Eobal (German Edition)
Ich melde ein flüchtendes Shuttle …«
Sie hörte meranische Wortfetzen – anscheinend verfügten sie doch über Flüche, der Tonfall war unverkennbar – und dann spürte sie mächtige Erschütterungen. Das Söldnerschiff hatte unvermittelt zu feuern begonnen. Offenbar hatte man doch nicht alle Waffentürme entdeckt.
Sie sprang nach vorne, auf ein zweites Shuttle zu, das mit offenem Schott im Hangar stand. Sie rannte hinein, schlug auf den Schließmechanismus und hastete ins Cockpit. Es war ein Standardmodell, ein kleineres Dropship terranischer Fertigung, eindeutig die Militärausführung. Zant warf sich in den Pilotensitz. Die Schmerzmittel wirkten, denn ihre Wirbelsäule protestierte nur schwach. Sie aktivierte mit routinierten Handgriffen die Steuerung, das Shuttle erwachte zum Leben. Ein Zittern fuhr durch das Fahrzeug, als sie es abheben ließ. Warnanzeigen flackerten auf. Die Ruhm hatte ohne Zweifel das Feuer erwidert und begonnen, den Söldnerkreuzer zu Schrott zu schießen.
»Mayday! Stellen Sie das Feuer ein!«, drang eine verzweifelte Stimme aus den Lautsprechern.
»Erst Sie, Söldner!«, kam die barsche Antwort.
»Das geht nicht! Wir versuchen es die ganze Zeit! Diese verdammten Bastarde …«
Die Stimme erstarb, doch Zant hatte genug gehört. Offenbar hatten Teile der Crew ihre Schiffskameraden hintergangen, um sich eine Möglichkeit zur Flucht zu verschaffen. Die Ruhm war mit den Söldnern beschäftigt, das Kampfshuttle, in dem Zant saß, schnell und wendig – und es wäre wenig verwunderlich, wenn nicht zur Absicherung irgendwo da draußen ein überlichtschnelles Fluchtschiff warten würde.
Sie biss die Zähne zusammen, als sie den Beschleunigungshebel nach vorne schob und der Druck sie in den Pilotensitz presste. Ihre Wirbelsäule protestierte und der Medmonitor begann wieder zu klagen. Meranische Warnsignale in einem terranischen Kampfanzug – eine Kombination, auf die sie gut hätte verzichten können.
Das Shuttle hüpfte förmlich aus dem Hangar. Auf dem Scanner war das bereits gestartete Boot gut zu erkennen. Es flog offenbar mit mehr als nur voller Beschleunigung in einem senkrechten Winkel vom Kampfgeschehen fort. Die hell glühende Energieanzeige verriet Zant, dass die Piloten das Triebwerk des Shuttles bewusst zu Schrott flogen. Es war demnach egal, wie sie an ihrem Ziel ankamen – Hauptsache, sie kamen an.
»Das kann ich auch«, murmelte Zant. Sie schob eine Plastikhalterung zur Seite und drückte den Knopf der Hauptsicherung tief in die Fassung. Damit hatte sie alle Ausfallsicherungen heruntergefahren. Sie konnte ihr Shuttle jetzt auch zu Tode reiten.
Der Andruck presste sie erneut tief in die Schale des Pilotensessels. Hektische Warnsignale verlangten ihre Aufmerksamkeit. Kleine Lichtpunkte verließen das flüchtige Raumboot und strebten auf Zant zu. Sie warf einen Blick auf ihr Waffenleitpult. Das Shuttle war mit Raum-Raum-Raketen ausgestattet – und trug an der Spitze zwei Lasercluster zur Abwehr derselben. Doch eigentlich …
Zant grinste.
Sie schaltete die Freund-Feind-Erkennung ein. Um diese zu deaktivieren, bedurfte es eines speziellen, codierten Befehls des Mutterschiffs, etwa im Falle einer Entführung. Die war zwar jetzt eingetreten, doch die Söldner hatten derzeit sicher anderes zu tun, als auf entführte Shuttles zu achten.
Die Lenkwaffen zischten an Zants Shuttle vorbei. Für die kleinen Elektronengehirne der tödlichen Geschosse war sie ein Freund, kein Gegner. Da drüben fluchte jetzt jemand.
Aber Zant holte nicht auf. Beide Shuttles waren baugleich, und beide Piloten flogen sie an dem Limit, das gerade noch vertretbar war. Die kämpfenden Großschiffe waren längst achtern verschwunden.
Zant stellte eine Verbindung zur Ruhm her.
»Ich brauche eine Verbindung zum Söldnerschiff«, forderte sie, ehe jemand ihr irgendwelche Vorwürfe machen konnte. »Und Sie müssen das Feuer einstellen!«
»Die haben …«
»Stellen Sie es ein. Kann der Söldnerkreuzer der Ruhm noch ernsthaft gefährlich werden?«
»Nein, er …«
»Die Verbindung. Schnell.«
Zant konnte nicht sagen, was den Auslöser gab. War es ihre gewohnte Kommandostimme? Die Dringlichkeit der Situation? Hatte RagaNahir stillschweigend eingegriffen und ihre Anweisungen autorisiert?
Es knackte und eine ihr unbekannte Stimme klang aus den Lautsprechern. Dann, Augenblicke später, schälte sich auch eine verzerrte Bildübertragung heraus. Eine Devanerin war zu sehen, den Schnabel halb
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