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Enwor 9 - Das vergessene Heer

Enwor 9 - Das vergessene Heer

Titel: Enwor 9 - Das vergessene Heer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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danach begriffen, daß es mehr war. Ein weiteres Wunder dieses Turmes, das von der ungeheuren Macht seiner Erbauer kündete.
    Zwei Tage waren seit dem ersten und bis zum Moment auch einzigen Gespräch mit Ennart verstrichen, und der dritte neigte sich seinem Ende entgegen. Er hatte den Ssirhaa nicht wiedergesehen, so wenig wie Titch, und er hatte den allergrößten Teil dieser Zeit hier draußen verbracht, auf einem kleinen, von einem nur hüfthohen schmiedeeisernen Gitter umschlossenen Balkon vor einem der drei Fenster. Obwohl es hier draußen merklich kühler als in seinem Quartier war, ging er fast nur hinein, wenn er es mußte. Drinnen hatte er das Gefühl, nicht mehr richtig atmen zu können. Hier draußen…
    Nun, hier konnte er sich wenigstens einreden, frei zu sein.
    Und in gewissem Sinne war er es auch. Jenseits des Balkongitters war nichts mehr, nur fünfhundert Fuß Tiefe und ein sekundenlanger, rasend schneller Fall, dem die Erlösung folgen würde, wenn er das wollte. Manchmal fragte er sich, ob Ennart ihm diesen Ausweg absichtlich offengelassen hatte, und wenn ja, warum: ob aus Grausamkeit oder Achtung.
    Dabei war er keineswegs in seinem Zimmer eingesperrt. Er war ein Gefangener, aber er wurde behandelt wie ein Fürst. Vor der Tür seines Zimmers — die kein Schloß hatte! — standen Tag und Nacht zwei Männer, die ihm jeden Wunsch erfüllten. Wenn er um etwas bat und es nicht bekam, dann höchstens, weil es in der Stahlfestung nicht existierte. Der einzige Wunsch, den Ian ihm abgeschlagen hatte, war der nach einem Pferd und achtundvierzig Stunden Vorsprung gewesen. Im Turm durfte er sich frei bewegen, so lange und wohin er wollte. Aber es war eine Freiheit, die an den schwarzen Stahlwänden des Turmes endete, denn anders als bei Ennart oder Titch glitten sie nicht von selbst auseinander, wenn er sich einer der verborgenen Türen näherte. Ein paarmal war er zu Kiina gegangen, aber ihr Anblick hatte ihn jedesmal aufs Neue erschreckt, obwohl Ian die Wahrheit gesagt zu haben schien: ihr Zustand besserte sich sichtlich. Ihr Gesicht war noch immer von Krankheit und Siechtum gezeichnet, aber es war keine Totenfratze mehr, die ihm entgegengrinste, wenn er sich über ihr Lager beugte. Was ihn viel mehr erschreckte war, was sie mit ihr taten, denn er verstand es nicht. Und der Gedanke daran, daß nach Kiina auch er auf diesem Bett liegen sollte, gefangen im Netz einer stählernen Spinne, die sein Blut trank.
    Aber sein eigenes Schicksal war nicht der Grund für seine Sorge. Skar hatte längst mit dem Leben abgeschlossen, und irgendwoher nahm er die zwar unbegründete, aber unerschütterliche Gewißheit, daß dieser Kampf so oder so mit seinem Tod enden würde. Was ihn beschäftigte, war vielmehr das, was außerhalb dieses Tales geschah. Wenn die Rechnung stimmte, die er für sich angestellt hatte, dann stand Del mit seinem Heer jetzt am Besh, noch zweihundert Meilen und mithin mindestens fünf Tagesmärsche von Ikne entfernt. Aber vielleicht war auch schon alles zu spät; die Schlacht, die er mit allen Mitteln hatte verhindern wollen, längst entschieden. Del mochte schneller vorangekommen sein, als sie angenommen hatten. Das Wetter mochte ihn begünstigt haben, der Widerstand geringer gewesen sein als erwartet… es gab tausend Wenn und Aber, die zwischen einem Plan und seiner Ausführung lagen. Er hatte Ian auch danach gefragt, aber der Zauberpriester hatte nur mit den Schultern gezuckt, und die Männer vor der Tür wechselten fast täglich und schienen wirklich nicht zu wissen, was außerhalb dieses Tales vorging. Manchmal glaubte er zu spüren, daß es schon zu spät war. Vielleicht war es schon zu spät gewesen, als es begonnen hatte.
    Der Wind trug den zornigen Schrei eines Drachen heran, und Skar schrak abrupt aus seinen Gedanken. Einer der grauen Schatten bewegte sich auf den Ausgang der Schlucht zu. Skar wußte, daß er ihn nicht erreichen würde. Das Tal lief in einer geröllüber-säten Böschung aus, die selbst für einen der großen Drachen zu ersteigen war, aber keines der Tiere tat es. Skar hatte mehrmals beobachtet, wie einer der Drachen aus seinem Gefängnis auszubrechen versuchte, und jeder Anlauf hatte gleich geendet. Auch dieses Tier stürmte wütend los, aber schon nach wenigen Dutzend Schritten erlahmten seine Bewegungen wieder, wurden langsamer, verloren ihre zornige Kraft und wurden schließlich zu einem fast unschlüssig wirkenden Schlendern. Ehe der Drache noch die Hälfte der

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