagen wollen. Er wäre selbst nicht in der Lage gewesen, es mit Worten auszudrücken, aber er verstand sie.
    Lange Zeit schwiegen sie beide. Skar suchte vergeblich nach irgend etwas, das er hätte sagen können. Es gab nichts. Diese Auseinandersetzung war die letzte gewesen. Er hatte verloren, endgültig, und sie wußten es beide. Gowenna hatte seine Niederlage nur vergrößert, in dem sie ihm das gesagt hatte, wonach er so lange gefragt hatte. Aber er spürte auch, daß es nicht in ihrer Absicht gelegen hatte, ihm weh zu tun. Im Gegenteil.
    »Und wie geht es weiter?« flüsterte er. Die Worte waren bedeutungslos, einzig dazu gedacht, die Stille zu durchbrechen und das Schweigen nicht noch drückender werden zu lassen, als es ohnehin

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