Erbe des Drachenblutes (German Edition)
nicht darüber nach. So akzeptierte sie willenlos, dass Nirvan sie zu dem Durchgang führte, sie kurz anblickte und dann mit sich hinein zog.
Gleißende Helligkeit! Alles um Mina herum war plötzlich blendend hell, dann fiel sie. Am Anfang nahm sie den Fall wie in Zeitlupe wahr, doch schnell gewann ihr Körper an Geschwindigkeit. Schrecken umklammerten ihr Herz, und urplötzlich war ihr Kopf wieder klar. Ihre Gedanken gehorchten ihr wieder, doch nur, um ihr unglaubliches Grauen zu vermitteln. »Wir fallen!«, schrie sie hysterisch. Sie spürte schneidende, kalte Luft, die an ihrem verdreckten Pyjama und an ihren feuchten Haaren zerrte. Immer schneller und immer tiefer stürzte sie in die Leere …
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Kapitel 2: Alte und neue Freunde
Am nächsten Morgen
Janice kletterte aus dem Bett. Sie hatte wunderbar geschlafen, obwohl sie normalerweise bei Vollmondnächten mit Schlafproblemen kämpfte, und letzte Nacht hatte der Vollmond besonders hell geschienen – das hatte sie vor dem Einschlafen noch gesehen. Sie blickte aus dem Fenster. Obwohl die Sonne noch nicht aufgegangen war, war es schon recht hell. Nach dem wolkenlosen Himmel zu urteilen, würde es heute warm werden, was sie dazu veranlasste, ein kurzes Sommerkleid aus dem Schrank hervorzukramen.
Eine halbe Stunde später befand sie sich auf dem Weg zum Schulbus. Sie mochte den Bus nicht, wusste aber, dass sie auch nicht mehr allzu lange auf ihn angewiesen sein würde. Gott sei Dank würde sie im nächsten Jahr die Schule abschließen. Länger hätte sie es dort auch nicht ausgehalten. Was Mina am Lernen so toll fand, hatte sie nie verstehen können. Mina ging an eine etablierte Privatschule, die deutlich sauberer und ordentlicherer war als ihre, aber am Ende war jede Art von Schule doch nur eine Variante des Zeittotschlagens. Janice schüttelte sich. Nein, wenn sie mit der Schule fertig war, würde sie sich schnellstmöglich eine Arbeit suchen, da war sie sich sicher.
`Mina hat es gut´ , überlegte sie verdrossen. `Über einen Job muss sie sich keine Gedanken machen.´
Sie konnte die Haltestelle schon sehen und erinnerte sich sehnsüchtig daran, dass Mina einen Führerschein und ein Auto hatte, weswegen sie sich nicht mit dem Busfahrer und den schreienden Kindern aller Altersklassen herumschlagen musste. Als sie gemütlich an dem großen Hof der von Gabriels vorbeischritt, fiel ihr Augenmerk auf den Mini Cooper. Sie blieb stehen. Mina hätte schon weg sein müssen. Ihre Freundin war stets pünktlich. Ob sie krank war? Janice schaute auf die Uhr des Kirchturmes. Etwas Zeit blieb noch, bis der Bus kam. So überlegte sie nicht länger und öffnete das geschwungene Hoftürchen. Kurz darauf stand sie vor der ebenholzfarbenen Haustür mit den milchfarbenen Glaseinsätzen und klingelte. Der Klingelton erklang tief und schallend, er passte perfekt zu dem Bild, das sich Janice von Minas Eltern gemacht hatte: edel und extravagant.
Schritte näherten sich. Ein Schatten schimmerte durch das dicke, verschwommene Glas in der Mitte der Eingangstür, dann öffnete Henriette von Gabriel die Tür. »Einen schönen guten Morgen, Frau von Gabriel«, sagte Janice höflich. Die ältere Frau zog fragend eine Augenbraue nach oben, was die zierliche Brille auf ihrer Nase leicht anhob. Sie musterte das Mädchen verwundert. Ihr schweigendes Zögern gab Janice das Gefühl von Minderwertigkeit. Janice räusperte sich, was Henriette von Gabriel aus ihrem nachdenklichen Gesichtsausdruck herausriss. »Janice Schneider, wenn ich mich richtig erinnere, nicht wahr? Was kann ich denn für Sie tun?«, fragte sie distanziert.
Janice verzog irritiert das Gesicht. Janice Schneider nannte Minas Mutter sie doch nie. Warum war sie so förmlich? Gut, sie wurde hier nicht gerne gesehen, aber so eine abweisende Begrüßung?
»Ähm, ja. Ich wollte Sie und Ihren Mann nicht stören, aber ich habe Minas Wagen noch im Hof stehen sehen, und da wollte ich fragen, ob sie vielleicht krank ist.«
Schweigen.
Henriette von Gabriel neigte sich nach hinten, ihre Augen verengten sich. Die zwei Frauen – die eine jung und unerfahren, die andere kulturell bewandert und erfolgreich – starrten sich an. Es schien, als warte jede darauf, dass die andere etwas sagte, aber keine tat es. Ein wenig hilflos zeigte Janice dann auf den Mini Cooper unter dem Carport. Frau von Gabriels Blick folgte der ausgestreckten Hand, dann schaute sie wieder zu Janice.
»Junge Frau«, begann sie ein wenig stockend, »ich
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