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Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Titel: Enwor 8 - Der flüsternde Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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seine Augen sah, wußte er, daß er sich abermals getäuscht hatte.
    Es war drei Wochen her, daß er Wesen wie dieses schon einmal gesehen hatte, auf der großen Ebene östlich von Drasks Burg.
Errish,
die die Chitinhaut eines toten
Ultha
als Panzer trugen. Und doch war es das erste Mal, daß er die grundlosen, irisierenden Insektenaugen in dem gigantischen Ameisenschädel sah, das Funkeln einer bösen, lauernden Intelligenz darin erkannte und die furchtbar fremdartigen, spinnenhaften kleinen Rucke sah, mit denen das Wesen sich bewegte.
    Skar weigerte sich selbst jetzt noch für Augenblicke, den Gedanken zu akzeptieren, aber es war so: Dies hier war keine
Errish,
die den Panzer eines fremden Wesens trug wie eine monströse schwarze Rüstung.
    Der Ultha lebte.
    Für geschlagene zehn Sekunden saß Skar einfach da und starrte die monströse Insektenkreatur an, unfähig, sich zu rühren, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen, irgend etwas zu empfinden, zu fühlen. Der Schock war total, schlimmer als irgend etwas, was er je erlebt hatte. Der
Ultha
lebte, das war alles, was er denken konnte. Er war lebendig, und er bewegte sich, und er
gab den Errish Anweisungen!
    Dann — endlich — erwachte ein anderer Teil seines Denkens, den er schon viel zu lange vermißt hatte: der Satai. Der Krieger, dem die alten Legenden der Quorrl und alle Gedanken an Verrat und Betrug ziemlich gleichgültig waren und der den
Ultha
einzig als das betrachtete, was er war: ein Monstrum und ein fürchterlicher Gegner. Die dürren Insektenarme mußten kräftig genug sein, ihn mit einer spielerischen Bewegung in Stücke zu reißen. Sein einziges Kleidungsstück war ein dünner Gürtel aus schwarzen Lederschuppen, an dem gleich zwei Schwerter hingen, und als wäre all dies noch nicht genug, wuchsen aus dem unteren Drittel des dreieckigen flachen Schädels zwei fürchterliche Zangen, halb so lang wie Skars Unterarm. Er begriff, daß es um ihn geschehen war, wenn dieses Wesen ihn auch nur
bemerkte,
und verscheuchte jeden Gedanken an einen Angriff.
    Hastig zog er sich tiefer in den Schatten des Palisadenzaunes zurück und schlich weiter, wobei er immer wieder sichernd zu den
Errish
und dem schrecklichen Insektendämon hinübersah. Aber die mannshohe Palisadenwand bot ihm ausgezeichnete Deckung; selbst wenn eine der
Errish
oder der
Ultha
direkt in seine Richtung geblickt hätten, hätten sie ihn kaum entdeckt.
    Er erreichte das Ende des Zaunes, ließ sich in den schwarzen Schlagschatten eines Felsens sinken und sah abermals zu den
Errish
zurück. Zwischen den schlanken Frauengestalten bewegten sich noch mehr Schatten, deren Bewegungen ihn alarmierten, aber das Licht war zu schlecht, um zu entscheiden, ob ihm seine Phantasie nur einen bösen Streich spielte oder der
Ultha
nicht allein gekommen war. Es spielte auch keine Rolle.
    Vorsichtig erhob er sich aus seiner Deckung und sah sich um.
    Links von ihm erstreckte sich das Lager, auf der anderen Seite war der schwarze Abgrund der Steilküste, unter der das Meer schäumte. Er erinnerte sich wieder des gewaltigen Schattens, den er von seiner Hütte aus zu sehen geglaubt hatte. Ein Schiff? Ja, wahrscheinlich ein Schiff. Behutsam schob er sich weiter, kroch bis unmittelbar an den zerbröckelnden Rand der Steilküste heran und hob den Kopf.
    Es
war
ein Schiff.
    Und doch wieder nicht.
    Es war riesig, schwarz von Bug bis Heck und von fast absurd gedrungener Form, die etwas schwer in Worte zu fassendes Unheimliches und Angsteinflößendes hatte. Beiderseits des buckeligen Rumpfes ragten mehr als ein Dutzend Ruder ins Wasser, lang und dünn und in der Mitte geknickt, so daß sie dem Schiff etwas von einem übergroßen Käfer gaben, der eher über das Wasser
lief,
als daß er ruderte, und das Segel, riesig und wie das gesamte Schiff von tiefem Schwarz, ähnelte einem zerfetzten Hautlappen.
    Und ganz genau das war es auch.
    Was dort, fünfhundert Fuß unter Skar, in der Brandung schaukelte, unheimlich und dräuend und sich mit den landwärts gerichteten Rudern gegen die gefährlichen Riffe stemmend, war der
Dronte.
Die Geißel der Meere, der lebende Killersegler, der Hunderten von Schiffen den Untergang gebracht hatte; und mehr noch
    - es war der
Dronte
gewesen, der den
Daij-Djan
erschaffen hatte, Skars ganz persönlichen Boten aus der Hölle. Was dort unter Skar lag, das war kein Schiff, sondern nur ein
Ding,
das das Aussehen eines Schiffes angenommen hatte, so mühelos, wie es wahrscheinlich in jede beliebige

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