Epicordia
Eitelkeiten
werden einem niemals zu Freunden â wohl zu treuen Begleitern, aber niemals zu
Freunden.
Francesco Bastiani stand im dunklen
Anzug neben seinem Vater auf der Piazza Elo. Die Menge um sie herum
interessierte beide Männer für einen Augenblick nicht, obwohl der ausgelassene
Trubel sie doch eigentlich hätte mitreiÃen müssen. Ihre Frauen waren irgendwo
zwischen den jubelnden Gästen verschwunden. Gemeinsam wohlgemerkt!
In diesem einen besonderen
Augenblick gab es nur die beiden Männer. Vater und Sohn. Einen stolzen Vater
und seinen ältesten Sohn, weit entrückt von allen Idealen, die ihre Familie
über Generationen aufgetürmt hatte, um sich dahinter zu verschanzen. Eitel und
misstrauisch waren sie geworden. Und sie würden es wohl noch eine ganze Weile
bleiben.
Doch möglicherweise waren sie durch
die Wirren um Epicordia dazu gezwungen worden, die Welt ein wenig anders zu sehen.
Keinem Stolz der Welt konnte es entsprechen, wenn man zurechtgewiesen wurde,
obwohl man es hätte unterbinden können. Doch so war es nun mal mit dem Stolz,
der sich bisweilen auch Eitelkeit zu nennen pflegte: Er versperrte einem den
ungetrübten Blick auf die Welt, wie sie sein sollte.
Die Aufräumarbeiten in den tiefsten
Tiefen würden noch ihre Zeit in Anspruch nehmen. Etwas zögerlich hatte man der
Zusammenarbeit mit den Mechanikern aus der düstergoldenen Stadt zugestimmt.
Aber schlieÃlich hatte man es pragmatisch betrachtet: Was hätte man schlieÃlich
auch mit den vielen Zahnrädern, Federn und Speichen tun können? So viel Schrott
hatte sich dort unten angesammelt.
Wie durch eine Fügung hatten alle
Beteiligten der Schlacht in den tiefsten Tiefen , wie man sie nun nannte, überlebt. Grund genug, ausgelassen zu
sein. Doch das war lange nicht alles.
Fernando Bastiani blickte zu seinem
Sohn hoch, der ihn immerhin um einen ganzen Kopf überragte. Ein groÃer, dünner
Kerl war er geworden, immer leicht trottelig wirkend, wenn er sich nicht gerade
auf etwas konzentrierte. Die ersten grauen Haare zeigten sich mittlerweile auch
an ihm. Doch das Clanoberhaupt der Bastianis musste sich eingestehen, dass
Francesco wohl am meisten Courage von allen hier besaÃ. Wem Stolz nichts
bedeutete, der konnte eben leicht über einen solchen hinwegsehen, das hatte er
seinem Sohn ein halbes Leben lang vorgeworfen. Doch wer sich von seinem Stolz
gefangen nehmen lieÃ, war bloà eine Geisel seiner Ãberheblichkeiten, bloà ein
Geist der GröÃe, die er einst hatte erreichen wollen. Und das war eine
Erkenntnis, von der Fernando Bastiani nun beschlossen hatte, dass sie ihn den
Rest seiner verbleibenden Jahre beschäftigen sollte.
Zögernd legte er eine Hand auf die
Schulter seines ältesten Sohnes und drückte sie.
Francesco nickte ihm zu und in
seinem Blick lag alles, was Fernando sich wünschen konnte.
Sie fielen in den Applaus mit ein,
der sich um sie herum erhob, als Milan Petric seine Robina in dem wallenden
Kleid auf den Brunnen hob, aus dem noch nie Wasser geflossen war. Sie küssten
sich leidenschaftlich.
Francesco, der wusste, wie schwer
es einem die Umstände, in die man schuldlos hineingeboren war, machen konnten,
wischte sich einen feuchten Schimmer aus dem rechten Auge â und applaudierte
weiter. Er wünschte ihnen alles Gute, von Herzen. Ein Leben, eine Liebe und
einen Namen teilen zu können war nicht immer einfach, das kannte er. Und
besonders galt dies dann, wenn die Menschen um einen herum doch bloÃ
misstrauisch beäugten, wenn es jemand wagte, die Normen zu durchbrechen. So,
wie auch er es getan hatte.
Robina Petricââ¦
Er lieà sich den Gedanken auf der
Zunge zergehen.
Und er gefiel ihm.
Etwas abseits von all dem
stand ein junger Mann, der von Liebe eine Idee hatte. Und einst würde er sie
bestimmt finden, die Liebe. Und sie ihn. Sie würde aufhören, ihn heimzusuchen,
ihn verhungern zu lassen.
Es war alles richtig so, wie es
gelaufen war. Manchmal fühlte er sich zwar wie der König der traurigen
Gestalten, doch das würde vorbeigehen. Sicherlich. Sein Verstand hatte bereits
akzeptiert, wovon sein Herz bislang nur eine Ahnung hatte.
Lara McLane war eine wunderbare
Frau. Viel wunderbarer, als sie es sich selbst gegenüber wahrhaben wollte. Das
lag nicht bloà daran, dass sie schön wie der Morgen war. Es lag vor allem
daran, dass sie ein schillerndes Herz besaÃ. Eine Aura
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