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Enwor 3 - Das tote Land

Enwor 3 - Das tote Land

Titel: Enwor 3 - Das tote Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wie du eine Welt vorstellen, in der es keine Kriege und keinen Streit gibt, aber solange wir in der Welt leben müssen, in die wir hineingeboren sind, muß es auch Krieger geben. Vielleicht liegt es in der Natur des Menschen, kriegerisch zu sein, und vielleicht hören wir auf, diese Welt zu beherrschen, wenn wir aufhören, Kriege zu führen.«
    »Lernt man das auch als Satai?« fragte Gowenna. »Zynisch zu sein?«
    »Zynisch?« Skar lächelte. »Es klingt vielleicht so, aber ich fürchte, es ist die Wahrheit. Auch, wenn sie mir nicht gefällt. Die Welt braucht uns — natürlich nicht dich oder mich oder Del, nicht einmal die Satai —, aber sie braucht Krieger.«
    »Krieger vielleicht. Aber Männer wie euch? Männer wie ...« »Mordmaschinen«, sagte Skar, als Gowenna nicht weitersprach. »Sprich es ruhig aus — es verletzt mich nicht. Ich weiß, daß man uns so nennt, daß man uns diesen und andere, schlimmere Namen gegeben hat. Es ist ein Teil des Planes.«
    »Welches Planes?« fragte Gowenna verwirrt.
    Skar lächelte. »Nun, vielleicht ist Plan nicht der richtige Ausdruck. Doch es gehört dazu, irgendwie. Du selbst hast es gesagt: Männer wie wir ... Männer, vor denen man Angst hat, die man fürchtet, auch wenn man keinen Grund dazu hat. Sie fürchten uns, weil wir die Gewalt symbolisieren, weil wir leben, um zu töten. All diese Herzöge und Barone, die reichen Kaufleute und Ritter — was tun sie, wenn sie Streit mit ihrem Nachbarn haben, wenn sie sich bedroht oder ins Unrecht gesetzt fühlen? Sie rufen uns, die Satai. Sie geben uns Gold, manchmal nur ein Essen und ein Nachtlager, und wir tragen ihren Streit aus. Wir sind es, die die Waffe in die Hand nehmen, die töten. Und schließlich, wenn alles getan ist, können sie uns sogar noch die Schuld geben. Deshalb gibt es die Satai, Gowenna. Nicht, weil wir Freude am Morden haben, sondern weil wir gebraucht werden. Gäbe es uns nicht, gäbe es andere.«
    »Aber —«
    »Vielleicht schlimmere«, fuhr Skar mit leicht erhobener Stimme fort, als Gowenna etwas einwerfen wollte. »Ich weiß, was du sagen willst. Es gibt immer andere, und es ist keine Entschuldigung. Aber vielleicht wären diese anderen schlimmer. Vielleicht verhindern wir Satai die Gewalt, gerade, indem wir sie ausüben. Vielleicht würde Enwor binnen einer Generation in Barbarei versinken, gäbe es nicht die Satai und Veden und die anderen Kriegerkasten. Wer die Gewalt beherrscht, kann sie auch lenken.«
    Gowenna schüttelte den Kopf. »Klingt das nicht alles nach einer Entschuldigung?«
    »Es ist eine«, bestätigte Skar ruhig. »Ich behaupte nicht, daß es so ist. Wir Satai glauben, es wäre so, aber auch wir sind Menschen und können uns irren. Vielleicht wäre Enwor besser ohne uns. Vielleicht.«
    »Eine seltsame Philosophie für einen Mann, der gelernt hat, einen Menschen mit einem Finger zu töten.«
    »Und doch notwendig. Nenne es Selbstschutz. Wer gelernt hat«
    - er zitierte sie absichtlich, sogar auch noch im Tonfall — »einen Menschen mit einem Finger zu töten, der muß sich selbst Regeln auferlegen. Es ist kein Zufall, daß wir Satai eine so komplizierte und anderen manchmal unverständliche Moral haben. Ohne sie hätten wir nicht überlebt. Wir hätten uns selbst vernichtet.«
    »Aber ihr habt diese Welt einmal beherrscht.«
    Skar schüttelte erneut den Kopf. »Nicht wirklich«, sagte er.
    »Wir hatten Gewalt über sie, das stimmt. Aber wer ein Ding in seiner Gewalt hat, der muß es nicht beherrschen. Wir ...«
    Der Boden erzitterte. Skar stockte mitten im Satz, fuhr auf und sah sich aufmerksam um. Ein leises Klingen, ein Geräusch, als striche sanfter Wind durch einen Wald gigantischer gläserner Harfensaiten, drang an sein Ohr, dann lief ein neuerliches schwaches Zittern durch den Boden.
    »Was ist das?« fragte er.
    Gowenna zuckte mit den Achseln. Aber auch ihre Haltung wirkte mit einem Mal angespannt. Sie stand mit einer fließenden Bewegung auf, machte einen Schritt und blieb, unsicher nach rechts und links sehend, stehen.
    Wieder zitterte der Boden, und das helle Klingen und Schlagen wurde durchdringender, wenn auch nicht lauter. Auch Skar erhob sich und spähte aufmerksam in die Runde. Aber selbst wenn es in ihrer Umgebung irgendeine Veränderung gegeben hätte, wäre kaum etwas davon zu bewirken gewesen; es war nicht wirklich hell. Seine Augen hatten sich an das schwache Licht gewöhnt, und er hatte wenige Schritte weit sehen können, doch auch das nur, weil er wußte,

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