Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch
hatte wie Arsinöe, fand sie die Vorstellung, jemand aus der Dynastie der Ptolemy stecke hinter dem Ganzen, durchaus nicht so abwegig. Tatsächlich … sie fragte sich …
Suchend richtete sie den Blick auf die Umgebung der Bühne, wo Nero gestanden hatte, doch er war verschwunden, und das verstärkte ihr ungutes Gefühl noch.
»Ich habe den Shade mitgebracht, der den Auftrag hatte, Tynan MacGillivray und Lily Quinn zu töten«, sagte Vlad. »Komm her, Damien.«
Eine Katze tauchte wie aus dem Nichts auf und sprang auf die Bühne, was sofort Beleidigungen und Buhrufe heraufbeschwor. Die Katze schien das jedoch unbeeindruckt zu lassen. Sie starrte einen Moment lang in die Menge, dann richtete sie sich auf und verwandelte sich mit einer anmutigen Bewegung in einen Menschen.
Lily schnappte nach Luft. Sie hatte gehofft, Damien niemals wiedersehen zu müssen. Aber sie spürte, wie Ty sich beruhigend an ihre Beine schmiegte, und so blieb sie ruhig stehen und konzentrierte sich auf sein warmes Fell und den Trost, den er ihr zu spenden versuchte.
»Damien Tremaine, Eure Majestät«, sagte Damien und verbeugte sich grinsend vor Arsinöe. »Beauftragt von Nero von den Ptolemy, die Seherin umzubringen, bevor sie hierhergelangen konnte, zusammen mit dem Jäger, der sie eingefangen hatte.« Mit einem spöttischen Lächeln fügte er hinzu: »Offensichtlich ist mir das nicht ganz gelungen.«
Arsinöe wirkte nicht überzeugt – im Gegenteil, sie raste vor Wut. »Wie kannst du es wagen, diese Kreatur an meinen Hof zu bringen und sie dafür zu bezahlen, dass sie hier ihre Lügen verbreitet!«, tobte sie los. »Ich glaube doch einem Cait nicht mehr als meinen eigenen Leuten! Wo ist Nero? Er soll sofort hier heraufkommen und die Sache klarstellen!«
Einen Moment lang hörte man nur Gemurmel und Füßescharren. Damien zog eine seiner wohlgeformten Augenbrauen nach oben. »Hm. Der hat wohl plötzlich was Besseres zu tun.«
Die Königin sah Damien angewidert an, den es genauso anzuwidern schien, sich in ihrer Nähe aufhalten zu müssen.
»Du ziehst Neros Ehre in Zweifel und die Ehre meines Hauses.«
Laut und deutlich, damit es auch ja alle hören konnten, erwiderte Damien: »Verschont mich mit dem Quatsch. Wahrscheinlich ist er gerade dabei, Giftgas in den Raum hier zu leiten. Und dann schlägt er uns allen die Köpfe ab und behält sie als Trophäen. Für den Fluch hat er eine Zigeunerin umgebracht und sie dann entsorgt wie Müll. Und sie war nicht die Erste. Er wollte Eure Seherin sogar als Haustier behalten und sie vor Euch verstecken, um mit ihr wer weiß was anzustellen. Ihr habt keine Ahnung, wie er wirklich ist.«
»Falls er versucht zu fliehen, wird er nicht weit kommen«, sagte Vlad und deutete mit dem Kopf auf Lily. »Und du, Arsinöe, hältst die Erbin einer alten Dynastie gegen ihren Willen fest. Aber jetzt musst du sie gehen lassen. Sie muss dem Rat vorgestellt werden.«
Arsinöe brach in lautes Lachen aus, das angenehm geklungen hätte, wenn nicht eine Spur von Irrsinn darin mitgeschwungen hätte. »Das kleine Menschenwesen? Sie ist ein Nichts. Sogar für eine einfache Vision brauchte sie meine Hilfe. Du irrst dich, Vlad. Und falls du so dumm warst, deine Soldaten mein Haus umstellen zu lassen, dann gibt es Krieg, egal wer für den Mulo verantwortlich ist – das verspreche ich dir!«
»Arsinöe. Er hat recht.«
Noch nie hatte Lily sich so sehr gefreut, eine Stimme zu hören. Und schon stand er neben ihr, groß und schlaksig. Er hatte den Blick fest auf die Königin gerichtet, die ihn anstarrte, als hätte er ihr gerade einen Dolch ins Herz gejagt. Lily wurde klar, dass Ty ihr wirklich etwas bedeutete. Der Schmerz, der sich auf ihrem Gesicht abzeichnete, war ein deutlicher Hinweis, dass Arsinöe nicht aus Stein war.
»Du … du hast den Dracul hierhergebracht?«, fragte sie heiser.
Ty nickte. »Ja.«
»Aber warum?«
»Weil ich nicht möchte, dass Euch diese Geschichte zerstört«, erwiderte Ty. »Und weil ich die Frau liebe, die Ihr hier eingesperrt habt. Bitte, Arsinöe, hört den Dracul an. Die Dracul sind Euch nicht feindlich gesonnen.«
Lily hätte sich nicht rühren können, selbst wenn sie das gewollt hätte. Sie fühlte sich wie am Boden festgenagelt und konnte nur noch hören, dass er sie liebte. Hatte er das wirklich gesagt? Sie wollte es noch einmal hören. Und noch einmal.
»Tynan«, sagte Arsinöe leise. »Du bist zu Vlad gegangen? Du gestehst mir deine Liebe zu diesem unbedeutenden Ding da?
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