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Enwor 9 - Das vergessene Heer

Enwor 9 - Das vergessene Heer

Titel: Enwor 9 - Das vergessene Heer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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die Höhe, schwarz und konturlos in der Finsternis und scheinbar so gewaltig wie ein Berg. Skar streckte die Hand aus und fühlte rauhen, kaum bearbeiteten Stein. Titch hatte von losen Brettern gesprochen.
    »Hier, Skar.«
    Kiina war in der Dunkelheit verschwunden, aber es fiel ihm nicht schwer, die Richtung auszumachen, aus der ihre Stimme kam. Vorsichtig bewegte er sich darauf zu, erkannte einen kauernden Schatten und hörte fast im gleichen Moment ein gedämpftes Knarren. In der schwarzen Wand hinter Kiina tat sich ein dreiek-kiger Spalt in noch tieferem Schwarz auf.
    Er hatte kein gutes Gefühl, als er gebückt hinter Kiina in den Schuppen kroch. Sicher, es war alles so, wie Titch vorhergesagt hatte: der Felsen war da, der Schuppen und sogar der geheime Eingang zu dem Kinderversteck, aber es waren
zwanzig
Jahre vergangen, seit Titch und seine Freunde sie für ihre Spiele benutzt hatten. Die Götter allein mochten wissen, wozu all dies
heute
diente. Vielleicht kamen sie geradewegs unter dem Bett des quorrlschen Äquivalents eines Bürgermeisters heraus. Oder in seiner Vorratskammer.
    Im Moment jedenfalls sah er nichts als eine Schwärze, die so tief war, daß er fast meinte, sie anfassen zu können. Ein unangenehmer, nicht einzuordnender Geruch hing in der Luft und machte ihm das Atmen schwer, und seine tastende Hand stieß fast unmittelbar auf Widerstand: eine zweite, hölzerne Wand, die den winzigen Raum auf weniger als eine Armeslänge einengte.
    Er hatte niemals unter Platzangst gelitten, aber als Kiina sich nach wenigen Sekunden umständlich in ihrem winzigen Versteck umdrehte und das lose Brett wieder an seinen Platz schob, hatte er plötzlich das Gefühl, überhaupt nicht mehr atmen zu können. Sein Herz jagte. Er spürte Kiinas Nähe, den Stoff ihres Mantels und ihr seidiges Haar, das seine Wange kitzelte, und beides war ihm auf seltsame Art unangenehm. Er mußte sich beherrschen, um nicht trotz der Enge zu versuchen, von ihr fortzurücken.
    Seine Hand wurde feucht vor Schweiß.
    Er hörte Kiina neben sich in der Dunkelheit hantieren, dann klapperte etwas. »Hier ist etwas«, sagte sie. »Ich kann es nicht genau ertasten, aber… ja. Es ist eine Lampe. Hast du Feuersteine?«
    »Nein«, antwortete Skar. Seine Stimme klang krächzend. Er versuchte, diesen Eindruck auf die sonderbare Akustik des winzigen Verschlages zu schieben, aber er konnte nicht einmal sich selbst belügen. Er hatte Angst, ganz plötzlich. Er war halb wahnsinnig vor Angst. Und er wußte nicht einmal, warum.
    Kiina seufzte. »Natürlich nicht«, sagte sie. »Was für eine dumme Frage. Warte.« Wieder tat sie etwas, was er nur hörte und nicht sehen konnte, aber nach Augenblicken glomm ein winziges rotes Flämmchen zwischen ihren Fingern auf, sprang auf den Docht der groben Öllampe über, die sie gefunden hatte, und wuchs zu einem bleichen, flackernden Licht. Skar erkannte, daß der Verschlag wirklich so winzig war, wie er geglaubt hatte. Jetzt, als er seine Wände
sehen
konnte, kam er ihm sogar noch kleiner vor.
    Das Mädchen schob die Lampe so weit von sich fort, wie es ging, und rutschte gleichzeitig näher an Skar heran, schon, damit die Flamme nicht auf ihren Mantel oder ihr Haar übergriff. Sie sah zu ihm auf, und er versuchte sich wenigstens einzureden, daß der im blassen Licht der Lampe nur zu erahnende Ausdruck auf ihrem Gesicht ein Lächeln sein sollte. Er fragte sie nicht, wie sie das Feuer gemacht hatte, aber Kiina sagte es ihm trotzdem. »Ein alter Trick der
Errish«,
sagte sie. »Du wärst erstaunt, wenn du wüßtest, wie einfach er ist.«
    Sie sagte das nicht einfach nur so dahin. Sie hatte genau die gleichen Worte schon einmal gesagt, vor Monaten, die ihm wie Jahre vorkamen, auf der anderen Seite der Welt und in einem anderen Leben, und sie erfüllten ihn mit einer seltsam melancholischen Traurigkeit. Und genau wie damals waren sie sich nahe, so nahe, wie sich zwei Menschen nur sein können.
    Zögernd streckte er die Hand nach ihr aus, berührte ihre Schulter, ihr Haar, ließ seine zitternden Fingerspitzen über ihre Wange gleiten, ihre Augen… Ein Gefühl tiefer Zärtlichkeit durchströmte ihn, eine Liebe, die vom ersten Tag an zwischen ihnen gewesen war und die nichts glich, was er jemals erlebt hatte. Es war nichts Körperliches. Er würde sie niemals berühren, und er wußte auch, daß sie es nicht zulassen würde, sollte er es versuchen. Und doch war er bereit, sein Leben für sie zu geben, ohne zu zögern. Früher,

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