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Erdwind

Erdwind

Titel: Erdwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Holdstock
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nichts sehen.
    Als er sich wieder umwandte, war Elspeth weg; er sah eben noch ihre geschmeidige Gestalt durch den Eingang des äußeren Er d walls verschwinden.
    Er wußte, wohin sie ging.

8
     
     
     
    Langsam fuhr das Schwebefloß gegen die Strömung an, mit u n erschöpflicher Geduld den Fluß hinauf, so friedlich, daß man glauben konnte, es habe kein Ziel. Es war aus silbe r glänzendem Metall, doch immerhin schon etwas abg e wetzt: Wo die Metallplatten aneinanderstießen oder sich überlap p ten, waren Rost- und Korrosionsflecken, das dum p fe, von einem kratzigsummenden Nebengeräusch begleitete Tu c kern des A n triebs wurde von dem unnatürlich stummen Wald verschluckt, und dazu rauschte leise das Kielwasser.
    Das fremdartige Fahrzeug mochte vielleicht von einem Au s flug ins Marschland zurückkehren, durch das dieser Strom seinen Lauf nahm, oder auch von einer bloßen Rout i nefahrt in die G e genden, wo der Wald schließlich dünner wurde, weil er auf dem mageren Boden und dem Gebirge, das an die übelriechenden Sümpfe grenzte, nicht mehr g e dieh. Vielleicht wollte es auch weit in die Berge hinein, durch die Höhlen und C a nons, welche die Nebenflüsse ausspien, die diesen breiten und oftmals wilden Strom e r nährten. Vielleicht hatte es auch vor, am Ufer anzulegen und seine Besatzung an das in der Nähe liegende Raumschiff zu überstellen. Elspeth Mueller, die am Ufer in einer kleinen Lichtung saß, konnte nicht wissen, wo diese Männer gew e sen waren oder was sie gemacht hatten. Es interessierte sie auch nicht we i ter. Sie beobachtete den Mann, der im Bug des tuckernd auf sie zukommenden Floßes stand.
    Während die anderen beiden Jenseitler auf den Uferwald blic k ten, stand dieser Mann, den sie als den Schiffs-Meister erkannte, noch aufgerichtet ganz vorn im Bug des Floßes, Hände auf dem Rücken, Beine breit; der sanfte Wind drüc k te ihm die weite Robe an den Leib. Er hob sich deutlich wie eine farbenfreudige Silho u ette gegen Himmel und Wasser ab: ein untersetzter, muskulöser Mann mit breiter Brust und leicht gerundetem Bauch. Wie ein fester Knoten zeichnete sich sein Geschlechtsteil unter der Robe ab, fast obszön wi r kend vor dem durch den Bug gespaltenen Wasser. Dieser Anblick am ü sierte sie, denn sie dachte, er müßte es ebenfalls gemerkt h a ben.
    Unvermittelt bog das Floß zum Ufer ein. Der Schiffs-Meister trat vom Bug zurück und setzte sich auf eine der niedrigen Bänke. Das Floß fuhr Tragflügel aus, hob sich aus dem Wasser und lief auf einem Luftkissen die Uferböschung hinan. Als es ebenen Boden erreicht hatte, stoppte es ab, hob sich zwei Fuß hoch über das Unterholz und blieb schwebend stehen. Elspeth, zwanzig Schritt entfernt, beobachtete es r e gungslos. Der Schiffs-Meister starrte sie unbeirrt an, und seine beiden Begle i ter verhielten sich nicht anders.
    Lächelnd stand Elspeth auf, schritt zum Floß hinüber, spürte den warmen Luftstrom an ihren nackten Beinen, denn der Auspuf f wind wollte ihren Rock nicht in Ruhe lassen. Die beiden jungen Männer blickten interessiert auf ihre Bl ö ße, doch der Schiffs-Meister sah sie nur einfach an – es war irritierend.
    Elspeth starrte zurück; die Augen des stattlichen Mannes z o gen ihren Blick unwiderstehlich an. Es waren dunkle braune Augen von der Art, die zu Lockerung und Freun d schaft einl a den – die Augen eines Mannes, dem niemand zu klein oder gering war; Augen, die man lieben konnte, braune Augen, freundliche Augen … und doch wirkten sie bei di e sem Manne kühn, boten unmitte l baren Zugang zu seiner großen Stärke und seiner großen Schw ä che: ein einsamer Mann, der über allen stand, die er kannte, selbstbewußt, egozentrisch, zornig. Und von Furcht erfüllt.
    Dieses Abwägen dauerte nur einen Augenblick, einen zeitl o sen Moment, vielleicht nicht länger als ein Herzschlag, als ein Win d stoß, als der schrille Orientierungsschrei eines Schwar z flüglers – nur einen Augenblick –, doch gemessen an der inn e ren Zeitskala schien die Pause, der geistige Strom zwischen Gorstein und Elspeth Stunden zu währen.
    Gorstein brach das Schweigen. „An Bord!“
    Sie fuhr zusammen bei diesem abrupten Befehl. „Ist das eine Einladung?“ Sie sah, daß die beiden anderen Männer belustigt grinsten. Über sie? Ohne Gorsteins Antwort abz u warten, kle t terte sie ins Floß, setzte sich und hielt sich an einem Sich e rungsring fest. Das Floß schwebte langsam über das Uferg e büsch, stieg dann hoch und

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