Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 9 - Das vergessene Heer

Enwor 9 - Das vergessene Heer

Titel: Enwor 9 - Das vergessene Heer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Dorf zu nähern. Skar fragte sich vergeblich, wie sie die gut dreihundert Schritte vollkommen deckungslosen Geländes überwinden sollten.
    »Nein«, antwortete Titch mit einiger Verspätung. »Aber auf der anderen Seite der Palisadenwand liegt ein Findling. Als Kinder haben wir ihn benutzt, wenn wir uns aus der Stadt schleichen wollten.«
    »Als Kind?«
    »Ich wurde hier geboren«, sagte Titch. Er machte eine unwillige Geste, als Skar etwas sagen wollte. »Still jetzt. Ich überlege, wie ich sie ablenken kann.«
    »Vielleicht, wenn wir hierbleiben, bis es wieder dunkel ist?« schlug Kiina unsicher vor.
    Titch blickte erst sie, dann Skar auf eine sehr bezeichnende Art an und schüttelte den Kopf. »Nein. Es wird gerade erst Tag. Zehn oder elf Stunden ohne Essen und Feuer haltet ihr beide nicht aus.«
    Kiina wollte protestieren, aber Skar brachte sie mit einem zornigen Blick zum Verstummen. Im Gegensatz zu Kiina
kannte
er seine Grenzen. Und die waren eindeutig erreicht.
    »Was sind das für Krieger?« fragte er.
    Titch zuckte abermals die Schultern. .»Das weiß ich nicht.
    Noch nicht. Frag mich in einer Stunde noch einmal. Vielleicht kann ich es dir dann sagen.«
    »Was hast du vor?«
    Titch deutete auf die flachen schwarzen Silhouetten der Quorrl vor dem Tor, dann auf die Stadt. »Ich lenke sie ab. Ihr zwei schleicht euch auf die andere Seite und versucht über die Wand zu steigen; dort, wo der Felsen ist, den ich euch beschrieben habe. Direkt auf der anderen Seite findet ihr einen Vorratsschuppen. An seiner Rückseite sind ein paar lose Bretter. Kriecht hindurch und wartet auf mich.«
    Kiina nickte nur, aber Skar war mit Titchs knappen Anweisungen ganz und gar nicht zufrieden. »Wie lange ist es her, daß du dort gespielt hast?« fragte er.
    »Lange«, antwortete Titch. »Zwanzig Jahre. Aber keine Sorge. Das Versteck ist noch da. Kinder ändern sich nicht.«
    »Aber die Erwachsenen könnten es entdeckt haben«, wandte Kiina ein.
    Titch lächelte schwach. »Das brauchen sie nicht. Sie kannten es auch damals schon. Und jetzt geht. Ich warte eine halbe Stunde hier. Zeit genug für euch.« Er machte eine auffordernde Handbewegung und sah Skar prüfend an. »Wirst du es schaffen?«
    »Habe ich eine Wahl?« antwortete Skar.
    »Nein«, sagte Titch. »Viel Glück.«
    Kiina wollte etwas sagen, aber Skar ergriff sie einfach bei der Hand und zog sie ein Stück in den Wald hinein. Kiina machte eine ärgerliche Bewegung und entriß ihm ihre Hand. Er versuchte nicht, sie festzuhalten, aber er spürte, daß er auch nicht die Kraft dazu gehabt hätte.
    »Was soll das?« fauchte Kiina. »Hör endlich auf, mich wie ein Kind zu behandeln!«
    »Dann hör auf, dich so zu benehmen«, gab Skar ungerührt zurück. Kiina funkelte ihn zornig an, aber er drehte sich einfach um und ging weiter, noch ehe sie Gelegenheit fand, zu widersprechen. Einen Moment lang sah es so aus, als wollte sie zu Titch zurückgehen oder einfach stehenbleiben, dann murmelte sie etwas, was Skar nicht verstand, ballte die Fäuste und stürmte mit zornig gesenktem Kopf hinter ihm her.
    Sie hielten sich dicht am Waldrand; gerade weit genug von ihm entfernt, um vom Dorf aus nicht gesehen zu werden, sollte jemand zufällig in ihre Richtung blicken. Die halbe Stunde, von der Titch gesprochen hatte, erwies sich als gerade ausreichend, denn der Weg war vielleicht nicht übermäßig weit, aber beschwerlich. Die Bäume standen auf dieser Seite viel dichter als auf der anderen, und auch das Unterholz war dichter. Skar blieb mehr als einmal in drahtigem Gestrüpp stecken, dessen nadelspitze Dornen selbst durch seine dicken Hosen stachen, und ein paarmal mußten sie umkehren und große Umwege in Kauf nehmen, um überhaupt weiter zu kommen. Skar schätzte, daß ihre Frist nahezu abgelaufen war, als sie die Stadt zur Hälfte umrundet hatten und der Felsen unter ihnen lag, von dem Titch gesprochen hatte; nicht mehr als ein verwaschener heller Fleck in der Dämmerung, aber er war da.
    Kiina wollte sofort weitergehen, aber Skar hielt sie mit einem Kopfschütteln zurück. Dem Impuls, nach ihrer Hand zu greifen und sie festzuhalten, unterdrückte er im letzten Augenblick. »Warte«, flüsterte er. Kiina sah ihn fragend an, und Skar deutete mit einer Kopfbewegung auf den Weg, der vom Stadttor aus den Hang hinaufführte. Er verschmolz mit dem in der Dunkelheit schwarz aussehendem Gras, ehe er den Wald erreichte, aber Kiina begriff, was er meinte. Sie nickte, zog sich wieder ein Stück

Weitere Kostenlose Bücher