Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Titel: Enwor 8 - Der flüsternde Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
wurden kaum weniger entsetzliche, aber formlose Lichtblitze voller gestaltloser Furcht, aber wie in der Nacht zuvor dauerte es auch jetzt nur Augenblicke, bis er spüren konnte, wie er in einen tiefen, traumlosen, normalen Schlaf hinüberglitt —
und erwachte.
    Nicht von selbst erwachte, das spürte er genau. Jemand
(ein Ge-
    räusch?)
hatte ihn geweckt. Aber es war still; so leise, daß er das Schlagen seines eigenen Herzens hören konnte, als er den Atem anhielt, um zu lauschen. Schon fast
zu
still, dachte Skar. Es war spät in der Nacht, aber er befand sich in einem Lager mit siebzig oder achtzig Menschen und Hunderten von Tieren — es
mußte
einfach Geräusche geben.
    Aber es gab keine.
    Für einen Moment erwog er ganz ernsthaft die Möglichkeit, noch zu träumen, verwarf diesen Gedanken aber sehr schnell wieder. Lautlos stand er auf, schlüpfte in Hose, Hemd und Stiefel und schlich zur Tür. Sie war geschlossen, aber das Mondlicht ließ sie zu einem Muster aus rechteckigen schmalen Lichtstreifen werden, die sich schräg auf dem Boden fortsetzten und denen er aus einem absurden Impuls heraus sorgsam auswich, als er das Gesicht gegen die dünne Tür aus Bast und Holz drückte und hinausspähte.
    Der Anblick war absurd: völlig unmöglich und einfach...
verrückt.
Aber es war so: Trotz der vollkommenen Stille hier drinnen war der Platz zwischen den Hütten voller Menschen. Wenn Yuls Angaben richtig waren, was die Größe ihrer Gruppe anging, so mußten sie alle auf dem Platz zwischen den Hütten versammelt sein. Ein Feuer brannte, dessen Schein aber so abgeschirmt war, daß er Skars Hütte nicht erreichen konnte, und die
Errish
trugen ihre schwarzen Prachtgewänder; knöchellange Roben, auf denen verschlungene Drachensymbole gestickt waren. Sie standen in kleinen Gruppen da, trotzdem in fast militärischer Präzision ausgerichtet. Manche von ihnen unterhielten sich, lachten, gestikulierten mit den Händen — aber er
hörte keinen Laut!
Es war, als hätte jemand eine unsichtbare Barriere zwischen ihm und jener Gruppe von
Errish
errichtet, die jedes noch so kleine Geräusch aufsaugte wie ein trockener Schwamm das Wasser. Skar war plötzlich sicher, daß es
kein
Geräusch gewesen war, was ihn geweckt hatte, sondern ganz im Gegenteil diese völlige, unnatürliche Stille. Einen Moment lang überlegte er, einfach aus der Hütte zu treten und zu ihnen hinüberzugehen. Aber etwas warnte ihn, es nicht zu tun. Wenn Yul oder eines ihrer Mädchen für diesen schweigenden Zauber verantwortlich waren, so hatten sie ihn gewoben, damit er
nicht
sah, was sie taten.
Aber warum?
    Eine Bewegung am Rand seines Gesichtsfeldes erweckte seine Aufmerksamkeit. Er versuchte, durch die schmalen Ritzen in der Tür mehr zu erkennen, aber es ging nicht; er sah nur ein schattenhaftes Huschen, das aber mit dem fast sicheren Wissen von
Größe
verbunden war. Ein Drache? Aber hatte Yul nicht gesagt, daß sie die Drachen verloren hatten ? Nicht zum ersten Mal hegte Skar den Verdacht, daß die greise
Errish
ihm nicht in allem die Wahrheit gesagt hatte.
    Skar sah sich nachdenklich in der kleinen Hütte um. Es gab keinen zweiten Ausgang, nicht einmal ein Fenster, aber die Wände bestanden nur aus wenigen, stabilen Baumstämmen, zwischen denen Bast und dünne Äste geflochten waren; mit ein wenig Vorsicht mußte es möglich sein, ein Loch in die Rückwand zu brechen, ohne daß die
Errish
draußen es bemerkten.
    Er tat es, und es ging leichter, als er geglaubt hatte. Der unheimliche, lautevernichtende Zauber war hier drinnen nicht wirksam, aber die dünnen Wände setzten seinem Griff kaum Widerstand entgegen und zerbrachen fast lautlos. Stille strömte wie eine unsichtbare erstickende Woge in die Hütte. Sein Herz schlug schneller.
    Skar spähte vorsichtig hinaus, sah niemanden und ging noch einmal zu seinem Bett zurück, um Mantel und Schwert zu holen; den einen, weil ihn die schwarze Farbe des Kleidungsstückes vorzüglich tarnen würde, das andere, weil er das bestimmte Gefühl hatte, die Waffe zu brauchen, sollte man sein Verschwinden bemerken. Sein Blick verharrte kurz am silbernen Funkeln des Scanners, den er nachlässig zu seinen Sachen gelegt hatte, aber er verwarf den Gedanken, ihn mitzunehmen, fast augenblicklich. Sooft er oder irgend jemand in seiner Nähe eine dieser Waffen benutzt hatten, war etwas Schreckliches geschehen. Skar war nicht abergläubisch, aber etwas in ihm war fest davon überzeugt, daß diese Waffen Unglück

Weitere Kostenlose Bücher