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Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch

Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch

Titel: Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kendra Leigh Castle
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Königin suchte. Verrottendes Fleisch hing von bleichen Knochen, gelbe Zähne ragten zwischen geschrumpften Lippen hervor, die geschlossenen Augen waren tief in die Höhlen hineingesunken.
    Dann flogen die Augenlider plötzlich auf, und zwei Flammen schlugen ihr entgegen. Das Ding sah sie an … es war hungrig.
    Will dich … essen …
    Etwas stieg aus der Leiche empor, etwas wie schwarzer Nebel mit bösartigen roten Augen, etwas, das zeitweise die Form eines Mannes annahm und dann wieder nur eine formlose Masse aus Hass war. Das Ding griff nach ihr.
    Mit einem gequälten Schrei riss Lily die Augen auf. Sie stolperte nach hinten, noch immer in dem verzweifelten Versuch, dem Ding zu entkommen, und fiel der Königin ungelenk vor die Füße. Erst ganz allmählich begriff sie, wo sie sich befand. Dennoch versuchte sie nicht aufzustehen, sondern blieb einfach zitternd auf dem Boden sitzen. Von diesem Ding war ein entsetzlicher Hunger ausgegangen, eine ungeheure und schreckliche Macht, und sie war ihr gerade noch entkommen.
    »Du hast es gesehen!«, rief Arsinöe.
    Lily blickte hoch. Die Königin starrte aus ähnlich hungrigen Augen auf sie hinunter wie das Ding, dem sie gerade entflohen war. »Sag mir, was du gesehen hast und wo es war! Nun sag schon!«
    Finger bohrten sich in ihren Arm, und sie wurde hochgezogen, als würde sie nichts wiegen. Dann stand sie leicht schwankend vor Arsinöe.
    »Es war so schrecklich«, murmelte Lily und schlang schützend die Arme um sich. »Es hat versucht, mich zu packen.«
    Arsinöe gab ihr blitzschnell eine Ohrfeige. »Du dummes kleines Ding, mich interessiert nicht, was es versucht hat. Sag mir, was ich wissen will!«
    Lily war so schockiert, dass ihr die Tränen in die Augen schossen, aber irgendwie gelang es ihr, sie zurückzuhalten. Sie würde vor diesem Wesen keine Schwäche zeigen.
    »Da war ein Haus«, brachte Lily mühsam heraus. »Ein großes, altes, viktorianisches Haus auf dem Land. Wie ein Gutshaus, aber schon ziemlich zerfallen. Verlassen. Die Möbel waren alle mit Tüchern abgedeckt. Die Leiche … lag auf einer Steinplatte. Im Keller. In einem geheimen Raum.«
    »Und? Ist das alles?«
    Lily wollte es nicht sagen, wollte es nicht denken, aber sie musste ihren Bericht zu Ende bringen.
    »Die Leiche … hat mich angesehen. Dann kam es aus ihr heraus.« Wieder fing Lily an zu zittern. »Es hat gesagt, es will mich. Es war hungrig …«
    Die Türen am anderen Ende des Ballsaals wurden so heftig aufgerissen, dass Lily einen Moment lang fest überzeugt war, es sei der Mulo, auf der Suche nach der Frau, die ihn in seiner Ruhe gestört hatte. Und das Kreischen und Schreien der Vampire hielt sie zunächst für Angst.
    Dann wurde ihr klar, dass es Wutschreie waren.
    »Was soll das bedeuten? Raus mit dem Gossenblut!«
    Bis zu diesem Moment hatte Lily nicht gewusst, was die Leute meinten, wenn sie sagten, das Herz gehe ihnen auf. Auch ohne ihn zu sehen, wusste sie, dass Ty gekommen war, um sie zu retten. Instinktiv wollte sie auf ihn zustürzen, doch Arsinöe packte sie am Arm und hielt sie fest.
    »Das wird nichts«, sagte sie sanft, aber als Lily sich umdrehte, sah sie, dass die Augen der Königin vor Wut funkelten.
    »Arsinöe, Königin der Ptolemy! Vlad, Anführer der Dracul, wünscht eine Audienz. Und zwar jetzt sofort!«
    Schreie und Flüche begleiteten die selbstbewusst vorgetragene Forderung der lauten, kehligen Stimme, die britisches Englisch mit leichtem rumänischen Akzent sprach. Das ist nicht Ty , dachte Lily, und ihre Hoffnung verblasste so schnell, wie sie aufgekeimt war. Immerhin – das hier war etwas Unvorhergesehenes, und sie konnte ihre Neugier nicht unterdrücken. Außerdem war es eine großartige Ablenkung von ihrem schrecklichen Erlebnis.
    Lily verrenkte sich schier den Hals, um endlich den Mann zu sehen, den Arsinöe so sehr hasste. Aber am anderen Ende des Raums hatte sich eine Vampirtraube gebildet, und sie konnte nichts erkennen.
    »Er soll herkommen«, rief Arsinöe und atmete zischend aus. »Vielleicht will er sich schon vorab ergeben.«
    Nervöses Gelächter tönte durch den Raum, und die Menge teilte sich. Lily beobachtete fasziniert, wie der am meisten verunglimpfte Vampirführer lässig auf Arsinöe und sie zuschlenderte. Bei einem Vampir mit seinem Namen hatte sie eigentlich mit dem aus Filmen bekannten Klischee gerechnet: spitz zulaufender Haaransatz in der Stirnmitte, schräg stehende Augenbrauen, vielleicht eine Fliege und ein Umhang. Stattdessen

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