Er ist der Freund meiner Freundin: Roman (German Edition)
offensichtlich unterschätzt.
»Woooow«, sagt er und spitzt auf abstoßende Weise die Lippen. »Lesben? Cooool. Mögt ihr Dreier?«
Er streckt mir die Hand entgegen. »Ich heiße Mårten.«
»Dreier haben wir nur mit Frauen«, sage ich spitz.
Vollkommen die falsche Technik. Der Gedanke an noch mehr Mädchen scheint seine Geilheit nur anzufachen. Ich klemme mir die Lacktasche unter den Arm und schiebe mich an dem Typen vorbei Richtung Tanzfläche. Markus ist offensichtlich nicht auf Widerstand gestoßen bei Barbie, Barbie und Barbie, jedenfalls hüpft er wie ein Wilder zwischen den drei Mädels herum. Ich geselle mich einfach dazu. Als er mich entdeckt, lässt er prompt die Barbies stehen.
»Du kommst ja doch!«, ruft er begeistert durch den schweren Rhythmus.
»Nein«, sage ich. »Ich komme nicht, ich bin geflohen! Vor dem Typen da!«
Ich nicke in Richtung unseres Tisches, wo Mårten Dreier noch immer mit starrem Blick Ausschau hält. Er scheint nicht ganz auf dem Schirm zu haben, wohin ich verschwunden bin.
Markus hebt die Kette der Tasche so über meinen Kopf, dass sie quer über meinem Oberkörper hängt und nicht abrutschen kann, und zieht mich hinter sich her. Er beginnt gleich wieder, sich im Takt mit der Musik zu bewegen. Ich wiege mich zuerst noch etwas halbherzig hin und her, doch als Rocking with the best von Laidback Luke einsetzt, bin ich schon lockerer. Immer mehr Leute strömen auf die Tanzfläche. Es macht mir richtig Spaß, als Markus plötzlich mein Handgelenk packt und mich an sich zieht.
»An der Bar«, sagt er. »Drei Typen, einer im schwarzen Anzug, die anderen beiden heller gekleidet. Siehst du sie?«
Ich drehe mich langsam um, ohne ganz mit dem Tanzen aufzuhören, fühle mich aber schlagartig total steif.
Ja, ich sehe die drei Männer an dem Bartresen hinter der Tanzfläche. Einer der hell Bekleideten spricht mit dem Barkeeper, der im schwarzen Anzug sitzt mit einer Pobacke auf einem Barhocker und der dritte im Bunde steht neben ihm. An der Bar herrscht ein ziemliches Gedränge, aber mein Blick fällt sofort auf sie. Nicht weil sie irgendwie merkwürdig oder verdächtig aussehen, auch nicht, weil ihre Anzugjacken über ihren Schusswaffen ausbeulen oder sie sich von den anderen Anzugtypen unterscheiden. Um sie herum ist einfach ein kleines bisschen mehr Luft als im übrigen Gedränge.
»Welcher von denen ist Hulth?«, frage ich nervös.
»Der im Versace«, sagt Markus.
Ich sehe ihn von der Seite an. »Hör auf. Du weißt genau, dass ich mich damit nicht auskenne.«
Markus zwinkert mich an.
»Der dunkle ist eindeutig ein Armani«, sagt er. »Der beige könnte ein Hugo Boss sein, hundertprozentig sicher bin ich nicht, aber der hellgraue Anzug ist auf alle Fälle ein Versace. Sieh dir die Anordnung der Knöpfe und die schmale Taille an!«
»Ja, ja, ja. Also der, der mit dem Barkeeper spricht. Warum einfach, wenn’s auch kompliziert geht. Du musst natürlich zeigen, was du draufhast.«
Markus grinst. »Gib mir die DVD-Hüllen, dann bring ich es so schnell wie möglich hinter mich. Du kannst schon mal zur Garderobe gehen, wir treffen uns dann dort.«
Ich denke kurz nach, aber nur kurz. Dann, mit dem Gefühl, mich völlig unvorbereitet auf ein hoch unter der Zirkuskuppel gespanntes Seil ohne Sicherheitsnetz zu begeben, sage ich: »Du hast genug riskiert. Jetzt bin ich dran.«
Markus glotzt mich verdutzt an, und ich spüre seinen Blick im Nacken, als ich mir einen Weg durch die Menschenmenge bahne. Ein Stoß von der Seite hebelt mich fast von meinen hohen Absätzen und für ein paar Sekunden verliere ich die Kontrolle. Als ich die Balance wiedergefunden habe, rutscht die Tasche zurück auf meine Hüfte dank Markus’ Idee, sie mir quer über die Brust zu hängen. Schreckliche Vorstellung, sie wäre mir von der Schulter gerutscht und ich hätte sie, auf dem Boden kriechend, zwischen allen Beinen suchen müssen.
Ich mache die Schnalle auf, fahre mit den Fingern über die dünnen DVD-Hüllen und ziehe sie heraus, als ich die drei Männer fast erreicht habe.
Sehr bedrohlich sieht Hulth nicht aus. Da macht mich der bohrende Blick des Blonden eindeutig nervöser. Was hat Edwin noch gesagt, wie er heißt? Rosén? Scheißegal. Jetzt geht es um Hulth. Er ist nicht sehr groß, kaum größer als ich, sein Gesichtsausdruck ist zurückhaltend, nicht unfreundlich. Ich ringe mir ein Lächeln ab, sehe in seine unbestimmt graublauen Augen und reiche ihm die DVD-Hüllen.
»Schönen Gruß von
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