Eobal (German Edition)
genommen. In ihren Gesichtern standen Fatalismus und Resignation. Die beiden Gefangenen ahnten eindeutig ziemlich genau, was sie bei den Meranern erwarten würde.
Wie aus dem Nichts pflanzte RagaNahir sich neben Zant und Daxxel auf. Der meranische Botschafter schien sehr zufrieden.
»Wir werden die beiden Gefangenen sogleich verhören. Ich gehe davon aus, dass Sie beide dem Verhör beiwohnen wollen.«
Daxxel öffnete den Mund, doch Zant legte ihm eine Hand auf den Unterarm.
»Nein, Herr Botschafter«, erwiderte sie statt seiner. »Machen wir uns nichts vor: Die Verhörmethoden des Kalifats entsprechen nicht den Standards, die wir für solche Zwecke setzen. Die Akte kann nichts dagegen tun, dass Sie mit den Gefangenen anstellen, was immer Sie wollen, andererseits aber dürfen wir auch nicht durch Zuschauen daran beteiligt sein.«
»Sie sind aber doch daran beteiligt«, sagte RagaNahir in scheinbarem Erstaunen. »Sie haben doch das flüchtende Shuttle ausgeschaltet, Werteste! Oder dachten Sie etwa, wir würden die Gefangenen zum Dank Ihnen überlassen?«
Zant fiel darauf nichts ein. Wenn sie nicht gehandelt hätte, wären die beiden Flüchtigen möglicherweise entkommen. Das hätte auch nicht geholfen. Sie schaute Daxxel an, doch der zuckte mit den Schultern.
RagaNahir stieß ein Lachen aus und wandte sich ab.
Er ließ die beiden Terraner wie nasse Hunde im Hangar stehen.
Kapitel 22
»Das ist die Zusammenfassung«, meinte der meranische Botschafter vier Stunden später, als die Ruhm des Kalifen sich bereits auf den Rückweg nach Eobal gemacht hatte. »Der turulianische Botschafter war der Verbindungsmann der Perlenmafia auf Eobal und er benutzte ein Netzwerk turulianischer Geschäftsleute, um den Handel im Kalifat zu organisieren. Unser toter meranischer Freund gehörte offenbar zu seinen Ansprechpartnern im Kalifat.«
RagaNahir zeigte keinen Abscheu. Jeder wusste, dass der Perlenhandel im Kalifat ohne Kollaborateure vor Ort gar nicht funktionieren konnte.
»Wie es scheint, wollte er jedoch mehr aus Dhloma herausschlagen und hatte begonnen, ihn zu erpressen. Dies hat Dhloma an seine Chefs in der Perlenmafia weiterberichtet, die dann für seinen frühen Tod gesorgt haben. Darüber hinaus bediente sich die Mafia einflussreicher Regierungskreise auf Eobal sowie diverser Gestalten aus der Unterwelt. Wir haben sogar Hinweise, dass es eine geheime Produktionsstätte auf Eobal geben soll. Die derzeitige Administration ist sehr bestrebt, uns bei der Auffindung dieser Anlage zu unterstützen.«
Daxxel nickte. Es hatte auf Eobal eine Regierungsumbildung gegeben. Dieser war unter anderem auch sein spezieller Freund, Polizeichef Volgaan, zum Opfer gefallen. Wie man hörte, galt diese Redewendung in ihrem wörtlichen Sinne. Daxxels Bedauern hielt sich in Grenzen.
»Dhloma hat das terranische Konsulat verwanzt, offensichtlich mit meranischer Schwarzmarktware …«, sagte der Botschafter mit einem leichten Schwanzzucken, »… wie auch jede andere Botschaft, die er hatte infiltrieren können. Er verfügte über sämtliche Zugangscodes und bekam alles mit, was in Ihren Räumlichkeiten besprochen wurde. Das gestaltete sich aufgrund Ihrer Freundschaft offenbar besonders einfach.«
»Sagen Sie es ruhig frei heraus«, murmelte Daxxel. »Ich war ein vertrauensseliger Idiot.«
Der Meraner kommentierte das nicht, sondern fuhr in seiner Darstellung fort. Daxxel vermied es, Zant in die Augen zu blicken. Er war rot angelaufen.
»Dhlomas Tod kam offenbar auch für die Mafia völlig unerwartet. Man befürchtete wahlweise ein Eingreifen des meranischen Sicherheitsdienstes oder des eobalischen Präsidialamtes, das ebenfalls über einen durchaus gefürchteten Dienst verfügt. Offenbar ging man von der Vermutung aus, dass es eine undichte Stelle gab – ein weiterer Grund, warum der Meraner in ihren Diensten schnell hatte sterben müssen.«
»Dhloma hat ihm Geld gegeben«, erinnerte Zant.
RagaNahir nickte. »Daher der Hinweis zu Dhlomas Kreditkarte, den Leda Ihnen gegeben hat.«
Daxxels Gesichtsröte wollte gar nicht mehr nachlassen. Er hatte bei all der Hektik keine Zeit gefunden, diesem Tipp nachzugehen.
»Auf was wäre ich gestoßen, wenn ich den Hinweis ernst genommen hätte?«, fragte er kleinlaut.
»Auf Transaktionen. Überweisungen. Summen, die kein Botschafter privat zur Verfügung hat. Er wurde erpresst. Aber Dhloma hatte kein Interesse, in dieser Sache selbst tätig zu werden, er meldete die Erpressung nur an seine
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