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Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Titel: Erbe des Drachenblutes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Thamm
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würde es dieses Mal gelingen. Doch inmitten des Sprungs merkte sie, dass sie von irgendeiner unbekannten Kraft zurückgehalten wurde. Ein kurzer Blick nach unten zeigte ihr, dass ihr Sprung sie kaum vorangetragen hatte, aber dennoch weit genug, dass nur der gähnende Abgrund unter ihr wartete. Den unausweichlichen Tod vor Augen, griff sie blitzschnell nach hinten und erhaschte mit einer Hand das Ende einer riesigen Wurzel. Ihr Körper klatschte gegen die feuchte Seitenwand. Schlammige Erde löste sich unter ihrem Gewicht. Ihre Kleidung saugte den Schlamm förmlich auf und ließ sie noch schwerer werden. Wie oft sie den Traum auch schon gehabt hatte, jedes Mal war er so beängstigend, als sei es das erste Mal. Doch gleich war es vorüber. Jetzt war die Zeit gekommen, in der sie normalerweise aufwachte. Es konnte nicht mehr lange dauern, dann wäre sie in Sicherheit, dann läge sie wieder in ihrem Bett und der Albtraum war vorbei.
    Mina blickte an sich herunter. Die schäumenden Wassermassen weit unten am Grund der Schlucht erwarteten sie mit einer Gewissheit: Einen Sturz würde sie nicht überleben. Aber zu dem Sturz war es noch nie gekommen.

    Da schlich sich eine neue Erkenntnis in Minas Verstand: Heute Nacht war etwas anders, heute Nacht trug sie nicht das fremde, altmodische Nachthemd. Nein, heute Nacht trug sie ihren Pyjama. Sie schaute nach oben zum Rand des Abgrundes, den sie so leichtsinnig hatte überspringen wollen. Was war das? Sie spürte den einschneidenden Schmerz der Wurzeln in der Hand. Auch schmeckte die Luft feucht vor nasser Erde, die sich unter den alten Baumwurzeln hervordrückte. Schmerz? Geruch? Das war neu. Was hatte das zu bedeuten?
    Der Schatten des Verfolgers erschien über ihr am Rand der Schlucht. Da wurde es Mina bewusst: »Oh mein Gott«, hauchte sie kaum verständlich. Das Rauschen der Wassermassen weit unter ihren nackten Füßen übertönte fast jedes Geräusch. »Das … das ist kein Traum, nicht wahr?« Ihr Herz raste. »Das ist kein Traum!«, brüllte sie plötzlich hysterisch. Mit weit aufgerissenen Augen suchte sie mit der freien Hand in der feuchten Erde nach irgendeinem Halt. Erfolglos.
    Die Umrisse des Fremden zeichneten sich deutlicher ab. Sie stöhnte auf und starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Eine Zeit lang schaute er nur wortlos zu hier hinab.
    »Wer bist du?« Der Fremde schwieg. Mina hatte zum ersten Mal in ihrem Leben Todesangst. Auch wenn es ihr Bewusstsein zuerst nicht zulassen wollte, so zweifelte sich nicht mehr daran, dass die Geschehnisse in die Realität übergegangen waren. Entweder das, oder sie war verrückt geworden.
    Langsam ließ sich der Fremde auf die Knie herab, beugte sich noch tiefer und streckte sich ihr entgegen. Mina zögerte. Sie wollte fort, doch wohin? Es gab nur zwei Wege: Der eine führte in die tödliche Tiefe, der andere direkt in die Arme des Mannes, vor dem sie die ganze Zeit in Panik geflohen war. Nein, das war keine Wahl, es gab nur einen Weg, den sie gehen konnte. Sie riss sich zusammen und streckte die Rechte nach dem Unbekannten aus.
    Er packte sie, stemmte sich gegen ihr Gewicht und half ihr mit einigen geübten Griffen nach oben. Schwer atmend und am ganzen Körper zitternd, glitt sie ins feuchte Gras. Zögerlich hob sie den Kopf. Der Angst einflößende, düstere Umriss hatte jetzt ein Gesicht erhalten, und das lächelte sie steif an.
    »Wer bist du?«, wiederholte Mina. »Ich bin derjenige, der dich zu deiner Bestimmung führen wird.« Seine Stimme hatte einen angenehmen Klang, dennoch verstand sie den Sinn der Worte nicht. Ihre Hände und Arme schmerzten entsetzlich, ihr Pyjama war feucht vor nasser Erde, und die langen Haare klebten ihr strähnig am Kopf. Resigniert hob sie die Augenlider und blickte sich um. Die Luft wog schwer vor Feuchtigkeit. Wildes und düsteres Wasserrauschen drang aus den Tiefen des Abgrundes an ihr Ohr. Verdrehte Äste uralter Birken ragten bis zum Erdboden und erinnerten an lange Finger, die so aussahen, als wollten die Bäume damit aus eigener Kraft ihre Wurzeln ausgraben, um der Welt zu entfliehen. Die ganze Umgebung wirkte kalt und abweisend, als hätte Mina sich in einer sternlosen Nacht in einer düsteren Sumpflandschaft verlaufen. Der Garten ihrer Eltern war nirgends zu entdecken.
    Sie starrte ihr Gegenüber an. So Angst einflößend sah der Fremde jetzt gar nicht mehr aus. Weit auseinanderstehende Augen blickten neugierig zu ihr, und dünne Lippen zeigten ein verkrampftes Lächeln. Er

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