Er ist der Freund meiner Freundin: Roman (German Edition)
ein, wie wir beide zusammen glücklich werden könnten.«
Obgleich ich genau das Gleiche auch schon gedacht habe, obgleich es eigentlich sonnenklar ist und ich die ganze Zeit wusste, dass dieser Augenblick irgendwann kommen würde, tut es infernalisch weh, es aus seinem Mund zu hören. Kindisch, aber ich wünsche mir, ich hätte es zuerst gesagt. Als ob es dann weniger weh getan hätte.
Ich bin gespannt, ob er mir von Ellis Schwangerschaft erzählen wird.
Irgendwie finde ich, dass er das tun sollte. Es gibt keinen Grund, weshalb nicht. Im Gegenteil.
Seine braungrünen Augen ruhen auf mir, und mir wird klar, dass er eine Reaktion von mir erwartet. Protest oder Zustimmung. Aber ich kann nichts sagen. Nicke nur.
»Ich will Ellinor nicht weh tun«, sagt er. »Ich will sie nicht betrügen, das hat sie nicht verdient! Zugleich fühle ich mich wahnsinnig von dir angezogen, Emma. Du hast auch was Besseres verdient und … Ich meine, dass es an der Zeit für mich ist, erwachsen zu werden und zu meiner Entscheidung zu stehen. Einzusehen, und damit meine
ich wirklich einzusehen, dass man, wenn man sich für etwas entscheidet, sich gleichzeitig gegen etwas anderes entscheiden muss. Dass das zu einer Entscheidung gehört …«
Ich suche seinen Blick und sehe erstaunt, dass seine Augen feucht sind. Er schweigt einen Moment, als wolle er Anlauf nehmen.
»Ellinor hat mir gestern ein Ultimatum gestellt«, sagt er. »Hat gesagt, dass ich mich zusammenreißen muss, wenn wir zusammen weitermachen wollen. Dass ich deutlicher zeigen muss, dass ich zu ihr stehe. Und da hab ich an dich gedacht und war so nah dran …«, er zeigt einen Abstand von einem halben Zentimeter zwischen Daumen und Zeigefinger, »… so nah dran zu sagen, okay, dann machen wir wohl nicht zusammen weiter, aber …«
Mir wird klar, dass Ellinor ihm noch nicht erzählt hat, dass sie schwanger ist! Sie hat gestern vor ihm gestanden, verzweifelt und mit einem wachsenden Kind im Bauch, und hat ihn die Entscheidung über ihre Zukunft fassen lassen, ohne dass er wusste, wie existenziell diese Entscheidung tatsächlich ist! Die Welt um mich herum verschwimmt, ich muss mich an dem Stuhl festhalten, auf dem ich sitze.
»… im Grunde genommen hatte ich mich längst entschieden, hatte mir vorgenommen, mich zu bessern, ihr entgegenzukommen, dir … dir zu sagen, dass wir uns nicht mehr treffen können. Nicht so jedenfalls. Nicht allein.«
Ich nicke stumm. Stille senkt sich schwer zwischen uns und wir sehen uns an.
»Sag was«, bittet Adrian schließlich.
Aber es gibt nichts zu sagen. Versteht er das nicht? Es gibt absolut nichts zu sagen.
»Was willst du hören?«, frage ich.
Adrian lächelt schwach und zieht die Schultern hoch. »Zum Beispiel, dass du neulich mit Ellinor gesprochen hast und ihr als beste Freundinnen beschlossen habt, mich miteinander zu teilen …«
Ich muss lachen. »Das würde dir gefallen, was?«
Er nickt. »Ich würde nicht ablehnen.«
Plötzlich wird er wieder ernst. »Es tut mir leid, wenn ich dir weh getan habe, Emma. Das ist das absolut Letzte, was ich will. Das absolut Letzte auf der Welt.«
»Ebenso«, sage ich.
Adrian steht auf. »Ich geh dann jetzt mal besser. Ich würde dich gerne in den Arm nehmen, aber das schaffe ich nicht, glaube ich.«
Er geht in den Flur.
»Adrian?«, sage ich hastig und er dreht sich um und sieht mich an.
»Ich mag dich auch«, sage ich. »Sehr. Das sollst du wissen.«
Er beißt sich fest auf die Unterlippe und sein Blick ist voller Verzweiflung.
»Ich muss jetzt wirklich los«, sagt er. »Sonst geht das Ganze zur Hölle. Pass auf dich auf, Emma.«
Mit wenigen Schritten ist er im Flur. Ich bleibe sitzen. Mein Körper ist schwer und steif und rührt sich nicht vom Fleck, als ich ihn die Tür öffnen und hinter sich schließen höre. Danach seine Schritte auf der Treppe, immer weiter weg, bis unten die Haustür ins Schloss fällt.
Vielleicht hätte ich ihm erzählen sollen, dass Ellinor schwanger ist, um ihm die Chance zu geben, nach Abwägen aller Seiten für sich zu dem Ergebnis zu kommen, dass dies die einzig richtige Entscheidung war und dass er jetzt an andere Dinge denken und Stellung beziehen muss.
Nein. Ich habe mich schon viel zu sehr in ihr Leben eingemischt. Und ich habe nichts darin zu suchen, außer als Ellinors Freundin, eine Rolle, die ich nicht länger verdiene, aber weiter aufrechterhalten muss. Und ich muss endlich zurück in geordnete Bahnen.
Wie kann es so schrecklich sein,
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