Er ist der Freund meiner Freundin: Roman (German Edition)
entschieden. Ganz sicher. Und ich kann mit Emma reden. Und mit meinem Freund.«
»Du musst wissen, dass du es dir bis unmittelbar vor dem Eingriff anders überlegen kannst.«
Ellinor zögert einen Augenblick. »Darf ich eine Frage stellen?«
Die Hebamme lächelt. »Selbstverständlich.«
»Ist es nach einer Abtreibung schwieriger, Kinder zu kriegen?«
Die Hebamme schüttelt den Kopf. »Du kannst zu jedem anderen Zeitpunkt, der besser in deinen Lebensentwurf passt, Kinder bekommen. Manche Frauen haben sich nach mehreren Abtreibungen entschieden, doch noch Mutter zu werden.«
Ellinor nickt erleichtert.
»Okay«, sagt sie. »Danke.«
Hinterher kommt sie mit ins Miranda und wir gönnen uns jede ein Stück Prinzesstorte. In diesem überwältigenden Gefühlschaos, das sich Leben nennt, braucht man manchmal einfach was Fettes, Süßes und Klebriges.
Natürlich gelingt es mir nicht, meine Sehnsucht nach Adrian einfach über Bord zu werfen und weiterzumachen, als ob nichts gewesen wäre. Es fließen eine Menge Tränen und in manchen Nächten kann ich vor Verzweiflung und Selbstmitleid und verknoteten Laken nicht schlafen. Aber irgendwie geht es doch. Und irgendwie wird es auch leichter.Trotzdem würde ich nicht behaupten, dass es überstanden ist. Das ist es vielleicht nie.
Aber inzwischen bin ich überzeugt, dass ich es überleben werde. Ich habe meine Freunde, Markus, den ich liebe, meinen kleinen Bruder, dem ich in gewisser Weise durch all das etwas nähergekommen bin, und meine Eltern, die weiter ihren »erwachsenen« Kampf miteinander ausfechten.
Der Sommer wird erst dunkelgrün und staubig, dann immer klarer und gelber, bis er in der zweiten Septemberhälfte plötzlich in einem Farbfeuerwerk explodiert. Jetzt ist der Herbst nicht mehr wegzureden.
An einem Samstag Anfang Oktober stromern Markus und ich durch das raschelnde Laub im Videbergspark und unterhalten uns über die Ereignisse der Sommerwochen. Im Park-Café treffen wir Tilde und Fredrik, die immer noch Hand in Hand spazieren gehen und alle naselang stehen bleiben, um sich zu küssen. Wir unterhalten uns eine Weile und gehen dann weiter am Fluss entlang.
»Süß«, sage ich. »Sie sind immer noch frisch verliebt.«
Markus nickt lächelnd.
»Obwohl«, sage ich, »vielleicht ist himmelhochjauchzend und leidenschaftlich doch nicht alles. Nähe und Vertrauen sind auch ganz wichtig. Wärme und Loyalität.«
Markus nickt und sieht mich verstohlen von der Seite an.»Ich habe gehofft, dass du irgendwann mal darauf zu sprechen kommst«, sagt er. »Mir ist nämlich etwas klar geworden, als du mit Adrian rumgemacht hast. Ich weiß nur nicht genau, wie ich es formulieren soll.«
Ich warte stumm auf die Fortsetzung. Ahne vage, was jetzt kommen wird, und bin nicht ganz sicher, wie ich darauf reagieren werde. Ob mir lieber wäre, dass er jetzt nichts mehr sagt.
»Ganz subtil und im Verborgenen«, sagt Markus, »bist du mehr geworden. Mehr als eine Freundin, meine ich. Ich weiß nicht genau, wann das passiert ist, und eigentlich ist es etwas anstrengend, aber keine totale Katastrophe. Vielleicht spielt es keine Rolle, ich weiß es nicht, aber es wäre unehrlich, es dir nicht zu erzählen. Wenn es nur nicht so bescheuert wäre. Man kann doch nicht fünfzehn Jahre jeden Tag zusammen verbringen und plötzlich sagen: ›Oje, ich bin wohl in dich verliebt‹!«
Ich muss lachen. »Das war die merkwürdigste Liebeserklärung, die ich je bekommen habe«, sage ich.
Markus nickt. »Ich bin ja auch der merkwürdigste Freund, den du je hattest.«
»Zweifellos.«
Er atmet ein. Und wieder aus.
»Was meinst du?«, fragt er mit sprödem Ernst in der Stimme. »Ich meine …«
Ich ziehe die Schultern hoch. Dann nehme ich seine Hand.»Ich weiß es nicht«, sage ich aufrichtig. »Wir können es ja etwas vorsichtig angehen und schauen, was daraus wird, wenn das für dich okay ist. Das, was jetzt zwischen uns ist … das dürfen wir nicht kaputtmachen. Verstehst du? Ich weiß nicht, wie ich ohne dich und das, was wir zusammen haben, überleben sollte.«
Markus’ Augen sind blauer als sonst und er drückt fest meine Hand.
»Ich auch nicht, Emmis«, sagt er. »Das ist das Wichtigste von allem.«
Merkwürdig, in was für unterschiedlichen Stadien wir uns alle befinden. Tilde und Fredrik sind ganz am Anfang, Ellinor und Adrian haben sich schon weiter zur Mitte vorgekämpft und Mama und Papa hängen in einem unrettbaren Hinterher fest.
Und Markus und ich? Wo sind wir?
Ich
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