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Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Titel: Enwor 5 - Das schwarze Schiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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all die anderen unten auf der SHAROKAAN.
    Brad spannte seine Armbrust, visierte kurz die gegenüberliegende Wand an und drückte ab. Das Geschoß sirrte davon, zog ein dünnes Seil aus mehrfach verdrilltem Hanf hinter sich her und bohrte sich eine knappe Handbreit unter der Kante in das Eis.
    Während Brad daranging, einen Teil ihrer Ausrüstung in ein großes, engmaschiges Netz zu verfrachten, befestigte Skar das Ende des Seiles an einem Haken, den sie schon vorher ins Eis geschlagen hatten. Er zog ein paarmal daran und belastete das Seil schließlich mit seinem ganzen Körpergewicht. Der Haltebolzen ächzte hörbar, aber die Widerhaken hielten ihn sicher fest.
    »Fertig?« fragte Brad.
    Skar nickte wortlos.
    Brad betrachtete sein Werk kritisch und griff dann ohne ein weiteres Wort nach dem Seil. Behende und schnell wie ein Baumaffe hangelte er sich an der Schnur über den Abgrund. Die Haken ächzten hörbar unter seinem Gewicht. Ein heftiger Windstoß fauchte durch den Kanal, traf ihn und ließ ihn einen Augenblick lang wild hin und her pendeln. Aber er hing sicher am Seil.
    Skar beobachtete ihn mit wachsender Besorgnis. Eingerahmt von den selbst jetzt noch in unheimlichem weißem Licht leuchtenden Eiswänden bot Brad ein kaum zu verfehlendes Ziel. Wenn auch nur ein einziger Pirat unten auf dem Schiff einen Blick in den Himmel warf, mußte er ihn sehen. Und für einen geübten Bogenschützen stellten die zweihundert Fuß keine nennenswerte Entfernung dar.
    Aber seine Besorgnis war überflüssig. Brad erreichte unbehelligt die gegenüberliegende Seite und schwang sich mit einer eleganten Bewegung auf das Eis hinauf. Rasch huschte er ein paar Meter von der Kante fort, blieb geduckt stehen und winkte Skar zu.
    Skar befestigte das Netz an einem Haken, hängte es sorgfältig über das Seil und gab ihm einen leichten Stoß. Wenige Augenblicke später hievte Brad das Bündel zu sich hinauf und begann mit seinen Vorbereitungen.
    Skar ging zu dem unordentlichen Haufen mit ihrer restlichen Ausrüstung zurück, nachdem er einen letzten Blick auf den Dronte geworfen hatte. Er hockte sich nieder und begann schnell, aber ohne Hast Tontöpfe, Lunten und Stoffstreifen vor sich auszubreiten. Nach kurzer Zeit hatte er mehr als ein Dutzend runder, kopfgroßer Tongefäße in einer Reihe am Rand der Schlucht aufgestellt. Die Ölhändler im fernen Wolan wären erstaunt gewesen, hätten sie gesehen, zu welchem Zweck ihre Ware hier gebraucht wurde. Normalerweise dienten die reich verzierten und bemalten Kalebassen als Öllampen — aber bis an den Rand gefüllt und mit einem brennenden Lappen als Lunte versehen, gaben sie auch ganz passable Brandbomben ab.
    Skar griff in das Bündel, holte zwei Feuersteine hervor und begann sie rhythmisch aneinanderzuschlagen. Das leise Klicken hallte geisterhaft durch die Nacht und schlug glasklare, klingende Echos aus dem Eis. Einer der ölgetränkten Fetzen in seiner Hand begann zu schwelen und dann mit einer kleinen blauen Flamme zu brennen. Skar legte ihn vorsichtig vor sich auf den Boden, überzeugte sich davon, daß die Flamme nicht das Eis berührte und sich mit dessen Schmelzwasser selbst erstickte, beugte sich vor und sah nach unten.
    Der schwarze, massige Leib des Dronte füllte die Wasserstraße wie ein formloses Ungeheuer aus. Das Boot befand sich noch eine halbe Schiffslänge vom Ende des Kanals entfernt. Seltsamerweise war außer den Stakgeräuschen kein Laut zu hören. Die Piraten schienen vollkommene Ruhe zu bewahren. Skar bemühte sich vergeblich, auf dem schwarzen Deck eine Spur der Besatzung auszumachen: wenn dort unten Männer waren, so verschmolzen sie vollkommen mit der schwarzen Farbe des Schiffes.
    Er richtete sich auf und blieb einen Moment reglos stehen. In seiner rechten Hand glomm ein winziger blauer Funke.
    Skar zögerte einen Moment, dann stopfte er den brennenden Fetzen in die kaum fingergroße Öffnung der Kalebasse und warf das Gefäß mit kraftvollem Schwung nach unten.
    Der Wurf ging zu weit. Die Brandbombe flog über das Segel hinweg, schmolz zu einem schmalen, funkensprühenden Strich zusammen, traf die Reling des Killerseglers und ergoß ihren Inhalt über Bord.
    Skar schloß geblendet die Augen. Eine grelle, gelbweiße Flamme breitete sich in Sekundenschnelle auf dem Wasser aus, leckte gierig nach den Eiswänden und dem schwarzen Rumpf des Dronte. Das Eis erstrahlte plötzlich in flackerndem weißem Licht. Ein dumpfes Stöhnen wehte zu Skar hinauf.
    Aber das Feuer

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