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Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Titel: Enwor 8 - Der flüsternde Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Form kriechen konnte, Teil dessen, was Yul so verharmlosend als
gewaltiges Waffensystem
bezeichnet hatte und das in Wirklichkeit doch etwas ganz anderes war: Gestalt gewordener Wahnsinn; Leben, das kein Leben war, sondern dem einzigen Zweck diente, zu töten und zu vernichten, eine fürchterliche Perversion der Schöpfung selbst.
    Und Yul und ihre Mädchen standen auf ihrer Seite...
    Skar erkannte den Fehler in diesem Gedanken fast im gleichen Moment, in dem er ihn dachte. Natürlich traf Yul und die anderen
Errish
keine wirkliche Schuld; sowenig wie die
Errish,
die Kiina gejagt hatten, oder die
Margoi
oder die Bewohner Elays. Sie waren nichts als willenlose Sklaven, Marionetten, die vielleicht nicht einmal wirklich wußten, was sie taten. Wie hatte er nur so närrisch sein können, sich im Ernst einzubilden, alles wäre vorbei, nur weil er die Netzkreatur getötet hatte? Die
Sternengeborenen
hatten unzählige Helfer, und wahrscheinlich waren der
Dronte
und der
Ul-tha,
ja, selbst die
Netzkreatur
nicht einmal die schlimmsten Dämonen, über die sie geboten.
    Und wenn du endlich fertig damit bist, dir alle möglichen Schrecken auszumalen, du Narr,
wisperte eine Stimme hinter seiner Stirn,
dann solltest du dir Gedanken darüber machen, wie du von hier wegkommst, ohne daß sie dich bemerken.
    Der Satai in ihm hatte recht, dachte Skar alarmiert. Er befand sich in einer prekären Situation: Vor ihm lagen nichts als fünfhundert Fuß Leere und darunter der
Dronte,
von dessen Deck aus mißtrauische Augen jeden Quadratzentimeter der Küste absuchen mochten, und hinter ihnen die
Errish
und ihre dämonischen Herren, die sicherlich nicht zusammengekommen waren, um ein Schwätzchen zu halten. Er mußte weg hier. Solange er noch konnte. Vorsichtig und ohne die
Errish
und den monströsen Insektenschatten auch nur eine Sekunde aus dem Auge zu lassen, begann er sich abermals an der Palisade entlangzuschieben.
    Er hatte selbst kaum damit zu rechnen gewagt, aber er erreichte den rückwärtigen Teil des Lagers und die Hütten unbehelligt. Auf dem Platz hinter ihm geschah etwas, daß er nicht erkennen konnte: Die
Errish
bewegten sich auf eine Art, die fast wie ein Tanz anmutete; regelmäßig, schnell und auf komplizierten, nur scheinbar zufälligen Bahnen, wobei manche von ihnen einen düsteren, arhythmischen Gesang anstimmten, andere auch mit leiser Stimme miteinander redeten. Und auch die
Ultha —
von denen es tatsächlich mehrere gab, Skar sah mindestens drei — waren irgendwie in dieses unheimliche Muster von Bewegung und Körpern einbezogen.
    Aber was immer sie taten, es beanspruchte ihre gesamte Konzentration, und Skar erreichte Yuls Behausung unbehelligt. Und diesmal ging er wesentlich weniger rücksichtsvoll vor: Das Haus selbst als Schutz gegen eine zufällige Entdeckung nutzend, näherte er sich der träumenden
Errish
neben der Tür, packte sie und betäubte sie mit einem blitzschnellen Hieb in den Nacken. Dann war er mit einem Sprung in der Hütte und zog sein Schwert. Die Spitze seiner Klinge beschrieb einen blitzschnellen, drohenden Halbkreis vor seinem Körper und senkte sich wieder, als er begriff, daß der Raum leer war.
    Hastig schloß er die Tür hinter sich wieder, eilte zu Kiinas Lager und kniete neben ihr nieder. Sie schlief, aber ihr Schlaf mußte ebenso unruhig wie der sein, aus dem er selbst aufgewacht war. Ihre Hände führten kleine, nervöse Bewegungen aus, an ihrem Hals pochte eine Ader, und ihre Lippen bewegten sich, ohne daß ein Laut zu hören war. Skar streckte die Hand nach ihr aus und be-rührte Kiina an der Schulter. Ihre Haut war kalt und feucht, und er konnte durch den Stoff der Decke hindurch ihren rasenden, unregelmäßigen Puls spüren. Es war zu dunkel hier drinnen, als daß er ihr Gesicht wirklich erkennen konnte, aber das wenige, was er sah, erschreckte ihn zutiefst: Kiinas Haut glänzte wie Wachs, und das bißchen Sternenlicht, das sich durch die Ritzen der Tür mogelte, ließ sie nun wirklich
grau
aussehen. Aus den dunklen Ringen unter ihren Augen waren schwarze Halbmonde geworden, ihre Wangen waren eingefallen, und das blonde, ehemals seidig glänzende Haar sah aus wie Stroh.
    Sie reagierte auch nicht auf seine Berührung, sondern begann sich nur stärker im Schlaf zu bewegen. Skar warf einen besorgten Blick zur Tür, beugte sich über das Bett und flüsterte Kiinas Name; einmal, zweimal, dreimal, jedesmal ein wenig lauter, bis sie schließlich stöhnend die Augen aufschlug und ihn

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