Er ist der Freund meiner Freundin: Roman (German Edition)
irgendwie präsent.
Als wir alle sitzen und uns von der Lasagne genommen haben, kommt die Sonne durch und es wird richtig warm. Mama hängt ihre Kostümjacke über die Rückenlehne. Ihre Arme leuchten weiß in dem scharfen Licht. Sie vergeudet keine Zeit damit, am Strand herumzuliegen. Und von Solarien kriegt man Krebs. Papa war schon im Frühsommer braun gebrannt, weil er den ganzen Frühling in seinem Liegestuhl auf der Veranda verbracht hat. Um diese Zeit, Ende Juni, sieht er aus wie ein knusprig gebackener Pfefferkuchen, das war schon immer so. Seine Haut scheint Sonne ohne Limit zu vertragen.
Edwin erzählt von seinen Zukunftsplänen. Er will Pilot werden.
»Seit wann das denn?«, frage ich. »Ich dachte, du wolltest Börsenmakler oder so was werden?«
»Nö, das ist schon wieder out. Pilot ist cool. Gütertransport. Gut bezahlt.«
»Ja, aber dafür musst du dich in deinem letzten Schuljahr noch ein bisschen ins Zeug legen«, sagt Mama.
»Und deinen Führerschein machen«, fügt Papa hinzu. »Wäre vielleicht nicht das Schlechteste, erst auf festem Boden ein Fahrzeug lenken zu können, ehe du das in zehntausend Metern Höhe versuchst, oder?«
»Sag Bescheid, welche Strecken du fliegst«, ärgere ich ihn, »damit ich die meiden kann.«
»Witzig«, sagt Edwin und schneidet eine Grimasse. »Bloß weil du keine Pläne hast!«
»Dienstleistung ist Dienstleistung«, sage ich.
»Sag das noch mal, wenn die Gehälter ausgezahlt werden!«
Die Lasagne ist noch besser als sonst und aus beiden Salatschalen wird ziemlich genau gleich viel gegessen. Ich schlage die Vanillesoße auf, und wir genießen Mamas Apfelkuchen ohne ernsthaft giftige Bemerkungen, die die Atmosphäre verpesten. Die Kopfschmerzen lauern trotzdem wie immer, aber diesmal erstaunlich milde. Eher wie ein dumpfer Ton hinter der Stirn. Es läuft über alle Erwartungen gut, bis der Kaffee eingeschenkt ist und Papa sich nach hinten lehnt und mich erwartungsvoll ansieht.
»Willst du nicht deine neue Kamera einweihen und ein Bild von uns machen, wenn ausnahmsweise schon mal die ganze Familie zusammen ist?«
Ich funkele ihn an und würde ihm die Worte am liebsten zurück in den Mund stopfen, sie ungesagt machen.
»Eine Kamera?«, fragt Mama. »Hast du eine Kamera bekommen?«
»Ja«, sage ich. »Aber der Akku lädt noch.«
Edwin gähnt uninteressiert, was leider nicht auf Mama abfärbt.
»Du kannst sie doch später zu Ende aufladen«, sagt sie. »Zeig schon!«
Papa nickt mir auffordernd zu, dass ich aufstehen und die schöne neue Nikon holen soll. Mama streckt mir neugierig die Hand entgegen, als ich zurückkomme, und ich gebe ihr verkrampft die Kamera.
»Das ist ja eine Systemkamera!«, platzt sie heraus. »Die muss ein Vermögen gekostet haben!«
»Ja, billig war sie nicht«, sagt Papa mit unverhohlenem Stolz. »Aber ich wusste ja, wie sehr Emma sich so eine gewünscht hat, also …«
Mama dreht schweigend die Kamera hin und her, als würde sie sich die Funktionen ganz genau ansehen.
»Du hättest mir ruhig was sagen können«, sagt sie schließlich. »Dann hätten wir sie gemeinsam schenken können, das wäre doch besser gewesen.«
»Warum?«, fragt Papa. »Wir machen sonst auch nichts gemeinsam. Schon lange nicht mehr.«
»Der Kommentar ist mal wieder typisch für dich! Die Kinder haben wir aber immer noch gemeinsam, oder?«
Papa nimmt einen Schluck Kaffee aus seiner Tasse und stellt sie mit einem gereizten Klirren auf die Untertasse.
»Willst du damit sagen, dass ich dich um Erlaubnis fragen muss, bevor ich ihnen ein Geschenk kaufe?«, fragt er.
»Jetzt sei nicht albern«, sagt Mama. »Das meine ich natürlich nicht! Ich finde nur, dass es schlechter Stil ist, mich auf diese Weise ausspielen zu wollen!«
»Hört schon auf!«, mische ich mich ein. »Es ist doch nicht der Preis der Geschenke, der zählt.«
»Nein, vielleicht nicht, wenn es um einen Hunderter hier oder da geht«, antwortet Mama. »Aber so eine Kamera kostet mehrere tausend Kronen!«
»Ich wollte sie ihr gerne schenken«, sagt Papa. »Das ist doch wohl erlaubt.«
»Du wolltest mich lächerlich machen, das wolltest du!«, wirft Mama ihm vor.
»Du machst dich grade selber lächerlich«, sagt Papa. »Wer kommt denn sonst mit den teuren Geschenken? Etwa nicht du?«
»Ich versuche, Dinge mit Niveau zu kaufen, falls du das meinst. Aber du kannst nicht zwischen gutem Geschmack und Protzerei unterscheiden, das konntest du noch nie!«
Ich blicke von einem zum anderen und
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