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Enwor 9 - Das vergessene Heer

Enwor 9 - Das vergessene Heer

Titel: Enwor 9 - Das vergessene Heer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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schrille, unwillige Kreischen einer Daktyle herauf. Skar hörte eine Stimme, ohne die Worte zu verstehen, die sie sagte. Er wollte sich zur Tür wenden, hielt dann aber mitten in der Bewegung inne, als die Stimme ein zweites Mal und näher erscholl.
    Und plötzlich wußte er.
    Von einer Sekunde auf die andere sah er alles ganz deutlich vor sich, so klar und logisch, daß er eine weitere Sekunde damit verschwendete, sich verblüfft zu fragen, wieso er nicht schon vor Wochen darauf gekommen war. Plötzlich wußte er, wer Ennart wirklich war, was er wirklich wollte und warum. Alles war ganz klar und logisch, alle Widersprüche mit einem Male erklärt, alle offenen Fragen beantwortet; einschließlich der, wieso es so lange gedauert hatte, bis er endlich begriff.
    Etwas hatte ihn am Denken gehindert. Die gleiche Macht, die die Seelen jeder denkenden Kreatur Enwors vergiftete, hatte auch sein Bewußtsein getrübt. Nicht so sehr, daß es ihm aufgefallen wäre, sondern behutsam, wie ein schleichendes, heimtückisches Gift, das seine Gedanken immer nur dann unterbrach, wenn sie sich in eine ganz bestimmte Richtung bewegten…
    Del! dachte Skar entsetzt. Großer Gott! Del und das gesamte Heer würden…
    Der Gedanke entglitt ihm. Etwas wie ein unsichtbarer, stählerner Besen schien durch seinen Schädel zu fahren und sein Bewußtsein umzustülpen. Plötzlich war wieder nichts als Chaos in seinen Gedanken, alle Teile des Mosaiks noch immer da, aber wieder in heilloser Unordnung. Das Bild, das er für den Bruchteil einer Sekunde in aller Deutlichkeit gesehen hatte, zerbarst wie eine Glasscheibe in Millionen Teile, und dann glaubte er zum zweiten Mal etwas wie ein Erdbeben der Schöpfung selbst zu fühlen. Der Schleier war wieder da. Skar konnte fühlen, wie sich ein ganz bestimmter Aspekt seines Bewußtseins trübte, ohne daß er in der Lage war, etwas dagegen zu tun. Was immer geschehen war, sie hatten es rückgängig gemacht, kaum daß sie ihren Fehler bemerkt hatten.
    Verwirrt sah er sich um. Es war wieder still. Aber die Betonung lag auf dem Wort wieder. Er hatte den Schrei der Daktyle nicht vergessen. Auch das magische Schweigen des Turmes war fort gewesen, so wie das unsichtbare Spinnennetz in seinem Kopf, das ihn am Denken hinderte. Für Augenblicke, da war er sicher, hatte die gesamte ungeheuerliche Maschinerie dieses Turmes versagt. Und diese Erkenntnis war ungeheuer wichtig. Er hielt sie fest wie einen Schatz. Mit einem Ruck drehte er sich um und eilte zur Tür.
    Im nächsten Moment taumelte er zwei Schritte zurück und sank mit einem Schmerzlaut auf die Knie, denn die Tür wurde so hart aufgestoßen, daß sie ihm vermutlich alle Knochen im Leib zerschmettert hätte, hätte sie ihn voll getroffen und nicht nur gestreift. Unter der Öffnung erschien eine taumelnde Gestalt: einer der beiden Männer, die draußen bereitgestanden hatten, um seine Wünsche zu erfüllen. Sein Gesicht war eine Grimasse der Qual, und sein Mund hatte sich zu einem Schrei geöffnet, ohne daß auch nur der geringste Laut über seine Lippen kam.
    Sein Wams war rot. Etwas hatte seine Kehle zerfetzt.
    Skar fand kaum Zeit, seinen Schrecken zu überwinden, denn hinter dem Sterbenden wuchs plötzlich eine riesenhafte, breitschultrige Gestalt mit einem Gesicht aus Schuppen und Panzerplatten in die Höhe. Von ihrer rechten Hand tropfte Blut.
    Skar ließ sich einfach zur Seite fallen, als der Quorrl mit einem Wutschrei auf ihn losstürmte, wobei er den sterbenden Zauberpriester einfach beiseite schleuderte. Er entging dem Fausthieb des Giganten nur um Haaresbreite, rollte sich blitzschnell zur Seite und versuchte auf die Füße zu kommen, aber er hatte die Schnelligkeit seines Gegners unterschätzt. Der Quorrl tobte vor Zorn, aber es war nicht jene Art von Zorn, die ihn blind gemacht hätte. Noch ehe Skar sich halb erhoben hatte, war er heran, packte ihn und schleuderte ihn quer durch den Raum. Skar prallte mit furchtbarer Wucht gegen die Wand neben dem Balkon, sank halb benommen zu Boden und kämpfte mit aller Macht gegen die Bewußtlosigkeit an, die seine Gedanken zu verschlingen drohte. Er hörte die Schritte des Quorrl und sah den Giganten als verzerrten Schatten auf sich zustampfen. Er wollte die Fäuste heben, um sich wenigstens zu wehren, aber seine Arme schienen plötzlich Zentner zu wiegen. Der Angriff war so vollkommen überraschend gekommen, daß er nicht die Spur einer Chance gehabt hatte.
    Draußen auf dem Gang erscholl ein gellender Schrei.

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