Erdwind
Gleichgewichts und ließ dann die Frage so klar wie möglich in seiner Bewußtheit aufsteigen: Was würde die Folge sein, wenn die Aerani die Monitoren a n nahmen?
Er warf die Münzen. Iondai zeichnete die Linien in den Sand, während Ashka weiter warf. Nach und nach nahm das Hex a gramm Form und Bedeutung an.
Lächelnd studierte Iondai das Zeichen. „Hübsch. Im A u genblick bedeutet es mir nichts.“ Erleuchtung heischend blickte er Ashka an.
„Zweiunddreißig“, sagte Ashka leise. „Dauer. Gelingen, kein Makel. Fördernd ist Beharrlichkeit.“
„Ich glaube, ich kann verstehen, wie das gemeint ist“, sagte Io n dai nach kurzer Überlegung.
„Das Orakel hat, wenn du ihm glauben willst, soeben g e sagt, daß ihr unser Angebot annehmen sollt. Das ist eine fortschrittsträc h tige und fehlerfreie Handlung.“
Iondai schwieg; in der schwach erhellten Kammer sah er aus, als sei er unter seiner schütteren, weißen Behaarung sehr blaß g e worden. Ashka las ihm den gesamten Abschnitt aus dem Buch vor. Als er an die Stelle kam ‚So beruht die Selbständi g keit des Edlen auch nicht darin, daß er starr und unbeweglich ist. Er geht immer mit der Zeit und wandelt sich mit ihr’, zog Iondai scharf den Atem ein und sagte: „Ich verstehe. In Wirklichkeit ist es ganz gleich, ob wir anne h men oder nicht; so oder so wird es nicht falsch sein. Wir können ebensogut annehmen und mit euch in Frieden leben wie ablehnen und Feindseligke i ten riskieren.“
„Da ist noch etwas“, sagte Ashka und las den Satz über die yang- Linie an zweiter Stelle vor: „Reue schwindet.“ Er mußte lachen.
Iondai schüttelte den Kopf. „Ich kann es kaum glauben. Wird es tatsächlich keine Folgen haben, wenn wir diese Monitoren ne h men?“
„Sieht so aus; vielleicht bringt dein Orakel etwas mehr Kla r heit in die Sache.“
„Vielleicht“, erwiderte Iondai nachdenklich. Er bückte sich, nahm die Münzen auf und tat noch drei Würfe, so daß zusammen mit den ersten drei Würfen ein neues Hex a gramm en t stand.
„Zweiundsechzig“, sagte Ashka, blätterte im ching, hielt an und las. „Es bestätigt, was wir von Hexagramm 32 erfa h ren haben“, sagte er dann. „Es betont jedoch, daß man zw i schen dem ‚Gr o ßen’ und dem ‚Kleinen’ unterscheiden muß. Was hältst du d a von?“
Iondai dachte kurz und tief nach. Dann sagte er: „Es meint, daß wir uns entscheiden müssen, ob Stolz etwas Gr o ßes ist oder nicht. Sollen wir uns durch den Stolz unseres Volkes davon a b halten lassen, das Angebot anzunehmen? Ja, das meint es, glaube ich.“
Lächelnd nahm Ashka seine Münzen wieder auf. „Du würdest einen verdammt guten Rationalisten abgeben“, sa g te er. „Einen verdammt guten.“
7
Sie schliefen ein paar Stunden; alle beide waren sie e r schöpfter, als sie gedacht hatten. Dann ging Iondai von se i ner Woh n stätte durch den niedrigen Tunnel voraus zum Orakel, seiner Arbeit s stätte. Manchmal mußten sie kriechen; Ashka konnte überhaupt nie ganz aufrecht stehen, und nach ein paar Minuten fand er das ungeheuer anstrengend. Iondai hatte keine Fackel mitgenommen (warum, wollte er nicht sagen); Ashka tastete sich hinter dem Seher durch die pec h schwarze Finsternis, und wenn dieser ihn nicht ab und zu gewarnt hätte, wäre er bestimmt ein paarmal g e fallen oder hätte sich den Schädel blutig gestoßen. Mit jedem Schritt wurde es kälter und feuchter. As h ka mußte häufig husten, denn die dicke Luft reizte seine Lungen. Seine Hände wu r den eisigkalt, da er ständig an der scharfkantigen Steinwand entlangtappen mußte. Seine Lei n wandtasche, die er an einer Schnur um den Hals trug, machte ihn ganz nervös, weil sie ihm immer gegen die Beine schlug, und das auf dem Wege zu einem Orakel, von dem er nicht die geringste Vorstellung hatte.
Nach einer Weile, als sie schon viel tiefer in der Erde w a ren, als ihm lieb war, vernahm Ashka das unverkennbare Brausen des Windes. Unangenehm kalt wehte die Luft des Ganges an seinem Gesicht vorbei und ließ die Feuchtigkeit auf seiner Haut verdu n sten, so daß er fror. Er schauerte, blieb kurz stehen und horchte.
Iondai ging weiter durch das Dunkel. Er atmete nicht so mühsam wie Ashka. Seine deutlich hörbaren, schlurfenden Schritte ließen Ashka an das Schleichen einer in absoluter Fi n sternis lebenden Höhlenkreatur denken. Und über allen menschlichen Lauten das Dröhnen, das tiefe Jaulen eines b ö sen Windes, irgendwo über ihm.
Iondai forderte
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