Erde
der Erinnerung betroffen machen. Es mußte etwas sein, das zugleich gruselig und überraschend war, wie so viele Ereignisse im Laufe der letzten fünfzig Jahre es gewesen sind. (Und offengestanden war ich stereotyper Supermachtklischees, verunglückter Raketenstarts und dergleichen überdrüssig.) Darum versuchte ich ein Szenarium, das – wenn auch nicht sehr wahrscheinlich – mindestens in seinem Kontext plausibel war. Dann entschloß ich mich, es um eine Nation anzusiedeln, die gegenwärtig zu den allerletzten zählt, die man als eine ernsthafte Bedrohung des Friedens ansehen würde.
Ich weiß nicht, ob es klappt, aber bis jetzt hat es einige Leute hin und her gerissen und veranlaßt zu sagen: »Huh!« Das hat mir genügt.
Da wir gerade über Krieg reden – ein Leser hat gefragt, weshalb ich kaum auf eine heutige wesentliche Sorge eingehe… den Großen Drogenkrieg. Wird er bis 2038 entschieden sein?
Nun, bestimmt nicht durch irgendein Programm oder eine Maßnahme, mit der man es heute versucht. Ich bin kein Fatalist. Es ergibt einigen Sinn, gesetzlich einzuschreiten, wenn und wie selbstzerstörerische Bürger sich betäuben, besonders in der Öffentlichkeit. Soziale Sanktionen haben sich schon als wirksamer erwiesen denn Gesetze, um in Nordamerika den Verbrauch von Schnaps und Tabak zu senken. So sehr, daß Destillateure und Zigarettenfabrikanten statistisch in Panik geraten sind.
Aber um Drogen auszumerzen, scheinen wir gerade jetzt den Preis hinaufzutreiben. Süchtige begehen Verbrechen, um ihre Gewohnheiten zu finanzieren, und tragen Milliarden Dollars Schiebern zu, die unbestreitbar zu den übelsten lebenden menschlichen Wesen zählen. Jedenfalls ist erwiesen, daß manche Individuen willkürlich Endorphine und andere Hormone absondern können mittels Meditation oder Selbsthypnose oder Biofeedback. Wenn solche Techniken Allgemeingut werden (wie sie es ohne Zweifel sein werden, wenn ein jeder es tut), sollen wir dann Meditation für ungesetzlich erklären? Sollte der Polizist jeden testen, der im Park dösend angetroffen wird, um sich zu vergewissern, daß er sich nicht mit seinen eigenen Encephalinen berauscht?
Reductio ad absurdum. Oder, wie Dirty Harry einmal sagte, wir müssen unsere Schranken erkennen lernen.
Was zu einem viel tieferen Problem führt, welches die Gesellschaft schon seit Darwin quält. Es lautet: moralische Mehrdeutigkeit.
Jede Kultur vor der unseren hatte Codes, die genau annehmbares Verhalten definierten und Sanktionen anordneten, um Gehorsam zu erzwingen. Solche Regeln, seien sie religiös, kulturell, legal oder traditionell, waren wie jene, die ein Elternteil einem jungen Kinde auferlegt. (Und auf denen die Kinder selber bestehen.) Mit anderen Worten, sie waren ausführlich, klar formuliert und höchst eindeutig.
Manche Jugendliche wachsen schließlich über das Bedürfnis nach perfekten, genau dargestellten Wahrheiten hinaus. Sie lernen sogar, eine gewisse Mehrdeutigkeit zu schätzen. Inzwischen verlieren andere davor den Mut – oder verfallen ins andere Extrem und benutzen Mehrdeutigkeit als Entschuldigung, um jede ethische Einschränkung zu leugnen. Wir sehen alle diese drei Reaktionen, wenn Individuen und Regierungen gefordert werden, individuell mit komplexen Punkten fertig zu werden, die man früher Gott überlassen hatte.
Zum Beispiel, während manche darauf bestehen, daß das Leben genau im Augenblick der Empfängnis beginnt, erklären andere es ideologisch für abwesend bis zur Geburt selbst. Keines dieser Extreme repräsentiert die unbehagliche Majorität, die – unterstützt durch Embryologie – das Gefühl hat, das Thema der Abtreibung werde auf einem finsteren Sumpf ausgetragen, ohne klare Grenzen oder Wegweiser.
Es gibt massenhaft weitere verzwickte Fälle. Hat die Menschheit jemals ›Leben im Reagenzglas‹ erzeugt? Nach dem einen Maßstab wurde dieser Meilenstein in den siebziger Jahren passiert. Nach einem anderen wurde er Mitte der achtziger erreicht. Aber nach einem dritten ist das vielleicht noch jetzt nicht geschehen, wird aber sicher bald passieren.
Indem die Älteren in Industriegesellschaften zahlreicher werden und Macht wie Kosten der modernen Medizin immer spektakulärer werden, wird uns auch die Frage des Todes bedrücken. Wir quälen uns schon seit zehn Jahren über das ›Recht zu sterben‹ des vor dem Ende stehenden Patienten gegenüber der Alternative einer verlängerten schmerzhaften Verlängerung durch Apparate. Es scheint sich ein
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